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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ein schwie­ri­ger Leh­rer.“
    „Das stimmt“, mein­te Sid­dhat­t­ha nach­denk­lich. „Als ich noch ein Prinz war, ging ich ein­mal auf die Jagd. Ich sah einen Mann, der war nur noch Haut und Kno­chen und wand sich vor Schmer­zen auf dem Bo­den. ‚Warum?’ frag­te ich ihn. ‚Al­le Leu­te wer­den ein­mal krank’, sag­te man mir. Aber ich in mei­nem be­schütz­ten Le­ben hat­te so et­was noch nicht er­fah­ren, und es mach­te mich sehr trau­rig. Am nächs­ten Tag traf ich einen Mann, der war so alt, daß sein Rücken wie ein ge­spann­ter Bo­gen ge­krümmt war, und sei­ne Hän­de zit­ter­ten wie Palm­we­del im Wind, so daß er auch mit Hil­fe zwei­er Stö­cke kaum lau­fen konn­te. ‚Warum?’ frag­te ich wie­der­um. ‚Er ist alt; al­le Men­schen wer­den alt’, sag­te man mir. Wie­der wur­de ich trau­rig, denn ich kann­te nur Ju­gend. Am nächs­ten Tag sah ich ei­ne Be­gräb­nispro­zes­si­on und ei­ne Wit­we, und meh­re­re Wai­sen folg­ten dem Leich­nam. ‚Warum?’ ‚Der Tod trifft je­den.’ Das ent­setz­te mich, denn ich hat­te noch nie­mals über die Rea­li­tät des To­des im Men­schen nach­ge­dacht. Ich kann­te so we­nig vom Le­ben und den Men­schen; mein Le­ben hat­te ich mit al­ber­nen Ver­gnü­gun­gen ver­bracht. Warum ging es mir so gut, wo doch die an­de­ren lit­ten? Ich be­griff nun, daß ich die Aus­nah­me war und die große Mehr­heit krank und arm. Das er­schi­en mir nicht rich­tig. Aber noch wäh­rend ich dar­über nach­dach­te, gab mei­ne schö­ne Frau ei­ne Ge­sell­schaft mit vie­len hüb­schen Mäd­chen, die san­gen und tanz­ten, und die­se Mu­sik ver­grö­ßer­te mei­ne Ver­wir­rung nur noch. Als mei­ne Fa­mi­lie dies merk­te, nah­men sie an, die Dar­bie­tung sei nicht rich­tig, und man ließ die Mäd­chen mit der­ar­ti­ger Hef­tig­keit und Leb­haf­tig­keit auf­tre­ten, daß sie an­schlie­ßend vor Er­schöp­fung zu­sam­men­bra­chen. Wie sich ih­re Schön­heit ge­wan­delt hat­te! Am nächs­ten Tag ging ich auf den Markt­platz und sah dort un­ter den Kauf­leu­ten einen al­ten Mönch in gro­bem, gel­ben Ge­wand, der um Es­sen bet­tel­te. Wenn er auch alt, krank und arm zu sein schi­en, so wirk­te er doch ru­hig und glück­lich. Da be­schloß ich, so wie er zu wer­den.“
    „Ich glau­be, in die­sem Au­gen­blick habt Ihr große Er­leich­te­rung ge­fun­den“, sag­te Bru­der Paul. „Viel­leicht kann man die letzt­end­li­che Wahr­heit nur im ei­ge­nen Her­zen fin­den.“ Das war ein Quä­ker­glau­be, fiel ihm ein.
    Sid­dhat­t­ha wand­te sich ihm zu. „Das ist ein sehr reiz­vol­ler Ge­dan­ke. Ich fra­ge mich, was ich wohl fin­de, wenn ich ein­fach un­ter die­sem Baum sit­zen blei­be, bis ich in mei­ner ei­ge­nen See­le die Wahr­heit her­aus­ge­löst ha­be.“
    Der Bam­bus­baum! Bru­der Paul fiel es wie­der ein: Er wur­de Baum der Weis­heit ge­nannt, denn dort hat­te Bud­dha sei­ne hei­li­ge Nacht ver­bracht und die wich­ti­ge Er­leuch­tung er­fah­ren. „Dann las­se ich dich bes­ser al­lein!“
    „Oh nein, mein Freund. Bleib bei mir, und su­che nach dei­ner Wahr­heit“, er­mu­tig­te ihn Sid­dhat­t­ha.
    Nun, warum nicht? Das war viel­leicht der di­rek­tes­te Weg zu sei­ner Ant­wort. Der Gott, den Bud­dha fand – das muß­te der Haupt­an­wär­ter für das Amt ei­nes Got­tes von Ta­rot sein.
    Die Däm­me­rung kam. Die Son­ne ging un­ter. Aber es war ih­nen nicht ver­gönnt, in Frie­den zu me­di­tie­ren. Ei­ne Grup­pe von Leu­ten nä­her­te sich dem Baum, und es war of­fen­sicht­lich, daß sie Bö­ses im Schil­de führ­ten. Drei wa­ren jun­ge, recht hüb­sche Frau­en, der Rest zer­lump­te Gro­bia­ne un­ter­schied­lichs­ter Er­schei­nung.
    Bru­der Paul sprang auf die Fü­ße und woll­te vor den Ein­dring­lin­gen war­nen, aber Sid­dhat­t­ha hielt ihn ab. „Das sind die Ko­hor­ten von Ma­ra, dem Bö­sen, der uns von un­se­rem Vor­ha­ben ab­brin­gen will. Sie­ben Jah­re lang ist er mir ge­folgt. Aber er kann uns kör­per­lich nichts an­ha­ben, so­lan­ge wir un­ter die­sem Baum blei­ben. Ver­su­che nicht, mit ihm zu kämp­fen, denn ge­nau das will er. Es ist nutz­los, dem Bö­sen mit Bö­sem zu be­geg­nen.“
    Stimm­te das? Bru­der Paul wich zu­rück,

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