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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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rief Je­sus, und ei­ne Trä­ne rann ihm über die Wan­ge. „Re­li­gi­on ist doch ein Prin­zip und kein Ge­setz. Je­ne, die den Weg noch nicht ge­fun­den ha­ben, soll­te man be­keh­ren und nicht ver­nich­ten. Wer hat dies ge­tan?“
    Bald fan­den sie es her­aus. Die Chris­ten wa­ren es ge­we­sen. Sie hat­ten ein Ab­kom­men mit Grac­chus, dem Stadt­prä­fek­ten Roms, ge­schlos­sen. Bald dar­auf er­folg­te die Ver­fol­gung der Mi­th­rais­ten im ge­sam­ten Kai­ser­reich, und die Re­li­gi­on wur­de zu­guns­ten des Chris­ten­tums ver­bo­ten.
    „Aber da­mit ha­be ich nichts zu tun!“ pro­tes­tier­te Je­sus. „Man kann doch die Re­li­gi­on nicht von der Mo­ral tren­nen! Wie kann man an­de­re in mei­nem Na­men ver­fol­gen?“
    Aber es war so. An­de­re Re­li­gio­nen teil­ten das Schick­sal des Mi­th­ra­is­mus, und das Chris­ten­tum do­mi­nier­te in Rom. Als man die nord­eu­ro­päi­schen Stäm­me chris­tia­ni­sier­te, brach­ten die­se je­doch ih­re heid­nischen Wer­te und heid­nischen Fei­er­ta­ge ein. Die­sen Fes­ti­vi­tä­ten ver­lieh man christ­li­che Na­men: Weih­nach­ten, Os­tern – aber sie blie­ben grund­sätz­lich heid­nisch, und von da­her wa­ren sie leicht zu kom­mer­zia­li­sie­ren.
    „An ih­ren Früch­ten sollt ihr sie er­ken­nen“, füg­te Je­sus trau­rig hin­zu. „Sie ha­ben aus mei­nem Tem­pel … einen Markt ge­macht!“ Aber ihm blieb nichts an­de­res üb­rig, als zu­zu­se­hen.
    Nun wur­den die Ju­den durch die Chris­ten ver­folgt, eben­so die Hä­re­ti­ker: an­de­re Chris­ten, die von der of­fi­zi­el­len Kir­chen­li­nie ab­wi­chen. Doch auch die Kir­che selbst war zer­strit­ten und spal­te­te sich ent­spre­chend dem Vor­bild des Rei­ches. Spä­ter schick­te man Ar­meen heid­nischer Chris­ten zu­rück ins Hei­li­ge Land, um die Nicht­chris­ten zu be­kämp­fen: die Kreuz­zü­ge.
    „Ich kann nicht ein­fach da­bei­ste­hen und zu­se­hen!“ rief Je­sus. „Wo ist das mit­füh­len­de Ver­ständ­nis, das ich ver­kün­det ha­be? Daß man an­de­re so be­han­delt, wie man sel­ber be­han­delt zu wer­den wünscht? Man hat mei­nen Na­men für ei­ne Mons­tro­si­tät miß­braucht! Ich muß ein­grei­fen …“
    Un­ge­ach­tet des­sen nahm die Ge­schich­te ih­ren Ver­lauf. Die Kir­che, die sich auf den Na­men Je­su be­rief, eta­blier­te sich, nur um sich in mensch­li­che (statt gött­li­che) Frag­men­te zu or­ga­ni­sie­ren. Es gab Strei­tig­kei­ten über das We­sen Chris­ti. Aus dem Haupt­stamm der Kir­che spal­te­ten sich die schis­ma­ti­schen Re­li­gio­nen ab: Aria­ner, Ne­sto­ria­ner, Mo­no­phy­si­ten. Schließ­lich spal­te­te sich die Kir­che sel­ber in einen öst­li­chen und einen west­li­chen Flü­gel – und in ka­tho­li­sche und pro­tes­tan­ti­sche Grup­pie­run­gen, die letz­te­ren noch in die ver­schie­dens­ten Sek­ten: Lu­the­ra­ner und Cal­vi­nis­ten, Epi­sko­pa­lis­ten, Pres­by­te­ria­ner, Pu­ri­ta­ner, Bap­tis­ten, Kon­gre­ga­ti­ons­lis­ten, Quä­ker und Me­tho­dis­ten – und so wei­ter und so fort, bis man kaum noch einen Über­blick hat­te. Das neun­zehn­te und zwan­zigs­te Jahr­hun­dert sa­hen kein En­de die­ser Auf­split­te­rung, bis das Gan­ze schließ­lich zu der Si­tua­ti­on auf dem Pla­ne­ten Ta­rot kul­mi­nier­te.
    „Nein, nein!“ rief Je­sus. „Bei die­sen Frag­men­ten bin ich kei­nes­wegs si­cher, ob sie mit mei­ner Bot­schaft noch et­was zu tun ha­ben. Geh zu­rück – ich möch­te mit je­man­dem re­den, ehe …“
    Sie gin­gen zu­rück. „Hier“, sag­te Je­sus, mehr oder min­der will­kür­lich. Die Ge­schich­te blieb ste­hen.
    Frank­reich und Eng­land, zwei christ­li­che Na­tio­nen, la­gen mit­ein­an­der im Krieg. Der Mehr­heit der Be­völ­ke­rung in bei­den Län­dern ging es im­mer schlech­ter. „Wenn ich hier ein­grei­fen und sie auf­hal­ten kann …“ sag­te Je­sus mit ver­zwei­fel­ter Hoff­nung. „Ich kann nicht un­tä­tig da­bei­ste­hen; ir­gend et­was muß ich un­ter­neh­men.“
    „Du kannst aber nichts tun“, wies ihn Bru­der Paul zu­recht. Er be­griff Je­su Schmerz, be­zwei­fel­te aber, daß es selbst in ei­ner Ani­ma­ti­on mög­lich sein könn­te, das

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