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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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uns kreiste, ist nicht weit entfernt.
    Einmal nehme ich die falsche Abzweigung, doch ich bemerke es schnell und korrigiere meinen Fehler. Dann stehe ich am Fuß der gewundenen Treppe.
    Bisher musste ich den runden metallenen Deckel, der den Ausstieg verschließt, nie selbst anheben, und ich bin erstaunt, wie schwer er ist. Er rührt sich erst, als ich ihn mit meiner linken Schulter nach oben drücke. Licht strömt herein.
    Bevor ich die Klappe zur Gänze abhebe, sehe und höre ich mich um. Durch den schmalen Spalt kann ich nur ein wenig braungraue Erde erkennen; wenn jemand hinter mir steht, sieht es schlecht für mich aus.
    Ich halte die Luft an, um mich nicht von meinen eigenen Atemgeräuschen irritieren zu lassen. Keine Schritte, keine Stimmen. Nur das Rauschen des Flüsschens.
    Mit einiger Kraftanstrengung hebe ich den Deckel aus seinem steinernen Bett und schiebe ihn zur Seite, gerade so weit, dass ich durch das entstandene halbmondförmige Loch passe.
    Ein schneller Blick nach rechts und links. Niemand. Ich klettere hinaus. Leichter Wind weht mir das Haar aus dem Gesicht, er ist kühl, aber nicht eisig.
    Zu weit will ich mich nicht vom Ausgang entfernen, die Angst vor Schlitzern oder Scharten sitzt zu tief. Aber bis zu dem Stein, auf dem ich letztens mit Sandor gesessen habe, während die Sonne aufging, wage ich mich.
    Wolken ziehen vorbei, verändern ihre Form, treiben fort. Die Sonne tupft glitzernde Punkte auf den Fluss. Sandor ist nicht da.
    Ich hatte gedacht, es würde hier besser zu ertragen sein, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Schönheit der Umgebung macht mich nicht glücklich, sondern drückt mir auf die Seele, weil ich nichts lieber täte, als sie mit ihm zu teilen.
    Etwa fünf Minuten lang bleibe ich sitzen, dann mache ich mich auf den Rückweg. Versuche mir einzureden, dass ich bloß vorsichtig bin, aber in Wahrheit weiß ich es besser. Es ist nicht möglich, vor etwas davonzulaufen, das tief in einem selbst steckt , hat Baja mir schon erklärt, als ich erst sieben war. Zweifellos hatte sie recht, trotzdem versuche ich nun genau das.
    Es gibt nichts Sinnvolles, das ich tun könnte, und im Moment ertrage ich nicht einmal den Gedanken an die endlose Einsamkeit des Bibliotheksspeichers, also laufe ich die dunklen Gänge entlang, als gäbe es irgendwo einen Ort, an dem ich Ruhe finden könnte. Oder wenigstens etwas, das mich ablenkt. Immerhin vergeht die Zeit schneller, wenn ich mich bewege und nicht bloß regungslos im Gewölbe sitze und darauf warte, dass Aureljo und Dantorian aufbrechen und mein Leben noch leerer machen.
    Eine Kreuzung, an der ein schmaler einen breiteren Kanalschacht schneidet. Die Stelle kommt mir bekannt vor; wenn ich hier links abbiege, gelange ich wieder zu einem Ausgang, an dem ich nach oben steigen kann, ohne sofort gesehen zu werden. Dem Ausgang nahe der Dornenhecke.
    Es ist, als würde ich mir selbst dabei zusehen, wie ich diesen Weg einschlage. Als hätte ich mit der Entscheidung gar nichts zu tun. Will ich mein Glück auf die Probe stellen? Noch einmal an die Oberfläche zurückkehren, mitten am Tag, auf die Gefahr hin, dass ich von Feinden empfangen werde?
    Ich habe keine Antwort auf meine Fragen, ich weiß nur, dass ich mich beschäftigen muss, um nicht im Kreis zu denken, bis ich verrückt werde. Warum die Sphären uns töten wollen, was Quirin Sandor erzählt hat … Ich werde es nicht herausfinden, indem ich mir zum hundertsten Mal das Gehirn zermartere. Besser, ich bleibe in Bewegung. Körperliche Anstrengung unterbricht das Gedankenkarussell.
    Es ist eine rostige Klappe, die ich öffnen muss, wenn ich hinauswill. Sie klemmt und quietscht, aber mit einiger Kraft schaffe ich es, sie aufzudrücken. Wieder Wind im Gesicht. Vor mir verkrustetes Erdreich und Schnee in den Winkeln der Ruinenmauer.
    So wie vorhin am Flüsschen ist es auch hier ruhig. Ich lausche genau auf meine Umgebung, bevor ich ganz aus dem Loch klettere. Aber der erste Blick über die Ruinenmauer lässt mich zurückzucken und zeigt mir, dass ich gar nicht vorsichtig genug sein kann. Ich gehe sofort in Deckung, denn in ungefähr zweihundert Meter Entfernung, dort, wo die Dornenhecke beginnt, hat sich etwas bewegt. Ein Schatten.
    Ob es ein Mensch oder ein Tier ist, habe ich in der Eile nicht erkennen können. Wenn es sich um ein Tier handelt, dann um ein großes. Ich muss zusehen, dass ich zurück nach unten komme, schnell, bevor es mich wittert oder meinen Atem hört.
    Ein erster Schritt nach

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