Die Verschwörer von Kalare
nicht kannte. Bewaffnet waren sie mit krummen Schwertern, Äxten mit eigenartig gebogenen Griffen und Speeren, die mit sichelförmigen Spitzen ausgestattet waren. Sie hatten lange, schmale Schnauzen und tödliche Zähne, die bereits mit Blut verschmiert waren.
Die Flüchtlinge, in der Mehrzahl Kinder, ältere Männer und Frauen, gingen neben einem Wagen, der von einem Ackergaul gezogen wurde. Sie bemerkten den Feind, gerieten in Panik und wollten schneller laufen, was allerdings hoffnungslos war. Ihnen stand ein brutaler, entsetzlicher Tod bevor.
Tavi sagte trotz seines unbändigen Zorns hart und ruhig: »Tribun, teil die Kolonne auf. Ich übernehme die Nordseite der Straße. Dir gehört der Süden. Wir nehmen sie in die Zange.«
»Ja, Hauptmann«, antwortete Max grimmig und wollte sich schon umdrehen.
Tavi hielt seinen Freund an der Schulter zurück. »Max«, fügte er leise hinzu. »Wir werden den Canim eine Botschaft zukommen lassen. Keiner ihrer Soldaten soll uns entkommen. Kein einziger.«
Max blickte ihn scharf an, nickte, fuhr zur Reiterei herum und brüllte Befehle. Eine Trompete stieß eine kurze Folge Töne hervor, und die Kolonne teilte sich und ordnete sich in Schlachtformation.
Tavi stieg auf und zog sein Schwert.
Das Geräusch, als hinter ihm zweihundert Schwerter gezogen
wurden, klang erschütternd laut, aber er zuckte nicht mit der Wimper. Er hob das Schwert und senkte die Spitze nach vorn, erteilte so das Signal zum Vormarsch, und wenige Sekunden später führte er die Reiterei die Straße entlang. Sein Pferd trabte zunächst nervös los, wurde dann schneller und ging in den leichten Galopp über, bis es auf Tavis Drängen aus Leibeskräften zu rennen begann. Er hörte und spürte die anderen Legionares hinter sich auf ihren Tieren. Ohrenbetäubender Hufdonner wogte über ihn hinweg, ließ seine Rüstung vibrieren und prallte in wildem Rhythmus gegen sein Herz.
Sie erreichten die Flüchtlinge schneller, als Tavi erwartet hatte, und als diese die aleranische Reiterei entdeckten, keimte Hoffnung in den verzweifelten Mienen auf. Sie hoben die Arme, jubelten den Reitern zu und riefen ihnen atemlos Ermutigungen zu. Tavi zeigte mit dem Schwert nach rechts, woraufhin die halbe Ala von der Straße abschwenkte und einen Bogen um die Flüchtlinge schlug. Max führte seine hundert Mann hingegen nach links.
Die Canim hatten die Aleraner bereits bis auf fünfzig Schritt eingeholt. Tavi wollte seinen Angriff geradewegs in die Flanke der Canim lenken, als ihm etwas auffiel.
Fünfzig Canim, die man aus einer Meile Entfernung sah, wirkten fremdartig und gefährlich.
Fünfzig Canim, die man aus einer kurzen, sich rasch vermindernden Distanz betrachtete, wirkten riesig, blutgierig und furchterregend.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er noch nie richtig gegen die Canim gekämpft hatte, ja, dass er sogar nie zuvor Männer in die Schlacht geführt und nie vom Sattel aus gefochten hatte. Noch nie in seinem Leben hatte er solche Angst verspürt.
Dann ließen die schwarzen Rauchsäulen und die Rufe des Wehrhofvolks hinter ihm das wilde Feuer von neuem durch seine Blutbahnen schießen, und er hörte, wie er über den Hufdonner der vorwärtsstürmenden Reiterei hinwegschrie.
»Alera!«, brüllte er.
»Alera!«, heulten hundert berittene Legionares zur Antwort.
Tavi sah den ersten Cane aus der Nähe, einen riesigen, sehnigen Kerl mit Räude im graubraunen Fell und einer Axt, die er in der pfotenähnlichen Hand hielt. Der Gegner schwang die Waffe und schleuderte sie in einem eigenartig tief geführten Wurf. Rotes Metall wirbelte auf Tavi zu.
Tavi überlegte nicht, was er tat. Sein Arm bewegte sich einfach, sein Schwert traf etwas, ein Gewicht schlug gegen seine gepanzerte Brust, und all das nahm er kaum mit seinen Sinnen wahr. Er beugte sich nach rechts und holte mit dem Schwert aus. Als sein Pferd an dem vordersten Cane vorbeidonnerte, schlug er mit der mühelos geschmeidigen Art eines berittenen Schwertkämpfers zu, achtete nur auf seine präzise Waffenführung und nutzte die Geschwindigkeit seines Pferdes aus. Die Klinge traf ihr Ziel, die Wucht des Aufpralls schoss Tavi hoch in den Arm und löste ein Kribbeln aus.
Es blieb keine Zeit, das Ergebnis zu betrachten. Tavis Pferd preschte weiter voran. Er packte seine Waffe fester und hieb auf einen Cane links von ihm ein. Aus den Augenwinkeln nahm er blutige Canim-Zähne wahr, und sein Pferd wieherte schrill. Ein Speer schoss auf sein Gesicht zu, und er
Weitere Kostenlose Bücher