Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
Überlaufen gebracht. Die beiden Frauen bemühten sich eine Weile um mich, bis nur noch mein Schluchzen zu hören war. Endlich schlief ich erschöpft ein. Ich erwachte ein paar Mal, aber stets herrschte um mich herum Dunkelheit, da die Vorhänge meines Bettes zugezogen waren. Gwen schlief neben mir.
Am Morgen erschienen Richard Lyons und Dom Hanneye, um sich selbst ein Bild von meiner Genesung zu machen. Zuerst trat Dom Hanneye an mein Bett, segnete mich und versicherte mir, dass seine Nase und seine Augen zwar den Eindruck machten, als müsse er große Schmerzen ertragen, dass es ihm jedoch von Tag zu Tag besser gehe.
»Ich schätze, wenn alles erst einmal völlig verheilt ist, werde ich ein interessanteres, in seiner Fehlerhaftigkeit vertrauenswürdigeres Gesicht haben.« Obwohl sein Lächeln durch die Schwellungen noch recht verzerrt geriet, schien er doch der Alte zu sein.
»Gott sei Dank« sagte ich. Auch ich fühlte mich erheblich besser, und das Sprechen fiel mir leichter als am Vortag.
Dom Hanneye zog sich auf eine Bank zurück und senkte sogleich den Kopf zum Gebet.
Richard Lyons stellte mit seinem gesunden Arm einen Stuhl neben mein Bett. Sein verletzter Arm war fest an seine Seite gebunden.
»Mistress Alice«, sagte er und nickte kurz. »Gott hat unsere Gebete erhört.«
»Wie geht es Eurem Arm?«, fragte ich.
»Der wird wieder heilen. Habt Ihr starke Schmerzen?«
»Schon besser heute. Wer war das?«
»Ich weiß es nicht. Mir wurde nur gesagt, dass der König uns für die Rettung Eures Lebens und das Eures Kammermädchens dankt und dass die Männer eindeutig beabsichtigt hätten, Euch zu töten. Ansonsten, sagte der Abgesandte des Königs, seien seine Nachrichten ausschließlich für Eure Ohren bestimmt.«
Sein Verhalten war deutlich zurückhaltender als sonst, und ich spürte eine Mischung aus Überdruss und Unbehagen.
»Der Abgesandte des Königs? Aber die königliche Gesellschaft
ist doch erst gestern von Abington nach London aufgebrochen. «
»Schon vor einigen Tagen, Mistress Alice. Ihr seid vor drei Tagen überfallen worden.«
Drei Tage. »Ich habe so lange geschlafen?« Dass ich an einen solch langen Zeitraum keine Erinnerung hatte, war beunruhigend.
»Ihr schlieft einen Tag, dann seid Ihr offenbar für einen Moment erwacht, bevor Ihr wieder einen ganzen Tag lang schlieft. In dieser Zeit erreichte der Bote den König und kehrte mit dessen verlässlichstem Getreuen Richard Stury sowie einer kleinen Einheit Bewaffneter zurück. Stury wird Euch später noch besuchen kommen.«
Ich bekreuzigte mich ob dieser Nachrichten und bat Gott um seinen Beistand. Stury war ein Edelmann aus des Königs Gefolge, der aufgrund seiner unerschütterlichen Treue zu seinem Herrn, seiner Schläue und der Tatsache, dass schon sein Großvater dem Vater des Königs bei diplomatischen Missionen gedient hatte, vom Kammerdiener zu seiner jetzigen Stellung aufgestiegen war. Höflinge fühlten sich in Sturys Gegenwart meist unwohl, da er angeblich als Spion für den König agierte, so wie sein Großvater dies bereits für den letzten King Edward getan hatte. Wenn der König einen Mann wie Stury schickte, musste er glauben, dass der Angriff in Verbindung mit dem Geheimnis seiner Mutter stand, mit jener Angelegenheit also, die mir schon einen so hohen Preis abverlangt hatte. Würde ich jemals von Isabellas Fluch befreit sein? Wahrscheinlich hätten meine Entführer mich ausgefragt und mich, sobald sie sahen, dass ich nichts wusste, ebenso umgebracht wie Master Martin, Janyn und Dame Tommasa. Dass die drei tatsächlich Krankheiten erlegen waren, hatte ich nie geglaubt.
»Ihr habt nun nichts mehr zu befürchten, Mistress Alice«,
sagte Richard. »Ihr seid vortrefflich beschützt. Wir werden mit einer starken Eskorte nach Windsor Castle zurückkehren. «
Wahrscheinlich wäre ich sogar davon überzeugt gewesen, nichts befürchten zu müssen, wenn jemand es auf mich als Frau abgesehen hätte. Ein Mann, der mich hätte schänden wollen, würde jetzt wissen, dass ich mächtigen Schutz genoss. Aber Isabellas Geheimnis, worin auch immer es bestehen mochte, schien eine ganz eigene Macht zu besitzen, und ich konnte nicht länger leugnen, wie sehr es mich selbst bedrohte. Ich war eine Gefangene im Hofstaat der Königin. Es spielte keine Rolle, dass meine Gefängnisse königliche Paläste waren, auch sie schlossen mich unerbittlich ein.
Richard wartete auf meine Antwort. Es ging mir nahe, welchen Gefahren er sich meinetwegen
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