Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht
zu, wo sie die andere gern platzieren würde. Sie sagte ihm auch, was sie sich für den Abend wünschte. Danach lief sie zurück zu ihrer Tochter, um sich das Spiel anzusehen.
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Vier Nervenbahnen, vier Höhepunkte
Shanti, ein ehemaliges Model und gerade 50 geworden, zog ihre Stiefel aus und legte ihre schwarzen Armbänder und die kurze, blau-rot-gelbe Tantra-Warrior-Halskette ab. Dann schlüpfte sie aus ihrem Kleid und den übrigen Sachen, legte sich unter ein Laken und schob ihren blonden Kopf in die Ãffnung eines Computertomographen. Das Ganze passierte in Newark, in einem Labor der Rutgers University, wo eine breite Glasscheibe einen Raum teilte. Der Tomograph befand sich auf der einen Seite des Fensters, Barry Komisaruk, ein Neurowissenschaftler an der Rutgers, und Nan Wise, Sexualtherapeutin und Doktorandin in seinem Forschungsprogramm, standen auf der anderen Seite. Sie sahen Shanti dabei zu, wie sie erst einmal zur Ruhe kam.
In der kommenden Stunde würde sie sich auf verschiedene Arten selbst befriedigen. Sie würde dazu mit dem Finger den äuÃeren Teil ihrer Klitoris berühren. Später würde sie einen Dildo benutzen, um ihren G-Punkt und ihren Muttermund zu stimulieren. Klitoral, G-Punkt, zervikal â mit Shanti und den anderen Probandinnen versuchten die Wissenschaftler deutlich umrissene Bilder der Hirnregionen zu bekommen, die bei drei verschiedenen Arten von sexuellen Höhepunkten schlagartig aktiviert werden. Ko misaruk, ein fröhlicher Mann Ende 60 mit einem Kranz grauer Locken auf dem Kopf, hatte die durchsichtigen, stromlinienförmigen Dildos sogar selbst entworfen und hergestellt, um die Stimulation im Inneren zu erleichtern und gleichzeitig Kontakt zum äuÃeren Teil der Klitoris zu vermeiden. Er hatte zu diesem Zweck Plastikpenisse gekauft, sie zu Hause in seinem Ofen erhitzt und sie anschlieÃend entsprechend zurechtgebogen.
Tantra Warrior ist ein Beruf, den Shanti sich selbst ausgedacht hat. Früher ist sie einmal auf dem Cover von Elle zu sehen gewesen, heute verdient sie ihr Geld in Manhattan und den Ferienorten auf Long Island. Dort vermittelt sie erotische Weisheit auf Soireen, die erotisch Unbedarfte oder Suchende veranstalten. Komisaruk und Wise brauchten Probandinnen wie sie, die kein Problem damit haben, vor Zuschauern und in dem dröhnenden Kernspintomographen zu masturbieren.
»Wenn Sie kurz vor einem Orgasmus sind«, erklärte Wise Shanti über die Gegensprechanlage, »heben Sie einfach eine Hand.«
Shanti begann, unter dem Laken ihre Klitoris zu bearbeiten. Zu Komisaruk in Khakihose und hellblauem Button-down-Hemd und Wise in gebügeltem schwarzem Rock und Seidenbluse gesellte sich jetzt noch Wen-Ching Liu, ein chinesischer Physiker und Experte für die Interpretation von MRT -Aufnahmen. Sie schauten abwechselnd durch das Fenster und auf den Monitor, der auf ihrer Seite der Scheibe stand und wo ein Bild von Shantis Gehirn an bestimmten Punkten aufleuchtete.
Komisaruks jahrzehntelange Orgasmusforschung hatte begonnen, als seine Frau im Endstadium an tödlich verlaufendem Brustkrebs litt. Die beiden hatten sich in einer Sommerkolonie kennengelernt, als er 15 und sie 13 war. Sie gingen sofort miteinander und heirateten fünf Jahre später. Sie bekam die Diagnose mit 29, da hatte sie gerade ihr zweites Kind geboren. Die Metastasen bildeten sich rasch, füllten sich mit Flüssigkeit und bereiteten ihr derart furchtbare Schmerzen, dass sie sich die Infusionsnadeln herausriss und auf allen vieren über den Boden im Krankenhaus kroch, um der Pein irgendwie zu entgehen. »Ich stand dabei wie ein Dummkopf«, erinnert sich Komisaruk, »und konnte rein gar nichts tun.«
Im Rahmen seiner Arbeit untersuchte er damals, wie sexuelle Stimulation Schmerz bei Rattenweibchen blockiert; er hatte sich darauf spezialisiert, nachdem er sich schon seit dem College ehrgeizig vorgenommen hatte, die neurologische Basis des Bewusstseins zu erforschen. Als er seine Frau auf Händen und Knien sah, »da sagte ich mir, ich muss etwas Nützliches tun«. Er schwor, sich noch intensiver mit dem Verständnis von Schmerz zu befassen und herauszufinden, ob Sex vielleicht ein natürliches Schmerzmittel erzeugt. Könnte er diesen organischen Schmerzhemmer destillieren, um Menschen wie ihr zu helfen? Nachdem seine Frau gestorben war, wurde Beverly Whipple auf seine Versuche mit Ratten aufmerksam. Die
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