Die Visionen von Tarot
Wasser!“ schrie Mara. Ein schrecklicher Sturm bildete sich, und Regen strömte herab, verursachte sofort überall um sie her Hochwasser. Aber kein Tropfen durchdrang das Laubwerk des Baumes, und Siddhattha blieb ernst und trocken dort sitzen. Anstatt dessen trompetete Maras Elefant und tänzelte wie eine zimperliche Frau mit den Füßen im Nassen herum.
„Erde!“ schrie Mara. Und der Sturm verwandelte sich in einen Regen aus Felsen, Schlamm und Sand. Doch wiederum hatten auch diese Dinge keinen Einfluß auf den sitzenden Mann, der seit Bruder Pauls Auftauchen auf der Szene nicht seine Haltung verändert hatte. Die wenigen Steine, die durch das Laubdach schlugen, fielen wie harmlose Blumen zu Boden. Jene jedoch, die den Elefanten trafen, verursachten eine Panik; das arme Wesen tanzte unruhig hin und her und versuchte, sich zu schützen.
Mara wurde gallig. „Feuer!“ schrie er. Und glühende Kohlen kamen vom Himmel, setzten das Gras und die Büsche um den Baum herum in Brand und fielen zischend in den Fluß. Siddhattha hatte keine Angst, und so war er unverletzlich.
„Ihr habt dem Angriff der vier Elemente standgehalten“, sagte Bruder Paul. „Ihr habt den Bösen geschlagen.“
„Nein, die Schlacht beginnt erst. Nun wird er meinen Geist belagern.“
Mara machte eine Handbewegung, und das helle Mondlicht verschwand und hinterließ totale Finsternis in der Welt. Doch von dem Baum ging ein Glühen aus und ließ dort alles sichtbar bleiben. Aus der Dunkelheit bellte Mara: „Siddhattha, steh auf. Es ist mein Platz und nicht der deine!“
Der Sitzende schüttelte lediglich verneinend den Kopf.
„Ich bin der Prinz der Welt!“ rief Mara. „Ich halte das Rad über Leben und Tod!“ Das Licht kehrte zurück und enthüllte, daß er direkt hinter dem Baum stand und ein riesiges Rad mit fünf Speichen umklammerte, so daß nur Kopf, Füße und Hände um den Rand herum sichtbar waren. Sein Körper war sonderbarerweise nicht zu sehen; den Radmittelpunkt erfüllten sich bewegende Bilder.
„Das Rad des Werdens“, stimmte Siddhattha zu. „Auf jedem Neugeborenen liegt die Hand des Todes. Aber ich werde nicht sterben, oh Böser, bis ich meinen Auftrag im Leben vollendet habe.“
„Und wie ist dieser Auftrag, oh Unwissender?“ fragte Mara spöttisch.
„Die Wahrheit zu verbreiten“, antwortete Siddhattha einfach.
„Welche Wahrheit?“
Siddhattha, der sich bislang so gut geschlagen hatte, wußte keine Antwort. Bruder Paul erkannte dies als eine weitere Variation der Beschimpfungskanonade, wobei der Buddha den Beleidigungen sanfte Erwiderungen entgegensetzte. Aber nun befand er sich in Schwierigkeiten.
Mara trat vor und brachte sein Rad. Es war ein eindrucksvolles, unheimliches Ding; die verschiedenen Teile drehten sich in unterschiedlichen Richtungen und verwirrten den Blick „Wenn du nicht antworten kannst, du runzliger Asket, dann ist der Sieg mein!“ Der Spieler war natürlich Therion, und er genoß seine Rolle.
Siddhattha blickte zu Bruder Paul. „Freund, ich fürchte, ich habe die Schlacht verloren, denn die Wahrheit ist noch nicht über mich gekommen, und Mara muß seine Antwort haben.“
„Aber der Böse wird nur Böses in die Welt bringen“, sagte Bruder Paul, als könne dies helfen. „Er kontrolliert das Rad des Werdens, und er ist der Prinz der Welt. Nur Eure Güte kann ihn aufhalten.“ Er legte seine Hand auf die schmale Schulter Siddhatthas.
Bei diesem Kontakt geschah etwas. „Ich fühle … den Geist Gottes“, sagte Siddhattha verwundert. „Bist du ein Bote von …“
„Nein, nein“, gab Bruder Paul hastig zurück. Es war der Kontakt der Aura gewesen, die der Mann gespürt hatte. „Ich bin nur ein weiterer Suchender.“
Doch es
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