Die Versteckte Stadt: Thriller
gewachsen zu sein. Eine Unruhe, eine Gehetztheit, mit der er wohl unablässig zu ringen hatte, und die ihn - wie Till sich unwillkürlich sagen musste - gefährlich machte. Denn wer so von seinen inneren Dämonen bedrängt wurde, war nicht nur unberechenbar, sondern würde auch weit gehen, um endlich Ruhe zu finden, Schutz vor den Angriffen, denen er sich ausgesetzt fühlte.
„Willst du darüber sprechen?“, hörte Till ihn sagen und sein Kopf zuckte hoch. Aber Bentheim hatte sich nicht an Till, sondern an seinen Sohn Max gewandt.
Max hielt den Löffel fest, mit dem er seine Cornflakes gegessen hatte, und schüttelte den Kopf.
Bentheim sah kurz zu Till. „Ihr habt doch an der Tür gestanden. Felix hat euch gesehen.“
„Ja. Ja, wir wussten ja nicht, dass Sie das nicht wollten.“ Tills Herz puckerte.
Bentheim sah ihn an. Dann blickte er wieder zu Max. „Deshalb starrst du mich die ganze Zeit an?“
Max sah hilflos zu seiner Mutter. Sie lächelte ihn an, sagte aber nichts.
Bentheim stellte die Kaffeetasse, die er noch gehalten hatte, zurück auf die Untertasse und beugte sich ein wenig zu Max vor. „Hör zu, Max, das war nichts Böses. Es war ein Spiel. Vielleicht hat es dir nicht gefallen, aber ich wollte auch nicht, dass du dir das ansiehst. Ich habe mich mit ein paar Bekannten getroffen, wir haben das gemacht. Ich werde mich nicht vor meinem zwölfjährigen Sohn für das rechtfertigen, was ich mache.“
Max hatte den Kopf gesenkt. Nickte. Seine Hand umklammerte noch immer den Löffel, der in den Cornflakes steckte. Lisa und ihre Schwestern saßen schweigend auf ihren Plätzen, als hofften sie, dass die bedrohliche Wolke, die plötzlich in dem Zimmer zu stehen schien, so schnell wie möglich wieder abzog.
„Max hat einfach einen Schreck bekommen“, sagte Julia und schaute zu ihrem Mann. „Das kann man doch verstehen.“ Sie legte Bentheim ihre Hand auf den Arm. Till bemerkte, wie die Schärfe seines Gesichts ein wenig abgemildert wurde. Aber er war noch nicht fertig. „Hast du denn über das nachgedacht, was wir neulich besprochen haben?“
Max‘ Blick schnellte zu Till.
„Nein, du brauchst gar nicht zu deinem Freund zu schauen. Das musst du mir schon selbst beantworten. Hast du dir überlegt, wie es weitergehen soll?“
„Aber du hast doch gesagt, ich hab bis zum Ende der Ferien Zeit“, brach es aus Max hervor und Till konnte hören, wie bestürzt er war, weil er sicher war, dass ihm seine Frist gekürzt würde.
„Ja, hast du doch auch“, schaltete sich Julia erneut ein, „aber deshalb kann man doch auch mal zwischendurch darüber reden.“
„Bist du denn weiter gekommen, hast du schon eine Auswahl getroffen, hast du darüber nachgedacht, was weiß ich, mit Till darüber gesprochen? Der scheint den Kopf ja nicht ganz so sehr in den Wolken zu haben.“
Wieder schaute Max zu Till, als hoffte er, der könnte etwas dazu sagen.
„Jetzt guckt er schon wieder zu ihm“, hörte Till Bentheim zu seiner Frau sagen. „Habt ihr darüber gesprochen?“ Er schaute zu Till. „Mein Sohn scheint nicht in der Lage zu sein, mir dazu etwas zu sagen.“
„Ja, haben wir!“, platzte es aus Max hervor, bevor Till antworten konnte, „aber ich überlege noch. Du hast gesagt, ich hab Zeit - “
Er brach ab. Bis zum Ende der Ferien, musste Till denken. Bis zum Ende der Ferien.
Bentheim stand auf.
„‘Bis zum Ende der Ferien‘, wolltest du sagen, richtig? Sag es doch noch dreimal, dann verschiebt sich der Termin vielleicht von selbst.“ Er wischte sich den Mund mit der Serviette ab und warf sie auf den Tisch. „Kommst du?“
Julia stand auf.
„Till? Du und Max, ihr räumt den Tisch ab, Rebecca hat heute ihren freien Tag.“
Till nickte Bentheim zu. Klaro, dachte er, froh, einfach gehorchen zu können. Solange er gehorchte, würde alles glatt gehen, dachte er - und musste gleichzeitig irgendwo in seinem Inneren hinzufügen: Aber was, wenn ich nicht gehorchen kann - weil das, was er mir aufträgt, zu schwer ist?
Lisa und die Schwestern sprangen auf und rannten aus dem Zimmer.
„Dein Ticket habe ich in der Handtasche“, sagte Julia und ging mit Bentheim ebenfalls hinaus.
Max starrte Till an. Er saß als einziger noch auf seinem Platz. Einen Moment schwiegen sie, während sie hörten, wie sich Max‘ Eltern in der Halle zum Gehen fertig machten.
„Mit mir schimpft er und du machst alles richtig“, flüsterte Max und seine Augen waren riesengroß.
„Quatsch!“ Aber es war auch Till
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