Die Verschwörer von Kalare
den Rest ihrer Kaste abgeschnitten, und vielleicht sind sie überhaupt nur hier, weil Sarl sie mit Drohungen dazu gezwungen hat. Er würde niemals so viele Krieger um sich versammeln, wenn er nicht über die Mittel verfügte, sie zu beherrschen. Ich könnte mir vorstellen, dass sie überhaupt nicht gern in Alera sind, und schon gar nicht unter Sarls Führung.«
»Wie kommst du auf diesen Gedanken?«, wollte der Erste Speer wissen.
»Weil sich nur so die brennenden Schiffe erklären lassen. Sarl wusste: Wenn er mit den Kriegern landet, wird er sie nicht mehr davon abhalten können, ihn im Stich zu lassen und nach Hause zu segeln. Deshalb hat er die Schiffe verbrannt, damit sie hier in der Falle sitzen. Sie sollten nur noch die eine Wahl haben: kämpfen und siegen.«
Marcus runzelte die Stirn und ließ sich den Gedanken durch den
Kopf gehen. »Das wäre schon ein Ansporn«, räumte er schließlich ein. »Aber ich kann nicht erkennen, was uns das nützt.«
»Sie bilden keine einheitliche Truppe«, erklärte Tavi, »und sie sind es nicht gewöhnt, in so großer Zahl gegen uns vorzugehen. Sie vertrauen ihrer Führung nicht. Sie mögen diejenigen nicht, die ihnen Befehle erteilen. Und vermutlich sind sie wütend auf Sarl, weil sie seinetwegen hier in der Falle sitzen. Bei so vielen Rissen im Fundament wird alles, was sie darauf errichten, auf wackligen Beinen stehen. Ich denke, wenn wir sie zwingen können, rasch auf eine Reihe von Gegebenheiten zu reagieren, werden sie Schwierigkeiten haben, sich gut einzugraben.«
Marcus kniff die Augen zusammen. »Wir müssen sie aus der Reserve locken. Und uns dann mit massierten Kräften auf sie stürzen.«
»Im Wesentlichen ja.«
»Vielleicht ist dir aufgefallen, wie viele Fische wir in diesem Haufen haben. Die Krähen wissen, ob wir die notwendige Disziplin aufrechterhalten können.«
»Vielleicht nicht«, sagte Tavi, »aber leider sind wir nicht gerade mit anderen Möglichkeiten verwöhnt.«
Der Erste Speer schnaubte. »Angenommen, wir haben Erfolg und versetzen ihnen einen ordentlichen Schlag. Dabei werden wir sie nicht alle töten können.«
»Nein. Aber wenn wir Sarls Einfluss auf sie einschränken, könnten wir die Übrigen vielleicht davon überzeugen, sich zurückzuziehen.«
»Seinen Einfluss einschränken. Also ihn töten?«
Tavi schüttelte den Kopf. »Das wird nicht genügen. Wenn wir Sarl töten, wird einer seiner Stellvertreter seinen Posten einnehmen. Wir müssen seine Macht brechen und ihnen beweisen, dass es ein Fehler war herzukommen, dass er seine Armee doch nur in den Tod führt - und wir müssen es vor den Augen der Krieger beweisen.«
»Mit welchem Ziel?«
»Canim-Krieger schätzen Treue, Geschick und Mut«, erklärte Tavi. »Wenn wir Sarl brechen, zwingen wir sie vielleicht zum Rückzug, wenn auch nur zeitweise. Vielleicht suchen sie sich dann eine leichtere Beute. Aber selbst wenn nicht, verschaffen wir uns die notwendige Zeit, um bessere Vorbereitungen zu treffen. Möglicherweise erhalten wir sogar Verstärkung.«
Marcus atmete tief durch und blickte sich müde in dem kleinen Zelt um. »Wenn es nicht gelingt?«
»Ich glaube, es ist unsere einzige Chance.«
»Wenn es aber nicht gelingt?«
Tavi runzelte die Stirn. »Dann zerstören wir die Brücke von Elinarcus.«
Marcus knurrte: »Das wird dem Ersten Fürsten nicht gefallen.«
»Der ist nicht hier, oder?«, entgegnete Tavi. »Ich übernehme die Verantwortung dafür.«
»Die Pioniere haben sie sich schon angeschaut«, sagte Marcus. »Die Brücke ist elementargestützt wie ein Dammweg. Sie ist stark, man kann sie nur schwer zum Einsturz bringen, und die Steine bessern sich selbst aus. Wir haben nicht genug Erdwirker, um die Sache rasch zu erledigen. Es wird Tage dauern, sie abzureißen.«
»Überlass mir die Frage mit den Erdwirkern«, sagte Tavi. »Ich weiß, wo ich welche finde.«
Der Erste Speer beäugte Tavi skeptisch. »Bist du sicher, Junge?«
»Ich bin sicher, wenn wir Sarl nicht hier aufhalten, wird er alle Wehrhöfe zwischen Elinarcus und Ceres plündern lassen, nur um genug Vorräte zum Überleben zu bekommen.«
Marcus legte den Kopf schief. »Und du glaubst, du wärest der Richtige, um ihn aufzuhalten?«
Tavi erhob sich und blickte ihm in die Augen. »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. Aber ich verspreche dir eins, Marcus: Ich werde immer in vorderster Front und mittendrin im Getümmel stehen. Und ich werde von keinem Legionare etwas verlangen, das ich selbst nicht zu tun
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