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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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mir und tritt jetzt näher, ich höre seine Schritte auf dem harten Boden.
    Erst als die Sonne lange Schatten in unsere Richtung wirft, räuspert er sich. »Das sind mir die liebsten Minuten des Tages.«
    »Kann ich verstehen.« Ich drehe mich zu ihm um und zu meiner Überraschung lächelt er, wenn auch mit leichtem Bedauern.
    »Wir müssen gleich wieder zurück. So schön die Sonne ist, so verräterisch ist sie auch. Ich weiß nicht, wo die Sentinel letzte Nacht gelagert haben, aber sie schicken mit dem ersten Licht ihre Spähtrupps aus.« Sandor schwingt sich auf die Mauer und sieht sich nach allen Seiten um. »Außerdem sammeln sich im Osten wieder Scharten. Yann hat vor zwei Tagen eine ganze Horde in unserem Jagdrevier entdeckt, sie waren erstaunlich gut bewaffnet. Es wird bald Ärger geben.«
    Den letzten Satz hat er leise gesagt, eher zu sich selbst als zu mir.
    Die Scharten sind ein Clan, dem ich nicht mehr begegnen möchte. Der eine Überfall, dessen Zeuge ich geworden bin, hat bleibende Eindrücke hinterlassen. Die Schreie der Krieger, das Blut der Verwundeten … und Fleming, der sie ärztlich versorgt hat. Er war gutherzig und menschenfreundlich, davon bin ich im Innersten überzeugt, obwohl er uns vom ersten Moment an hintergangen hat …
    »Stimmt etwas nicht?«
    Sandor hat mir meinen Stimmungsumschwung am Gesicht abgelesen, ohne dass ich das beabsichtigt hatte. Wenn Grauko das wüsste, würde er mir für diese Nachlässigkeit zehn Punkte abziehen.
    Ich versuche einen gleitenden mimischen Übergang von Ratlosigkeit zu Nachdenklichkeit. Ändert man den Ausdruck zu schnell, wirkt es niemals echt. »Es ist alles in Ordnung.«
    Aber die Erwähnung der Scharten hat noch eine andere Erinnerung in mir angestoßen. Die an Lu.
    Kurz erwäge ich, ob es ein Fehler sein könnte, Sandor von ihr zu erzählen, aber ich wüsste nicht, weswegen. Unsere Blicke treffen sich, seiner ist abwartend, er spürt, dass noch etwas folgt.
    »Nicht lange bevor wir die Sphären verlassen haben, gab es einen Zwischenfall. Drei meiner Freunde waren auf einer Außenmission und sie wurden getötet. Von … Außenbewohnern.« Fast hätte ich den respektlosen Ausdruck Prims gebraucht, aus reiner Gewohnheit. »Jedenfalls hat man uns das gesagt. Dass Clanleute die drei erschlagen hätten, kaum dass sie aus der Magnetbahn gestiegen waren, und ich habe mich immer gefragt, welcher Clan das gewesen sein könnte. Seit ich das erste Mal Scharten gesehen habe, ist es immer ihr Bild, das ich sehe, wenn ich versuche, mir den Überfall vorzustellen.«
    Ein letzter Rundumblick, dann springt Sandor von der Mauer und landet kaum zwei Schritte von mir entfernt. »Natürlich könnten es Scharten gewesen sein. Oder Schlitzer. Vielleicht sogar Nachtläufer, obwohl die meistens nur andere Clans überfallen, keine Lieblinge.« Er sieht mich an, als würde er auf eine Reaktion von mir warten, doch da keine kommt, fährt er fort. »Dann wären da noch die Messack. Fast so grausam wie die Schlitzer, nur besser organisiert. Sie wandern allerdings immer weiter nach Süden, wollen sich das beste Land sichern. Gut für uns.«
    Von diesem Clan habe ich noch nie gehört, aber das ist kein Wunder. Es gab an der Akademie zwar das Fach Außenkunde, doch das beschäftigte sich mehr mit Tieren und Wetterbedingungen. Man lernte, wie lange man damit rechnen durfte, mit Notfallausrüstung draußen zu überleben. Wie man ein optimales Versteck fand. Wie man am besten die Begegnung mit Wölfen und Bären vermied. Aber nichts Genaues über die Menschen, die außerhalb leben.
    »Wir müssen jetzt wieder nach unten.« Sandor nimmt mich am Arm und führt mich auf das runde Loch zu; der metallene Deckel liegt direkt daneben.
    Ich sehe hinunter. Finsternis. Sicherheit.
    »Natürlich könnte es auch sein, dass unsere eigenen Leute meine Freunde umgebracht haben.« Ich weiß, dass es dieser Satz ist, den Sandor hören will, und wahrscheinlich hat er ein Recht darauf. So furchtbar die Schlitzer auch sein mögen, das Würgemal um meinen Hals verdanke ich nicht ihnen. Die farblosen Sentinel haben sich alle Mühe gegeben, mich und die anderen zu töten, wer sagt, dass es ihnen bei Lu, Raman und Curvelli nicht gelungen ist?
    Nur warum? Hat man sie wie uns verdächtigt, Verräter zu sein?
    Wir steigen wieder in den Unterleib der ehemaligen Stadt hinab und die ersten Minuten bin ich wie blind und nehme Sandors Vorschlag, mich an seinem Mantel festzuhalten, dankbar an.
    »Das Gewölbe, in

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