Die Verschworenen
an der Essensausgabe. Zutritt haben hier nur die Bewohner höheren Ranges, also niemand, der niedriger gestellt ist als ein Sentinel. Das vertraute Piepsen des Scanners lässt mich spüren, dass ich Hunger habe, und ich vermisse den Salvator an meinem linken Handgelenk.
»Ich soll mich bei Gelunda melden«, erkläre ich der Frau an der Getränkeausgabe.
»Da hinten.« Sie deutet mit dem Kopf zur Küche, ohne dabei ihre Arbeit für einen Moment zu unterbrechen. »Die Einzige mit einer roten Schürze.«
Ich bleibe noch einen Moment stehen und beobachte die Arbeiterinnen an der Theke. Scanner ablesen, Mahlzeiten entsprechend der angegebenen Nährstoffe zusammenstellen, in die Ausgabe schieben … Die Geschwindigkeit, mit der sie ihre Handgriffe erledigen, beunruhigt mich. Ich sehe keine Chance, mithalten zu können. Waren die Kantinenarbeiterinnen, die mich noch vor drei Monaten bedient haben, genauso schnell?
Ich weiß es nicht. Sie waren einfach da, wie gut funktionierende Maschinen.
Dank der roten Schürze finde ich Gelunda sofort. Sie ist groß, erstaunlich dünn und hat riesige Hände, fast wie die eines Mannes.
»Sindra. Aha. Du hast Erfahrung?«
»Ja«, sage ich, nach außen hin voller Selbstvertrauen, von dem innerlich leider nichts zu spüren ist. »Vor allem im Bringdienst.«
»So. In Ordnung, fürs Erste kümmere dich um das schmutzige Geschirr. Die Transportwagen stehen hier rechts, dort drüben beim zweiten Durchgang gibst du sie an die Küchenhilfen weiter, sobald sie voll sind. Tempo.«
Tische abräumen. Das verbuche ich als Glücksfall. Ich werde mich zwar auf jeden Handgriff konzentrieren müssen, ungeübt, wie ich bin, aber diese Aufgabe verschafft mir Zeit, die anderen zu beobachten.
Ich hole mir einen Wagen und beginne, leer gegessene Teller und schmutzige Gläser von den Tischen zu nehmen. Erst von denen, die bereits verlassen sind, dann auch dort, wo die Kantinengäste noch ein wenig bleiben und sich unterhalten.
»Darf ich abräumen?« Den Satz habe ich Hunderte Male gehört, wenn es um mein eigenes Geschirr ging, und daraufhin ebenso nachlässig genickt, wie es jetzt die Ranghöheren vor mir tun.
Die Arbeit nimmt mich völlig in Anspruch. Der große Ansturm steht noch bevor und ich gebe mir Mühe, schnell und gründlich zu arbeiten. Ein voller Geschirrwagen nach dem anderen wandert in die Hände der Küchenhilfen. Ich merke kaum, wie die Zeit vergeht, bis sich die Kantine irgendwann merklich zu leeren beginnt.
Als der Letzte gegangen ist, sinke ich auf einen Stuhl und werde sofort wieder von Gelunda aufgescheucht. »Jetzt schon müde? Bis zur Pause dauert es noch, meine Liebe.«
»Ich bin heute erst angekommen und habe noch nichts gegessen«, erkläre ich. Sachlich, nicht mitleidheischend. »Ist aber in Ordnung, bin ja selbst schuld.«
Sie sieht mich ein paar Sekunden lang an, dann zuckt sie mit den Schultern. »Wir haben Suppe übrig, Brot und Rübenmus. Nimm dir eine Portion. Danach wisch den Boden.«
Ich verschlinge mein Essen in weniger als fünf Minuten, völlig überwältigt von der Intensität des Geschmacks. Bei den Dornen wird höchstens mit Salz gewürzt, wenn denn welches vorhanden ist. Hier schmecke ich allein aus dem Rübenmus Pfeffer, Knoblauch und Senf heraus und frage mich unwillkürlich, ob Sandor in seinem ganzen Leben jemals Pfeffer gekostet hat.
Dummer Gedanke. Ich darf keinesfalls zulassen, dass mich die Erinnerungen an Sandor in meiner Konzentration stören, dazu bewege ich mich hier auf viel zu dünnem Eis. Ich sollte tun, was er getan hat: meine Gefühle beiseitelassen und mich auf die neue Aufgabe konzentrieren. Schlimm genug, dass ich das bisher noch nicht geschafft habe.
Ich bin sicher, es gibt eine Technik, um diesen Prozess zu beschleunigen. Zu schade, dass sie mich niemand gelehrt hat.
Der Wischmopp besteht aus schwammartigen Blättern an einem langen Stiel. Ich tue das, was ich bei den anderen Kantinenarbeiterinnen sehe: das Ende mit den Blättern in Seifenwasser tauchen und es danach mit schnellen, halbmondförmigen Bewegungen über den Boden ziehen. Etwa drei oder vier Mal, dann wieder ins Wasser tauchen.
Obwohl man das wirklich nicht als schwierige Tätigkeit bezeichnen kann, merke ich schon nach kurzer Zeit, dass die anderen präziser und effizienter arbeiten als ich und sich dabei sogar noch unterhalten können.
Ich verdopple mein Tempo. Wische jede Stelle zwei Mal. Nach einer halben Stunde bin ich schweißgebadet, aber mit meinem Teil der
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