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Die Verschworenen

Die Verschworenen

Titel: Die Verschworenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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linker Hand, liegt die Kantine.
    Sie ähnelt der, die ich aus der Sphäre Hoffnung kenne, so sehr, dass ich unwillkürlich nach Akademiestudenten Ausschau halte. Aber hier sind es hauptsächlich Wissenschaftler und Beamte, die vor ihren Tellern sitzen, prüfend auf ihre Salvatoren blicken oder sich unterhalten, während sie ihre Vitamingetränke zu sich nehmen.
    So vertraut.
    So fremd.
    Als ich an der Kantine vorbei bin, kommt mir eine junge Frau in der Uniform des Bringdienstes entgegen. Ich lächle ihr zu und versuche gleichzeitig mit einem schnellen Blick herauszufinden, auf welche Weise sie das weiße Tuch um ihr Haar geknotet hat.
    Kuppel 7 ist in drei kleinere Kuppeln zergliedert, ich durchquere 7b. Von hier aus gehen Treppen unter die Erde, in die Pilzzuchtstation. Außerdem sind dort neben anderen Bereichen die Wäscherei, die Zentrale des Putzdienstes und ein Chemielabor untergebracht. Auf einem schief hängenden Bildschirm läuft eine nicht mehr ganz neue Dokumentation über Gewächshausbeleuchtung. Ohne Ton.
    Je mehr ich von Vienna 2 sehe, desto stärker fallen mir die Unterschiede zur Sphäre Hoffnung auf. Hier nimmt man die Dinge nicht so genau und kann sich das offenbar leisten; die wichtigen Abteilungen und Personen dieser Gegend dürften sich in Vienna 1 befinden. Auch das stimmt mit dem überein, was Aureljo im Vorfeld herausgefunden hat.
    Dann bin ich endlich in Kuppel 5a. Eine typische Wohnkuppel, in der sich eine Quartiereinheit an die nächste reiht, wie Waben in einem Bienenstock. Raum 79 befindet sich auf der dritten Ebene und mir bleibt einen Moment lang die Luft weg, als ich die Tür öffne und erstmals meine künftige Schlafstatt sehe.
    Natürlich habe ich nicht erwartet, dass meine Unterbringung als Arbeiterin sich mit der einer Elitestudentin vergleichen lässt. Aber dass ich mir eine so enge Kammer mit fünf anderen werde teilen müssen, damit habe ich nicht gerechnet.
    Der Raum ist schlauchförmig. Rechts und links steht je ein Dreier-Stockbett an der Wand. Dazwischen kann man gerade so hindurchgehen, ohne anzustoßen. Der Platz hinter den Betten wird von sechs zerschrammten Regalen beansprucht. Eins davon ist leer und damit wohl meins. Ein Fenster, durch das man nach draußen schauen könnte, gibt es nicht.
    »Und schon sind wir wieder voll besetzt.« Im rechten unteren Bett liegt eine Frau, die widerwillig zu mir hochblinzelt und sich dann zur Wand dreht. Ich hätte jede Menge Fragen, aber ich will sie nicht stören, falls sie Nachtschicht hatte und erst jetzt zum Schlafen kommt. Sich hier zu orientieren, kann schließlich nicht so schwierig sein. Mein Regal habe ich bereits gefunden und mein Bett muss das sein, auf dem Decke, Kissen und Überzüge zu Quadraten gefaltet am Fußende liegen. Also das mittlere auf der rechten Seite.
    Ich schüttle meinen Widerwillen ab – keiner hat gesagt, dass das hier ein vergnüglicher Aufenthalt werden soll – und verstaue meine Kleidung im Regal. Alles bis auf eine der Kantinenuniformen, die ziehe ich an, wobei ich mich so stelle, dass mich meine Zimmergenossin von ihrem Bett aus möglichst nicht sehen kann. Ich will Fragen zu den unzähligen Kratzern an meinem Körper vermeiden. Doch sie schenkt mir ohnehin keine Beachtung; ihrem gleichmäßig ruhigen Atem nach zu schließen, ist sie eingeschlafen.
    Als ich fertig bin, mache ich mich auf den Weg zurück zu Kuppel 9.
    Vielleicht ist es ein Fehler, aber ich trage den Kopf bereits höher als vorhin. Mein Haar ist unter einem der weißen Tücher verschwunden und in dem trüben, tellergroßen Spiegel, über den das Quartier immerhin verfügt, war selbst mir mein Anblick fremd.
    Drei Kuppeln durchqueren. Niemand spricht mich an, niemand hält mich auf. Die Vitros, deren Weg ich kreuze, sehen mich gar nicht, für sie bin ich ein gesichtsloser Teil der Bedienungsmaschine. Nützlich und notwendig, aber austauschbar. Wie ein Filter in der Belüftungsanlage.
    Der Gedanke erleichtert mich unsagbar. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich früher die Arbeiter in den Sphären wahrgenommen habe, nämlich fast gar nicht. Wenn ich von drei oder vier den Namen wusste, dann war das viel.
    In Acht nehmen muss ich mich jetzt hauptsächlich vor meinesgleichen. Wäscherinnen, Recyclern, Küchenhilfen. Im Umgang mit ihnen werde ich Gefahr laufen, mich durch unpassende Äußerungen verdächtig zu machen.
    In der Kantine herrscht schon reges Treiben. Bald ist Mittag und es bilden sich bereits kurze Schlangen

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