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Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verstummten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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Möbel verrückt, sogar die Wände verschoben? Ihre Zeugnistasche mit dem Notizblock lag auf dem Boden, aber sie kam nicht dran. Bestimmt war sie krank. Fieber, Grippe oder irgendeine Kinderkrankheit, die sie noch nicht gehabt hatte. Ein Vatermorgen oder wie das hieß, wenn man in der Wüste vor lauter Durst Sachen sah, die gar nicht da waren. Wann kam Mama endlich und schaute nach ihr? Mit Tee, Medizin und einer Zeitschrift, extra für sie gekauft. Sie versuchte ein Telefon zu erspähen, aber so weit sie sehen konnte, ohne sich zu verrenken, stand nirgends eines. Wer machte jetzt für Mama den Telefondienst, wenn sie arbeiten musste? Hatte es ein Erdbeben gegeben und alles war durcheinandergeraten? So musste es sein, sie war sicher irgendwo dagegengeknallt und ohnmächtig gewesen. Und jetzt hatten ihre Eltern sie mitsamt ihren Möbeln in Watte gepackt, damit sie nicht zerbrach, und sie hier untergebracht, zur Erholung, bis im Haus wieder alles in Ordnung war.
    Nanu, gegenüber von ihr lag noch ein anderes Mädchen in einem Bett! Es rührte sich genauso wenig wie sie. Blass und mit großen Augen starrte es zu ihr herüber. Wenigstens war sie nicht ganz allein.

12.
    »Respekt.« Buddeberg folgte Carina in den Nebenraum, streifte den Kittel ab. »Das waren nicht Ihre ersten Toten mit Schusswunden, oder? Ihr Vater sagt, dass Ihre Stärken in der Gesichtsrekonstruktion und bei Mumien liegen. Sind das auch Erfahrungen aus Mexiko?«
    Carina nickte. Kaum ein Tag, an dem nicht im Laboratorio de Patología del Servicio Médico Forense ein Erschossener eingeliefert worden war. Ihre Sektionsroutine hatte sie, auch wenn es anfangs schwer zu verkraften war, bei den Toten der Drogenkartelle erlangt.
    Die Kugel hatte Olivias Brustkorb getroffen, eine Rippe zerschmettert, den Herzbeutel eröffnet, die rechte Herzkammer gestreift – genau dort, wo die umschlingende linke Herzkranzschlagader verlief – , war wieder aus dem Herzbeutel ausgetreten und in der Wirbelsäule stecken geblieben. Carina hatte Susanne die Pinzette weggenommen und zur Seite gelegt, als diese damit das Geschoss aus Olivia herausholen wollte, und selbst mit den Fingerspitzen zwischen die Wirbel gegriffen.
    »Sie wussten, dass schon winzige Kratzer die Spuren an der Tatmunition vernichten können.«
    Carina sah, wie ihr Vater sich bei dem Wort »Tatmunition« unter den Gürtel fasste und über die Seite rieb. Das Projektil aus seiner Schusswunde, das der Chirurg Carina nach Mattes Operation gereicht hatte, war völlig zerkratzt gewesen und damit wertlos.
    Als hätte Buddeberg Carinas Gedanken erraten, tätschelte er Matte die Schulter. »Alles Gute für Ihre Aussage am Montag, Herr Kyreleis. Von wem werden Sie denn in der Nebenklage vertreten?«
    »Lassen Sie uns das draußen besprechen.« Matte straffte sich, kickte mit dem Stock etwas Rosafarbenes in eine Ecke und lotste den Staatsanwalt aus dem Seziersaal.
    Carina hauchte ihrem Vater ein Danke zu, froh darüber, das Buddeberg im Verlauf der weiteren Obduktion den Liebhaber seiner Frau vergessen zu haben schien oder Nusser selbst danach fragen würde. Sie entsorgte die Plastikschürze und den Handschuh im Mülleimer, tastete vorsichtig ihre Beule ab, die inzwischen ihre Schläfe zu verformen schien. Der Brillenbügel drückte, sie bog ihn etwas auf und malte Olivias Teppichzeichen in ihr Skizzenbuch, was sie die ganze Zeit schon hatte tun wollen, damit sie es nicht vergaß. Der mittlere Teil erinnerte Carina an einen Vogelkopf, links war ein Kreuz wie von Federn und rechts neben dem Schnabel der angedeutete Flügel.

    Sie sah auf, als ihr Vater ohne Staatsanwalt zurückkehrte.
    »Gebt bitte die Leichen vorläufig noch nicht zur Beerdigung frei. Es wird eine Weile dauern, bis wir alle Spuren ausgewertet haben.«
    Sie schlug ihr Skizzenbuch zu und griff sich auf den Rücken, um die Kittelschleife aufzuziehen.
    »Ach, und noch was.« Matte half ihr. »Halt dich diesmal aus den Ermittlungen raus.«
    »Was?« Sie verstand nicht. Als ob sie sich je freiwillig einmischte. Er war doch derjenige gewesen, der sie permanent drängte, zur Polizei zu gehen, den Job zu wechseln; ja, sogar einen Arbeitsraum hatte er ihr noch vor Kurzem im Präsidium einrichten wollen, damit sie auch dort Gesichtsrekonstruktionen machen konnte.
    Das jetzt war wieder typisch. Und es reichte. Sie riss sich den Kittel ab, knüllte ihn zusammen und warf ihn in den Waschsack. Immer noch führte er sich wie Papa Superermittler auf, anstatt endlich

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