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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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kann sie nicht nach oben lassen. So gerne ich das tun würde. Am besten wäre es, sie bekäme ordentliche ärztliche Hilfe und Medikamente«, er zuckt hilflos die Schultern, »doch die haben wir hier nicht.«
    Was er nicht ausspricht, was ich aber in seiner Miene und Haltung erkenne, ist die Sorge, in die Tommas Befinden ihn versetzt. Der Blick, mit dem er sie betrachtet, sticht in meinem Inneren. Es ist der Blick eines Mannes, der schon viele kranke Menschen gesehen hat und weiß, dass es ernst ist.
    »Was können wir tun, damit es ihr bald besser geht?«
    Er blinzelt, als hätte ich ihn aus einem Tagtraum geweckt. Betrachtet den Beutel in seinen Händen. »Nicht sehr viel, fürchte ich. Unsere Mittel sind beschränkt. Aber Wärme ist sicherlich gut. Und Gesellschaft. Lasst sie nicht zu oft allein.« Er wendet sich zum Ausgang. »Ich komme morgen wieder und sehe nach ihr.«
    Erst als wir um das kleine Feuer sitzen, dessen Rauch durch einen Spalt in der Wand nach draußen in die Gänge abzieht, fällt mir Jordans Chronik wieder ein. Die Aufregung um Tomma hat mich das Blatt in meinem Ärmel völlig vergessen lassen.
    Jetzt hole ich es heraus und drücke es Aureljo in die Hand, kommentarlos. Ich möchte wissen, was er davon hält, ohne ihn durch meine eigenen Schlüsse zu beeinflussen.
    Während er liest, beobachte ich ihn genau. Sehe, wie er beim Anblick der Datumsangabe stutzt. Wie er im Geist nachrechnet und die Stirn runzelt, als er das Kürzel entdeckt. Seine Augen weiten sich, er atmet scharf ein. Also interpretiert er das JC genauso wie ich.
    Dantorian, an den er das Blatt weiterreicht, achtet hingegen vor allem auf die Schrift. »Interessant. Dieser Mann muss viel per Hand geschrieben haben, die Zeilen laufen so flüssig.«
    Vielleicht sogar ein ganzes Buch, denke ich. Lediglich Tycho, der den Text mit gerunzelter Stirn überfliegt, spricht es anschließend aus. »JC? Ist das hier ein Teil von Jordans Chronik ?« Er dreht das Papier hin und her, als würde er etwas suchen, was ihm bisher verborgen geblieben ist. »Jemand erzählt davon, wie schlecht es den Außenbewohnern geht. Große Sache, hm? Ich meine, das wissen doch wirklich alle, wenn da nichts Brisanteres drinsteht –«
    »Wir haben nur ein Blatt, Tycho«, unterbreche ich ihn. »Den Rest habe ich noch nicht gefunden, aber wer sagt, dass Jordan darin nicht die Schwachstellen der Sphären ausplaudert? Von dort kam er ja ganz offensichtlich, vielleicht hat er ein Geheimnis nach draußen mitgenommen.«
    Tycho gibt mir die Seite zurück. »Suchst du weiter? Nach dem Rest der Chronik?«
    »Auf jeden Fall.«
    Später, als wir uns zum Schlafen legen und ich Aureljos Arme um meinen Bauch und seinen Atem in meinem Nacken spüre, wird mir bewusst, wie schnell wir alle bereit sind zu glauben, dass wir tatsächlich auf Jordans Chronik gestoßen sind. Nur wegen zwei Buchstaben, die möglicherweise erst nachträglich eingefügt worden sind.
    Vielleicht sollte ich meinen Fund Quirin zeigen, der immerhin der Herr über all die Bücher im Tiefspeicher ist. Der Bewahrer. Gut möglich, dass er mehr darüber weiß.
    Andererseits – nicht einmal er kann den Überblick über Millionen von Schriften haben, und die Wahrscheinlichkeit, dass ihm je ein unauffälliger, handgeschriebener Band in einem Haufen durcheinandergewürfelter Bücher aufgefallen ist, halte ich für winzig. Umso mehr, als die Chronik offenbar stark beschädigt worden ist.
    Ich muss eingeschlafen sein, denn das Nächste, was ich weiß, ist, dass etwas leicht gegen meine Schulter tippt. Sachte und rhythmisch. Will Aureljo mich wecken?
    Er muss sich im Schlaf von mir fortgedreht haben, ich spüre seinen Körper nicht mehr an meinem. Mühsam und widerwillig öffne ich die Augen, nur um im nächsten Moment einen Schrei zu unterdrücken.
    Vor mir hockt eine dunkle Gestalt, kaum zu erkennen im schwachen Licht der Lampe, die sie bei sich trägt. Sandor.
    Offenbar hat ihn niemand von uns kommen hören, alle anderen atmen tief und regelmäßig, sogar Tomma.
    Ist etwas passiert? , will ich fragen, doch noch bevor ich einen Laut von mir geben kann, legt Sandor einen Zeigefinger an die Lippen. Das ist kein clantypisches Zeichen, sondern ein allgemein bekanntes.
    Er deutet auf meine unförmige Felljacke, die ich als Kissen benutze, und auf meine Stiefel. Ich nicke, ziehe die Kleidungsstücke an mich und versuche, dabei kein Geräusch zu machen.
    Sandor richtet sich auf und geht vor mir zur Tür, lautlos wie ein

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