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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Zunge.
    »Falls was?«
    »Falls sie nicht rauskommen wollen.«
    »Seid ihr völlig verrückt geworden? Ihr fackelt die Mühle ab und den ganzen Wald dazu.«
    »Die Ruine ist eh zu nichts mehr gut.«
    »Pack die sofort weg, sage ich!«, schrie Kiefer. Speicheltropfen landeten auf Henks Wange, doch der rührte sich nicht vom Fleck.
    »Sofort!«, schrie Kiefer, packte seinen Mitarbeiter an der Schulter und rüttelte ihn.
    »Immer mit der Ruhe, Alter«, entgegnete einer seiner Kumpanen in Tarnkleidung, der urplötzlich neben Henk aufgetaucht war. Kiefer hatte den Mann noch nie gesehen. Er packte Kiefers Handgelenk und bog es mühelos weg.
    »Das ist Kowalski«, erklärte Henk, »wir haben uns noch ein bisschen Unterstützung von außen geholt. Die Jungs haben Erfahrung mit so was.«
    »Erfahrung mit was? Wir brauchen keine Unterstützung!«, empörte sich Kiefer.
    »Abmarsch«, brüllte Kowalski direkt neben Kiefers Ohr. Hatte dieser Typ klammheimlich das Kommando übernommen? Hilflos sah Kiefer seinen Schäfchen nach. Er war es, der an ihrer Spitze marschieren musste. Eilig holte er die schwarze Nylontasche aus dem Kofferraum und trabte los. Als er vorne angelangt war, hing ihm bereits der erste Schweißtropfen von der Nase.
    Nun waren sie vollständig vom Wald umschlossen. An der Spitze palaverte man aufgekratzt und räumte Hindernisse aus dem Weg, weiter hinten erhoben sich die Stimmen von Henks Gesangsbrüdern zu einem Kampflied .
    Man reckte die Hälse, Kiefer zuckte zusammen, doch niemand hielt an oder gebot den Sängern Einhalt.
    Die Truppe ließ einen am Wegrand abgestellten metallicgrünen Mini hinter sich. Reifen und Kotflügel voller Schlamm, auf der Motorhaube eine große Delle, das Dach übersät mit Astbruch und Blättern. Doch das war nichts gegen den blauen Opel Omega. Keine zehn Meter weiter geparkt, war von ihm nur noch die untere Hälfte zu sehen. Das Dach war von einem umgestürzten Baum eingeknickt wie Aluminiumfolie auf einem Fertiggericht.
    Die Männer standen einen Moment lang schweigend da; jedem ging der gleiche Gedanke durch den Kopf – was war mit demjenigen passiert, der in dem Auto gesessen hatte?
    »Da vorne ist es«, teilte Kiefer überflüssigerweise mit, als das Anwesen in Sicht kam.
    Kowalski und ein unglaublich fetter junger Mann schraubten die Benzinkanister auf und öffneten die Verschlüsse von zwei Dosen Motoröl. Ein Pappkarton mit leeren Glasflaschen wurde neben die Kanister gestellt. Kowalski begann, ein Öl-Benzin-Gemisch in die Flaschen abzufüllen.
    »Hören Sie um Himmels Willen sofort damit auf!«, gebot Kiefer, aber das kratzte Kowalski nicht.
    »Wollen Sie die Drecksäue loswerden oder nicht?«
    »Vor allem wollen wir den Jungen lebend herausholen«, sagte Kiefer laut genug, dass alle es hören konnten. Henk musterte seine Fingernägel.
    »Wir passen schon auf«, murmelte Henks Kamerad.
    »Schluss damit. Sofort!« Kiefer trat mit dem Schuh gegen die Flasche, die Kowalski gerade in Bearbeitung hatte. Der bullige Mann fluchte und richtete sich auf. Er versetzte Kiefer einen Stoß gegen die Brust, sodass dieser stolperte und auf dem Hintern landete.
    »Mach das nicht noch einmal, Arschloch!«
    »Das werden Sie noch bereuen«, keuchte Kiefer, aber es klang nicht sehr überzeugend. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Wenn er jetzt das Gesicht verlor, konnte er sich nicht mehr im Dorf blicken lassen. Mit Ludwigs Hilfe richtete Kiefer sich auf, aber ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Knöchel. Er verzog das Gesicht.
    »Alles in Ordnung?«, fragte der Bäcker mit besorgter Miene.
    »Wir gehen jetzt und holen den Jungen da raus. Sieh du zu, dass keiner heimlich abhaut«, sagte Kiefer mit einem Seitenblick auf Henk. »Und wenn auch nur eine einzige Flasche fliegt, dann Gnade euch beiden Gott.«
    Kowalski schnaubte verächtlich, woraufhin Henk unsicher grinste.
    Kiefer lehnte sich auf den Gewehrkolben und benutzte die Browning in der Tasche als Stütze. Er wusste, dass der Lauf dabei Schaden nehmen könnte, doch er dachte nicht im Traum daran, sich wie ein Hilfsbedürftiger auf Ludwigs Schultern zu stützen, während sie das Haus stürmten.
    *
    Tibursky stand schwer atmend im Flur und hielt sich die Hüfte, um das Seitenstechen zu unterdrücken.
    »Sie wollen kurzen Prozess machen?«, stutzte Nora.
    Tibursky nickte.
    »Da draußen am Polizeiwagen sind Leute«, rief Rosen vom Wohnzimmer her: »Viele Leute!«
    Nora rannte zum Fenster. Etwa zwanzig Männer, die meisten davon in

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