Die Visionen von Tarot
Rechtsanwalt wollte sich weiter rechtfertigen, daher fragte er: „Und wer ist mein Nächster?“
Jesus antwortete: „Es gab einmal einen Mann, der machte eine Geschäftsreise von New York nach Washington. In einem Restaurant machte er Station, um etwas zu essen, und als er zu seinem Auto zurückkehren wollte, erhob sich ein Dieb vom Rücksitz, legte ihm eine Pistole an die Schläfe und zwang ihn, in ein einsames Tal zu fahren, wo er ihn in den Bauch schoß, seine Brieftasche mit all seinem Geld und den Ausweisen nahm und in seinem Wagen fortfuhr. Den Mann ließ er sterbend zurück.
Zufällig kam ein Priester durch dieses Tal, und ersah den Mann, schritt über ihn hinweg und ging weiter, wandte den Blick von dem Blut ab und murmelte, daß er zu spät zum Gottesdienst kommen würde. Dann kam eine junge Frau vorbei, eine Sekretärin; sie hörte ihn stöhnen und war erschrocken, und dann machte sie einen Bogen und lief so rasch wie möglich weiter. Dann kam ein Müllmann, der, wie es sein Beruf so mit sich brachte, stank, ein Sohn der Rasse Kains, schwarz wie eine geteerte Feder. Als der Verwundete ihn sah, sagte er bei sich: ‚Und dieser Nigger gibt dir wahrscheinlich den Rest!’
Aber dem Schwarzen war es in der Vergangenheit auch schon übel ergangen, und er hatte Mitleid mit dem Geschäftsmann. Er blieb stehen, säuberte die Wunde, hob ihn auf, legte ihn in die Müllkarre und fuhr ihn zu einem Arzt. Er sagte: ‚Ich kenne diesen Typen nicht, aber er braucht Hilfe. Wenn er nicht bezahlen kann, stehe ich dafür ein am nächsten Zahltag. Hier sind erst einmal fünf Mäuse.’“
Jesus wandte sich zu dem Rechtsanwalt. „Und wer, glaubst du, war von diesen drei Leuten dem Leidenden der Nächste?“ Sagte der Rechtsanwalt: „Der Nigger.“ Da sagte Jesus zu ihm: „Geh hin und tue desgleichen.“
Bruder Paul stand mitten im Chaos sich verschiebender Animationen. Jesus war verschwunden – mit Sicherheit in die Hölle –, aber wo war Lee? War er aus der Animation herausgegangen – oder in dem selbstgeschaffenen Inferno steckengeblieben?
Es schien unklug, es dem Zufall zu überlassen. Es war möglich, eine Animation mehr oder minder durch Eigenentscheidung zu stoppen, aber wenn man einmal darinnen war, wurden Kontrolle oder Ausstieg problematisch. Es war, als würde man ein Flugzeug besteigen – wie er es schon getan hatte! –, das sich als das falsche Gefährt herausstellt, und man kann vor der Landung nicht mehr aussteigen. Lee würde der Hölle, wo immer sie sein mochte, ob Fegefeuer oder nicht, ohne Hilfe nicht entkommen können.
Bruder Paul konzentrierte sich auf ein im wahrsten Sinne unbekanntes Objekt: Lees mögliche Vorstellung von der Hölle. Es war vermutlich eine recht künstliche, wörtliche Vorstellung, eindeutig christlich, aber nicht notwendigerweise mormonisch, denn das wäre zu offensichtlich. Was für eine Hölle würde sich ein Mormone wohl für Jesus Christus vorstellen? Dorthin mußte Bruder Paul sich wenden.
Um ihn herum bildete sich ein Szene. Es war ein Feld, das nur zur Hälfte gepflügt war, etwa ein Fünftel Hektar groß. Jenseits, vermutlich in östlicher Richtung, erhob sich die Sonne. In der Ferne sah er einen Turm, der direkt unter der Sonne zu stehen schien – vielleicht der gleiche Turm, den er bei der ersten Tarotvision gesehen hatte. „Der Turm der Wahrheit“, murmelte er.
Er blickte nach Westen und sah ein tiefes Tal mit gefährlichen Sümpfen und einem häßlichen Gebäude an der tiefsten Stelle. Sein Feld lag zwischen Turm und Senke, das einzige bebaubare Land in Sichtweite. Aber er hatte weder Pferd noch Ochse, um seinen Pflug zu ziehen. Er würde zu einem Nachbarn gehen und dessen Gespann ausleihen müssen, und das bedeutete, das Feld ohne Bewachung zu
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