Die Vogelkoenigin
Sie hielt kurz inne und drehte den Kopf zur Seite. »Allein, bedauerlicherweise«, fügte sie hinzu. »Das mit dem Sex wird wohl nichts mehr.« Sie winkte ab. »Wie auch immer. Ich werde morgen einen Riesenkater haben und extrem schlecht gelaunt sein. Ich werde alle Männer anpflaumen und die Megazicke rauskehren. Es wird fast so wie daheim sein, und das wird das einzige, erste und letzte Mal sein, dass ich mit alldem hier ausgesöhnt bin.«
Laura grinste. Ja, das war Zoe, wie sie leibte und lebte, zwar mit einem bitteren Unterton, aber das war ihr nicht zu verdenken. Ohne Maske hätte sie wahrscheinlich der Reihe nach alle Männer auf diesem Schiff vernascht. Wobei Laura sicher war, dass die Maske von ihr nur vorgeschoben war, denn den Blicken nach zu urteilen, mit denen ihre Freundin bedacht wurde, wäre den Elfen die Gesichtsverhüllung völlig egal. Dass Zoe von vornherein die Flinte ins Korn warf, sah ihr so gar nicht ähnlich. Das musste also einen anderen Grund haben, aber Laura würde nicht insistieren. Sowohl Zoe als auch sie hatten sehr viel durchgemacht, was sie verändert hatte. Sie würden darüber reden, wenn es an der Zeit war.
Aber was das Wichtigste dabei war und keineswegs selbstverständlich - sie waren immer noch Freundinnen. Laura konnte es spüren. Sie hatten sich voneinander entfernt, aber nicht viel. Grundverschieden waren sie ja stets gewesen, und sie harmonierten trotzdem.
»Na dann, viel Spaß. Ich freue mich schon auf deine Vorstellung morgen.«
»Ich werde mein Bestes geben.« Zoe lachte leise, griff nach dem Becher voll Wein und kippte ihn in einem langen Zug hinunter.
Wein und Rum durcheinander, und das nach nahezu alkoholfreien Wochen - wahrscheinlich dauerte es nicht lange, bis Zoe umkippte.
Die Soldaten des Prinzen, die am Ende des Decks vorn beim Bug saßen, hielten es wie Zoe, sie zechten und lachten und schlossen Blutsbrüderschaft mit Aruns Mannschaft. Laycham ließ sie gewähren. Er selbst saß still und in sich gekehrt da und nippte nur ab und zu am Wein.
Es war Milt, der die Unterhaltung wieder zum Thema brachte. »Eine meiner Fragen ist allerdings noch nicht beantwortet. Wir wissen jetzt von dem Notruf und dass es euch gelungen ist, hier anzukommen. Aber wieso seid ihr ausgerechnet zu den Felsen geflogen, wo wir um unser Leben kämpfen mussten?«
»Richtig!« Arun schnippte mit dem Finger. »Doch das ist schnell erklärt. Der Übergang geriet sehr schnell, ganz ohne Komplikationen. Wir waren beeindruckt von dem Anblick, der uns erwartete, da wir keinerlei Vorstellungen von diesem Reich hatten. Allein das war die Reise wert, dennoch konzentrierten wir uns auf den Grund unserer Anwesenheit. Zuerst mussten wir uns orientieren und vor allem nach Lan-an-Schie suchen.« Er füllte sich nach.
Laura vermutete, dass er einen ordentlichen Stiefel vertragen konnte. Aber einem Elfen machte das vermutlich ohnehin nicht viel aus, sie waren in vielen Dingen härter im Nehmen als Menschen. Auch was Krankheiten betraf ... Nun, sie waren eben unsterblich.
»Wir schickten ein Signal«, redete Yevgenji derweil weiter. »Das konnte zwar möglicherweise auch unliebsame Leute auf uns aufmerksam machen, aber wir wussten keinen anderen Weg.«
An dieser Stelle nahm Spyridon den Faden auf: »Zu unserem Glück wurde das Signal sehr schnell aufgefangen - und von einem Freund. Ein geflügelter Bote erreichte unser Schiff.«
»Ein Adler«, ergänzte Naburo nüchtern.
»Ein Adler der Iolair!«, rief Finn aus. »Was für ein Glücksfall.«
Arun war bereit, die Erzählung wieder zu übernehmen. »Es war kein Zufall, falls ihr das annehmen solltet. Der Adler teilte uns mit, dass er im Auftrag seines Anführers Sgiath geschickt worden sei.«
»Sgiath«, unterbrach Laura. »Hast du ihn getroffen?« Sgiath galt als der Gründer der Rebellenorganisation, aber gesehen hatte ihn niemand. Nicht einmal den vier Anführern war seine Identität bekannt. Das wäre ja eine Sensation! Doch Arun konnte ihre Erwartung nicht erfüllen.
»Nein, der Adler war sein Vermittler. Sgiath scheint permanent den gesamten Raum zu überwachen, überall Spione zu haben ... Jedenfalls fing er unser Signal ab und schickte sofort seinen Boten. Der klärte uns darüber auf, dass Lan-an-Schie mitsamt ihrem Ehemann verschwunden sei, dass Alberich nun auf dem Thron sitze und so weiter. Ihr wisst darüber ja besser Bescheid. Jedenfalls erfuhren wir so, dass der Notruf einen bedeutenden Zeitsprung unternommen hatte, bis er bei uns
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