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Die verzauberten Frauen

Die verzauberten Frauen

Titel: Die verzauberten Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Schulz
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geschlossenen Augen zeigen durfte. Und auch diesen da draußen nicht, die Freunde zu nennen er nicht wagte.
    Sie waren die Anderen. Deren Macht ungebrochen war und das seit Jahrhunderten. Die ungreifbar waren   – seit Jahrhunderten. Deren Arm bis in die höchsten Kreise reichte. Die Auftraggeber. Nicht mehr und nicht weniger.
    Jetzt öffneten sich mehrere Beifahrertüren. Sie hatten sich wahrscheinlich über Handy verständigt. Nicht alle stiegen aus, auch nicht die Fahrer und schon gar nicht die Insassen auf den Rücksitzen. Nicht diese, in ihren lächerlichen Kostümierungen.
    Einer, den er zu kennen glaubte, trug einen einfachen Anzug aus leichtem Stoff, er kam auf ihn zu und machte schon in einiger Entfernung eine Geste, die bedeutete, er solle die Seitenscheibe herunterlassen.
    Er tat es, legte dann den linken Arm auf die Fensterfassung, schaute dem anderen entgegen.
    Als der Mann nahe genug war, seine Augen bedeckten eine Sonnenbrille, er trug einen fein rasierten Schnauzbart, roch er dessen kaltes Parfüm und hörte seine gefühllose Stimme. Sie jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er war an vieles gewöhnt, und er hatte selbst Dinge getan, die man nur verstecken konnte, aber diese Stimme kam nicht aus einer menschlichen Kehle.
    »Du willst aus der Gemeinschaft aussteigen«, sagte der Mann, von dem er noch immer nicht wusste, ob er ihn kannte. »Du willst dich an das klammern, was du Leben nennst. Das kannst du tun. Wir werden es dir gestatten. Aber zuvor wirst du für uns ein letztes Mal etwas erledigen.«
    Offensichtlich erwartete der andere keine Antwort. Also versuchte er auch keine.
    »In diesem Umschlag steht, was zu tun ist. Und keine Tricks. Überhaupt keine. Wir beobachten dich. Du hast lange geglänzt, das wollen wir nicht unterschlagen. Deshalb werden wir deinen Abschied dulden, obwohl unsere Statuten ihn nicht vorsehen, wie du weißt. Schon gar nicht mit solchen Zielen!«
    Der andere nahm die Sonnenbrille ab und sah ihn mit einem Blick an, der ihn zu verbrennen drohte. Der Mann überreichte ihm mit einer nachlässigen Bewegung einen braunen Umschlag. Dann machte er auf dem Absatz kehrt.
    Er schluckte. Er legte den Umschlag auf den Nebensitz. Es gab keinen Widerstand gegen sie. Hinter ihnen regierte niemand. Was immer sie wollten, es war endgültig. Und er würde es ausführen. Einmal noch, dann nicht mehr.
    Auch wenn sein Haar weiß war, weil sein bisher verstecktes Alter sich nun zeigen wollte und ihm die Kräfte entzog, er musste also noch einmal handeln. Er wollte wahrgenommen werden als jemand, der die Welt am Schluss verändert. Der sie bewegt. Aber nicht mit Worten bewegt. Worte waren wie ein Sauerteig, der die Mehlmasse des Lebens aufbläht.
    Das war seine Schwäche, das war sein Leben. So sah er sich selbst.
    Er war als Erlöser angestellt. Wo Gefahr ist, da wächst das Rettende auch, dachte er. Und er wollte sich ein letztes Mal in Gefahr begeben. Was danach kam, darauf war er selbst noch gar nicht vorbereitet.
    Der Wagenkorso fuhr rückwärts und öffnete ihm damit eine Gasse. Er hatte das Bild einer eisernen Gartenkralle vor Augen, die das Unkraut ausgerissen hatte und nun losließ.
    Er startete den Landrover und machte, dass er davonkam. Er blickte nicht in den Rückspiegel.

    Velsmann hatte durchgesetzt, dass sie Pausen einlegten. Sie würden nach jeder vollen Stunde in die Wohnküche gehen und eine kleine Erfrischung zu sich nehmen. Das hielt er vor allem für seinen Sohn für notwendig, denn Tibor sah bleich und übernächtigt aus. Er war abgemagert.
    »Die Schlüsselbegriffe dienen dazu, den Blick zu schärfen. Jetzt kommen wir zur Sache. Einige Wortpaare, also am Beispiel von Feuer und Wasser, kreisen um sich selbst. Manche kreuzen sich sogar im Textfeld, senkrecht oder diagonal. Und das ist kein Zufall.«
    »Diese Wortpaare führen einen Dialog?«
    »Genau. Ich kann Wortpaare isolieren, die zu einer Botschaft führen   …«
    »Mach nicht so viele bedeutungsschwangere Pausen, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
    »Das Ganze funktioniert zweidimensional im Textblock mit den in Buchstaben aufgelösten Wortreihen, die du hier siehst.«
    Velsmann nickte stumm. Weil Tibor das nicht sehen konnte, brummte er ein »Ja« hinterher.
    »Die Auswahl schaffe ich nach einer klar definierten Regel. Es tauchen zwei Personennamen im Text auf, sie sind meine Portalfiguren. Diese beiden Personennamen sind die einzigen, die sich, gemäß unseren Stichworten, als Kontrastpaare, als

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