Die Versuchung der Zeit: Hourglass 2 - Roman (German Edition)
beobachtest, und dann gibst du anderen, was sie brauchen. Instinktiv.« Ihr Knie stieß ganz leicht an meine Hüfte, so dass ich eine Gänsehaut bekam. »Es hat nicht nur mit deiner Empathie-Gabe zu tun. Du bist jemand, der handelt.«
Ich zuckte die Achseln. »Wenn jemand etwas braucht, und ich kann’s ihm geben, wieso sollte ich ihm dann nicht helfen?«
»Du … bist so verwirrend.« Sie lachte. »Und ich bin es so leid.«
»Was bist du leid?«
»Unterbrochen zu werden, auf den richtigen Moment zu warten, ständig alles zu überdenken.« Sie beugte sich vor, grub die Hände in mein Haar und schmiegte sich an meine Wange. »Nicht das zu kriegen, was ich wirklich will.«
Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.
»Was willst du denn wirklich?«
Sie hauchte einen sanften Kuss auf meinen Augenwinkel. Hätte ich geblinzelt, hätten meine Wimpern ihre Lippen gestreift. Dann kam sie noch näher und küsste meine Wange, während sie ihren Körper fest an meinen presste.
Das Atmen wurde zunehmend schwieriger.
»Lily, du machst mich verrückt.«
»Nein. Noch nicht.« Ihre Lippen streiften meine andere Wange, wanderten zum Hals und zum Kinn.
Ich genoss ihre Zärtlichkeiten und träumte von dem, was möglicherweise darauf folgen würde. Aber was auch immer als Nächstes geschah, musste ihre Entscheidung sein.
»Was willst du?«, wiederholte ich.
Sie zögerte einen kurzen Moment, bevor ich das Feuer in ihren Augen sah. »Dich.«
Genau das, worauf ich gehofft hatte.
Wir kamen uns auf halbem Weg entgegen. Lippen und Zähne und der Geschmack ihrer Zunge, die Wärme ihrer Haut, die trotz unserer regennassen Kleidung zu spüren war. Sie zu berühren machte süchtiger als sämtliche Substanzen, die ich jemals ausprobiert hatte.
Ich hätte am liebsten meine Haut abgestreift, um ihr noch näher zu sein.
Lily schob die Hände in meine Jackenärmel und wich ein Stück zurück. Ihre Augen waren weit geöffnet, die Stimme unsicher. »Das hier ist viel intensiver, als ich dachte. Und ich hatte es mir schon ziemlich heftig vorgestellt.«
Ich zog die Spange aus ihrem Haar und ließ die Finger über ihre Wangenknochen bis hinab zum Schlüsselbein gleiten. »Und magst du’s intensiv?«
Sie erschauerte und umfasste meine Handgelenke. »Mehr …mehr …«
Ich küsste sie langsam und genüsslich. Meine Hände waren an ihrem Hals, und als ich die Lippen über ihre Wange gleiten ließ, spürte ich, wie ihr Puls schneller ging.
»Warte«, keuchte sie.
Ich hielt inne, kurz bevor mein Mund ihr Ohr erreicht hatte. »Ich dachte, du wolltest mehr.«
»Will ich auch. Aber ich hab das harte Lenkrad im Rücken.«
»Hier ist nicht genug Platz, um dich zu küssen.« Ich schlang die Arme um sie und drückte sie ganz fest an mich. »Das ist verdammt schade!«
»Wir könnten nach oben gehen.« Sie lehnte sich zurück und zeigte auf die Fenster ihrer Wohnung.
Es kostete mich große Mühe, nicht auf ihre Brust zu starren, die durch den durchgedrückten Rücken noch mehr in Szene gesetzt wurde.
»Obwohl wir da vielleicht ein bisschen zu viel Platz und Privatsphäre haben, besonders weil Abi nicht zuhause ist.«
Lily. Ich. Allein. Mit durchgedrücktem Rücken. Ich stöhnte.
»Was sollte das jetzt?«, fragte sie.
»Wie du dich anfühlst und schmeckst, eine leere Wohnung – das klingt sehr verlockend.«
»Ja. Ich würde dich gern mit nach oben nehmen und dich küssen, bis dir Hören und Sehen vergeht.«
»Ich würde mich gern mit nach oben nehmen lassen.« Und viel, viel mehr tun als nur küssen.
Sie ahnte, was mir durch den Kopf ging. »Dann wäre wohl jede Wohnung mit Schlafzimmer und ohne Aufsicht momentan keine vernünftige Option.«
»Mit dir wäre ich lieber alles andere als vernünftig.« Meine Lippen suchten abermals ihren Mund, und ich zog ihren Körper noch fester an mich. »Ich will mit dir zusammen sein.«
»Kaleb.«
»Nicht deswegen.« Ich deutete auf sie in meinen Armen. »Deinetwegen.«
Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. »Ich muss den Laden abschließen.«
»Wie lange brauchst du dafür? Ich werde warten.«
Sie zog eine Braue hoch.
»Nur weil ich mich vergewissern will, dass du sicher nach Hause kommst.« Ich hob die Hände und setzte eine Unschuldsmiene auf. »Ich schwör’s.«
»In Ordnung. Es kann aber ein Weilchen dauern.« Sie bückte sich nach ihrer Schürze und streifte sie über. »Ich sollte noch ein bisschen was fürs Backen vorbereiten, bevor ich Feierabend mache.«
»Ich bleibe. Ich möchte dich
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