Die Verschworenen
Tabletts im Medcenter weiß. Für Wissenschaftler und Studenten grün und –«
»Schon gut, so viel wollte ich überhaupt nicht wissen.« Sie beugt sich über ihr Datenterminal und tippt etwas ein. »Schon mal in der Putzkolonne gewesen?«
»Nein.«
»Da könnte ich dich reinstecken. Dort sind die, die nicht denken wollen, am besten aufgehoben.«
Daran, wie ihr Blick prüfend zu mir hin- und dann wieder wegzuckt, ist klar zu erkennen, dass sie mich provozieren will. Aber sie glaubt mir, dass ich Sindra Holun bin. Wenn es überhaupt einen Verdacht gibt, den sie ausräumen möchte, dann den, dass es sich bei mir um einen Prim handelt, der an einen Identitätschip gekommen ist.
»Wäsche, hm. Agrarkuppel?« Sie spricht ganz klar nicht mit mir, aber ich soll ihren Gedankengängen folgen können und sie will meine Reaktionen sehen. Wahrscheinlich eins der wenigen Vergnügen, das ihr ihre Position bietet. Das kleine bisschen Macht ausspielen.
»Recycling … Nein, da ist alles voll.« Wieder ein Tippen auf dem Terminal.
»Also: Putzen oder Bringdienst? Der schließt Kantinenarbeit mit ein, aber das weißt du ja hoffentlich.«
Ich überlege blitzschnell. Jeder Putztrupp ist für einen bestimmten Bereich der Sphäre zuständig. Für eine oder maximal zwei Kuppeln. Wenn ich im Bringdienst eingesetzt werde, kann ich überall hin. Allerdings werden auch mehr Menschen mit mir in Kontakt treten und mir ins Gesicht sehen. Wenn ich putze, ist die Wahrscheinlichkeit, enttarnt zu werden, minimal. Die Möglichkeit, etwas herauszufinden, aber ebenso, also ist der Bringdienst die deutlich bessere Wahl.
Die Beamtin seufzt ungeduldig, verdreht die Augen und schüttelt den Kopf. Ich bin mir beinahe sicher, dass sie nur auf meine Antwort wartet, damit sie sich den kleinen Spaß erlauben kann, mir die Suppe zu versalzen und mich in die Abteilung zu stecken, die ich nicht gewählt habe. Ich bin ihr nicht sympathisch und sie gibt sich keine Mühe, das zu verbergen.
»Putzkolonne«, sage ich. Ohne große Begeisterung, aber mit einem kleinen hoffnungsvollen Fragezeichen am Ende des Wortes.
Sie grinst. »Weißt du was? Ich denke, beim Bringdienst bist du besser aufgehoben. Da bringen sie dir Geschwindigkeit bei.« Sie heftet mir eine blau-weiße Plastikscheibe an den Kragen. »Na dann. Willkommen in Vienna 2.«
Die nächste Schiebetür öffnet sich. Jetzt erst strömt mir Wärme entgegen.
Ich bin in meine Welt zurückgekehrt.
25
Jede Sphäre riecht ein wenig anders, aber alle haben sie diese leichte metallische Note gemeinsam. Sie stammt von den Pump- und Filteranlagen, durch die die Luft gepresst wird, bevor sie in die Sphäre gelangt. Der Geruch hat mich ein Leben lang begleitet und will mir auch jetzt weismachen, dass ich zu Hause und in Sicherheit bin.
Ich setze eine freundliche Miene auf und nehme von einer Mitarbeiterin des Wäschedienstes mein Gewand in Empfang. Vier Garnituren blauer Hosen und weißer Hemden. Zwei quadratische weiße Tücher, die mich im ersten Moment ratlos machen, bis mir einfällt, dass sie wohl dazu dienen, das Haar wegzubinden. Ein Paar leichter Schuhe. Eine blaue Jacke.
»Dein Quartier ist in Kuppel 5a, Raum 79«, erklärt mir die Zuteilerin, die am Ausgang der Kleiderausgabe steht, nach einem Blick auf ihre Liste. »Die Kantine findest du in Kuppel 9, dort meldest du dich bei Gelunda. Lass dir nicht zu viel Zeit.«
Ich habe Dantorians Zeichnung im Kopf, ich weiß, wie ich nach 5a komme. Von Kuppel 12 über 9, dann 7, dann 5. Während ich Kuppel 12 durchquere, spähe ich nach allen Seiten, in der Hoffnung, Aureljo oder Dantorian zu entdecken; ich muss wissen, ob sie es ebenfalls geschafft haben. Aber zwischen den betriebsam herumlaufenden Menschen um mich herum entdecke ich sie nicht.
Kuppel 9. Hier soll sich die Kantine befinden, aber mir springt zuallererst ein Sportcenter mit Laufbändern und anderen Trainingsgeräten ins Auge. Die Rolltreppe direkt dahinter führt hinauf zu einer kleinen Bibliothek.
Wieder kommen mir Sentinel entgegen, diesmal sind es grüne. Quartierwache. Sie sind in ein Gespräch vertieft, keiner von ihnen beachtet mich, trotzdem verberge ich mein Gesicht, so gut es geht, in dem Wäscheberg, den ich vor mir hertrage.
Das blinkende rote M auf der gegenüberliegenden Seite der Kuppel zeigt an, dass sich dort ein Medpoint befindet, allem Anschein nach ein großer. Gut zu wissen. Ich passiere ein öffentliches Datenterminal und eine Trinkwasserstation. Knapp danach,
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