Die Vertraute des Königs: Historischer Roman (German Edition)
hast, wenn wir voneinander getrennt waren.«
Dieser Schlag ließ mich zusammenzucken. Schon bei diversen
Gelegenheiten hatte er erklärt, seine Gleichgültigkeit hinsichtlich der Zukunft unserer Töchter rühre daher, dass er bei ihnen Zweifel an seiner Vaterschaft hege. Ich hatte jeden nur denkbaren Eid geschworen, dass seine Zweifel vollkommen unbegründet waren und die Kinder unmöglich nicht von ihm stammen könnten. Tatsächlich ähnelte Joan mit ihren flachsfarbenen Haaren und blauen Augen Edward so stark, dass er häufig behauptete, nur bei Jane unsicher zu sein. Jane kam eher nach mir, mit ihrem feingliedrigeren Körperbau, den etwas dunkleren Haaren und den graugrünen Augen. Diese Zweifel befielen ihn ausschließlich an Tagen, an denen er bereits verwirrt aufwachte. War er den Tag über eher bei klarem Verstand, verkündete er mitunter sogar, er würde Joan und Jane anerkennen.
»Wyndsor ist das Werkzeug meines Sohnes John, Alice.« Er kicherte und küsste noch einmal meine Hände. »Eigentlich habe ich ihn gedrängt, Wyndsor an eine dunkle Schönheit aus Constances Hausstand zu verheiraten und ihn auf irgendeinen gefährlichen Posten nach Kastilien zu beordern, aber er redet sich ständig heraus und gibt vor, es vergessen zu haben. Nimm dich in Acht, Liebste.«
Von allen Anschuldigungen und Kränkungen, die ich je erfahren hatte, traf diese mich am härtesten. Ich war Edward ohne jede Ausnahme treu gewesen, und er glaubte es mir einfach nicht.
»Warum hätte ich dir erzählen sollen, dass er mir nachstellt, wenn ich etwas zu verbergen hätte? Ich habe nach Janyn keinem anderen Mann beigelegen. Hat er das etwa behauptet?«
»Das musste er nicht.«
Ich war entsetzt darüber, ausgerechnet von diesem Mann, der einst meine Liebe gewonnen hatte, gerade weil er mir
das Gefühl schenkte, gesehen und gehört zu werden, nun derart beleidigt und missachtet zu werden.
Zu Beginn seines siebenundvierzigsten Regierungsjahres benannte Edward ein Schiff nach mir, La Alice. Es war ein schönes Schiff, und das Vergnügen, das es ihm bereitete, mir die Augen zu verbinden und mich den Kai entlangzuführen, berührte mich tief. Er hatte mich an diesem Morgen bereits mit einem Ausdruck gespannter Vorfreude begrüßt, und der Anblick des herrlichen Segelschiffs übertraf gewiss all meine Erwartungen. Doch diese Ehrbezeugung war viel zu öffentlich und genau jene Art verschwenderische Geste, die mir nur schaden konnte.
Als ich den Duke of Lancaster das nächste Mal traf, sagte er: »Seid dankbar für die Momente mit meinem Vater, Alice, aber denkt daran, er ist alt und gebrechlich, und wenn er nicht mehr da ist, werdet Ihr eines anderen Beschützers bedürfen, ob ein Schiff Eures Namens nun in der Themse vor Anker liegt oder nicht.«
»Ich weiß nur allzu gut um den steilen Abgrund, der sich am Horizont auftut, und lebe jeden Tag damit, Mylord. Und ich bin höchst dankbar dafür, Eure Freundschaft zu besitzen. « Ich hielt es für geboten, weiter vorzugeben, ihn als meinen Freund zu betrachten, obwohl ich ihm gegenüber in Wahrheit immer misstrauischer wurde.
Der Duke machte einen befriedigten Eindruck. »Freut mich zu hören.«
Die Begegnung verschreckte mich. Warum er mich hatte warnen wollen, wusste ich nicht. Am Hof gab es nur wenige, auf die ich mich stets verlassen zu können glaubte. In diesem Augenblick fiel mir tatsächlich nur eine Person ein – Princess Joan. Ich besaß weiterhin Wykehams Freundschaft, doch sein Einfluss war mittlerweile begrenzt.
Trotz Edwards eindringlichem Ratschlag war es mir nicht gelungen, irgendwelche festen Freundschaften am Hof zu schließen. Diejenigen, die ich hatte, waren allesamt oberflächlich und gründeten auf Geschäftsinteressen, nicht auf Vertrauen.
Die Augen zu Boden gerichtet, um jedem eisigen Blick, jedem wissenden Grinsen auszuweichen, schritt ich durch die Flure des Palasts, während mir Lancasters Worte im Kopf herumschwirrten.
Im Frühling des Folgejahrs plante Edward ein großes Turnier, das sich als sein letztes erweisen sollte. Mir würde diese Feierlichkeit einmal mehr vor Augen führen, wie berechtigt mein wachsendes Gefühl der Bedrohung war. Statthaben sollte das Ereignis Anfang Mai in Smithfield und sieben Tage lang die Herrlichkeit von Edwards Königreich und Regentschaft mit Wettkämpfen, Turnieraufmärschen und Schlemmereien preisen. Getreu seiner lebenslangen Lust am Ausdenken kunstvoller Devisen für derartige Festivitäten, beschloss Edward,
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