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Die Verratenen

Die Verratenen

Titel: Die Verratenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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tun, sobald sie auch nur einen Schatten von uns zu Gesicht bekommen. Sie halten uns für Verräter, hat Ria es dir nicht erklärt?«
    Diesen herablassenden Ton ist Fleming nicht gewohnt und ich kann sehen, dass er Anlauf für eine entsprechende Antwort nimmt, doch plötzlich stößt Tomma einen Laut aus, der zwischen Schrei und Wimmern liegt.
    »Verräter? Aber …« Ihre Augen werden groß und sie sinkt auf die Knie, die Hände auf den Mund gepresst.
    Ich hätte sie nicht so lange im Unklaren lassen dürfen, wird mir klar, aber ich hatte Angst vor ihrer Reaktion. Nicht zu Unrecht, wie sich jetzt zeigt. Einen Moment lang fühle ich mich abgestoßen von diesem Mangel an Beherrschung. Bekommen Biologen kein Emotionstraining?
    »Es ist meine Schuld«, flüstert Tomma. »Ich war … Ich habe …«
    »Ruhig.« Aureljo geht neben ihr in die Hocke und legt ihr einen Arm um die Schultern. »Wieso solltest du schuld sein?«
    Sie haucht ihre Antwort so leise, dass es kaum mehr als ein Flüstern ist. »Ich habe auf einer Außenmission mit einem Prim … getauscht. Heimlich. Habe etwas in die Sphäre geschmuggelt und ihm dafür etwas gegeben.«
    In meinem Kopf formt sich das Bild eines Buchs. » Jordans Chronik «,stoße ich hervor. »Du hast ihm Jordans Chronik gegeben.«
    »Was? Wovon redest du? Jordan?« Die Verwirrung auf Tommas Gesicht ist echt. Wäre sie es nicht, würde ich es erkennen. Tomma ist eine schlechte Lügnerin.
    Ich schließe kurz die Augen und versuche, mir meine Wut nicht anmerken zu lassen. Gerade habe ich mich über Tommas mangelnde Beherrschung geärgert und jetzt mache ich selbst einen dreimal so großen Fehler. Mein erlauschtes Wissen einfach in die Welt hinauszuschreien, ist mehr als dumm.
    »Was war es, das du getauscht hast?«
    »Zwei unserer Heizelemente, und dafür habe ich Schriften über alte Düngemethoden erhalten. Nur ein paar Blatt Papier.« Tomma vermeidet es, jemanden anzusehen. »Es ist in Wahrheit noch schlimmer, denn der Prim hat mich reingelegt. Ich wollte nichts Böses, ich habe nur nach Möglichkeiten gesucht, unsere Erträge zu verbessern. Wisst ihr, was auf dem Papier stand? Dass man Fäkalien von Tieren verwenden soll.« Sie schüttelt sich. »Das Dokument war eine Fälschung, es war nichts wert, und jetzt …«
    Eine Kleinigkeit ist das nicht. Es reicht, um Tomma gut zehn Plätze in der Reihung zurückzuwerfen, aber nicht, um sie töten zu lassen. Von uns anderen fünf ganz zu schweigen.
    »Worüber hast du sonst noch mit dem Mann geredet? Hast du ihm vielleicht versehentlich etwas erzählt, das er gegen die Sphären verwenden kann?«
    Sie schüttelt heftig den Kopf. »Nein! Ich war froh, dass alles so schnell über die Bühne ging.« Endlich schafft sie es, mir in die Augen zu sehen. »Er war schmutzig und hat gestunken. Abstoßend. Ich hasse diese Brut.«
    In mir beginnt sich eine Rede zu formen, die Grauko gefallen würde: Wasch dich mal im Freien bei minus drei Grad – nur besser formuliert natürlich. Aber im Grunde kann ich Tomma verstehen. Beinahe.
    »Ich staune, dass du überhaupt mit einem von ihnen gesprochen hast. Du wolltest sie doch alle tot sehen, wenn ich mich recht erinnere.«
    Ihr Blick wird dunkel. »Erst, nachdem sie Lu ermordet hatten. Der Außeneinsatz war ein paar Wochen davor – wahrscheinlich muss ich froh sein, dass der Kerl mich am Leben gelassen hat.« Sie sieht unsicher in die Runde. »Ich bin schuld, nicht? Oder hattet ihr auch Kontakt mit Prims?«
    »Nein. Und du bist nicht schuld. Niemand würde uns wegen zwei Heizelementen aus dem Weg schaffen wollen.«
    Dass Aureljo zu meinen Worten bekräftigend nickt, scheint Tomma zu beruhigen. »Aber warum dann?«, flüstert sie.
    Wir wissen es nicht und wir werden es auch nicht erfahren, wenn wir in diesem Keller bleiben. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns hinaus in die Außenzone zu wagen.

18
    Jeder Schritt ein Knirschen, besonders laut dann, wenn die Schneedecke nicht hält und jemand bis zur Wade einsinkt. Die Thermoschuhe sind unsere Rettung, sie reichen bis über die Knöchel und sind wasserdicht. Allerdings bin ich bereits drei Mal in tieferen Schnee geraten und nun läuft das Schmelzwasser von oben in meine Schuhe. Trotzdem, hätten wir sie nicht, wären unsere Füße schon längst erfroren. Die Thermodecken haben wir uns um die Schultern gelegt, so halten wir durch, obwohl die Kälte schneidend ist. Im Gesicht vor allem, das wir nicht schützen können.
    Tycho und Aureljo bilden die Vorhut,

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