Die Verschwender vom Mars
erreicht hatte. Talliaferro hatte sich an die Fachliteratur gehalten und war sich dessen bewußt. Seine eigenen Arbeiten waren zweitrangiger Natur. Die beiden anderen hatten nichts recht Bedeutendes hervorgebracht.
Wenn man den Tatsachen ins Auge blickte, so hatte keiner von ihnen sich zu einem entwickelt, der den Raum aus den Angeln heben konnte. Die Träume ihrer Universitätszeit waren nicht Wirklichkeit geworden. Da war nichts zu machen. Sie waren fähig, Routinearbeiten geschickt zu erledigen. Das wenigstens konnten sie. Leider aber auch nicht mehr.
Villiers hätte mehr sein können. Das wußten sie auch. Und auf Grund dieses Wissens und der Schuldgefühle blieben sie ihm feindlich gesinnt.
Talliaferro spürte unruhig, daß Villiers trotz allem noch immer mehr sein würde. Die anderen dachten sicher auch so, und Mittelmäßigkeit konnte rasch unerträglich werden. Der Vortrag über Massenübertragung würde gehalten werden, und Villiers würde endlich der große Mann sein, den er anscheinend immer werden sollte, während man seine Studienkollegen vergessen würde. Ihnen würde nur noch die Rolle zufallen, aus der Menge Beifall zu spenden.
Er spürte seinen Neid, seine Enttäuschung und schämte sich, aber spürte sie deshalb nicht weniger.
Die Unterhaltung erstarb, und Kaunas sagte mit abgewandten Augen: »Hört mal, warum schauen wir nicht beim alten Villiers vorbei?«
Da schwang falsche Herzlichkeit mit, da merkte man ein gar nicht überzeugendes Bemühen, gleichgültig zu scheinen. Er fügte hinzu: »Hat keinen Sinn, daß wir uns im Unguten trennen – unnötigerweise ...«
Talliaferro dachte: Er möchte genau Bescheid über die Massenübertragung wissen. Er hofft, es ist nur der Alptraum eines Verrückten, damit er heute nacht schlafen kann.
Er war jedoch selbst neugierig und hatte nichts dagegen einzuwenden. Ryger zuckte mißmutig mit den Schultern und sagte: »Teufel, warum nicht?«
Es war eben kurz vor elf.
Talliaferro wurde durch das hartnäckige Klingeln seiner Türglocke aufgeweckt. Er stützte sich in der Dunkelheit auf einen Ellbogen und war unverkennbar empört. Das sanfte Leuchten der Uhr an der Decke zeigte, daß es noch nicht einmal vier Uhr morgens war.
Er rief: »Wer ist da?«
Die Glocke gab weiter hartnäckig Klingelzeichen.
Talliaferro schlüpfte brummend in seinen Morgenmantel. Er öffnete die Tür und blinzelte in das Licht des Flurs hinaus. Er kannte den Mann, der ihm gegenüberstand, von den dreidimensionalen Fernsehsendungen.
Der Mann sagte nichtsdestoweniger in barschem Flüsterton: »Ich heiße Hubert Mandel.«
»Ja, Sir«, sagte Talliaferro. In der Astronomie war Mandel einer der großen Namen, so berühmt, daß er eine wichtige leitende Stelle im Weltbüro für die Astronomie bekleidete, so tatkräftig, daß er hier auf dem Kongreß Vorsitzender der astronautischen Gruppe war.
Talliaferro fiel plötzlich ein, daß Villiers behauptet hatte, Mandel die Massenübertragung vorgeführt zu haben. Der Gedanke an Villiers wirkte irgendwie ernüchternd.
Mandel sagte: »Sie sind Dr. Edward Talliaferro?«
»Ja, Sir.«
»Dann ziehen Sie sich an und kommen Sie mit. Es ist sehr wichtig. Es geht um einen gemeinsamen Bekannten.«
»Dr. Villiers?«
Mandels Blick wurde ein wenig unruhig. Seine Augenbrauen und Wimpern waren so blond, daß seine Augen nackt und ungesäumt aussahen. Er hatte dünnes, seidiges Haar, und er war etwa fünfzig.
Er sagte: »Wie kommen Sie auf Villiers?«
»Er sprach gestern abend von Ihnen. Ich weiß von keinem anderen gemeinsamen Bekannten.«
Mandel nickte, wartete, bis Talliaferro in seine Sachen geschlüpft war, drehte sich dann um und ging voraus. In einem Zimmer einen Stock über dem von Talliaferro warteten Ryger und Kaunas. Die Augen von Kaunas waren gerötet. Er sah besorgt aus. Ryger paffte aufgeregt eine Zigarette.
Talliaferro sagte: »Wir sind alle da. Schon wieder ein Klassentreffen.« Man ging nicht darauf ein.
Er setzte sich, und die drei starrten sich an. Ryger zuckte mit den Achseln.
Mandel schritt auf und ab und hatte die Hände tief in den Taschen vergraben. Er sagte: »Meine Herren, es tut mir leid, daß ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten mußte, und ich danke Ihnen für Ihre Hilfsbereitschaft. Mir wäre es lieb, wenn Sie mir noch weiter helfen würden. Ihr Freund Romero Villiers ist tot. Vor etwa einer Stunde wurde seine Leiche aus dem Hotel getragen. Nach ärztlicher Ansicht starb er an einem Herzversagen.«
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