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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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lang soll das noch so gehen?»
    Endlich ließ er sie herunter. Wencke spürte, wie das Blut, welches sich bei dem langen Kopfüber-Marsch hinter ihrer Stirn gesammelt hatte, warm in den Körper hinabsank. Ihre Beine fanden nur schwer in den Stand, sie musste sich an der bemoosten Hauswand festhalten.
    «Und was jetzt?», fragte sie, obwohl er ihr eigentlich unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er keine Worte duldete. Doch irgendwie wusste sie, es wäre bei weitem fataler, seinen Forderungen zu entsprechen, als sich ihnen zu widersetzen. Hatte Mattis seinen Stiefvater nicht mit einem Kriegshelden verglichen? Und begegnete man solchen Feldherren nicht miteinem ebenso großen, wenn nicht sogar größeren Waffenarsenal? Natürlich war Wencke alles andere als in der Lage, es mit ihm aufzunehmen – er war zwei Köpfe größer, wog sicher doppelt so viel und hatte keine vorzeitigen Wehen, die den Körper in Beschlag nahmen. Trotzdem war Wencke sich sicher: Würde sie die weiße Fahne schwenken, hätte sie ihre einzige Chance vertan. Also wagte sie den nächsten Satz: «Was für ein Unglück sollte denn Ihrer Meinung nach geschehen, wenn ich nicht das mache, was Sie von mir verlangen?»
    Er hielt ihren Arm fest, und sie spürte seine Wut über ihre Respektlosigkeit, die er anscheinend nicht gewohnt war. Damit hatte er sicher nicht gerechnet. «Du bist genau so eine Person, mit der meine Frau besser nichts zu tun hat. Du und dieser Seelenklempner, dieser Vilhelm.»
    Er duzte sie hartnäckig. Obwohl Wencke wusste, er wollte damit demonstrieren, wie klein und hilflos sie neben ihm wirkte, beließ sie es weiterhin bei der förmlichen Anrede. Ein «Du» hätte auch zu vertraut wirken können. Und das wollte sie nicht. Ihr war klar, dieser Mann war ein Stratege. Hier kam es drauf an, dass man nicht falsch reagierte, oder vielmehr: dass man besser taktierte. Eine kleine Schlacht, in der auch mit kleinen Worten gekämpft wurde.
    «Sie irren sich! Nina und ich sind lediglich Tischnachbarinnen. Wir hatten kaum etwas miteinander zu tun. Am dritten Kurtag ist sie einfach verschwunden, da habe ich mir Sorgen gemacht. Und mich etwas um Mattis gekümmert, der ganz durcheinander war. Doch inzwischen ist die Polizei in Alarmbereitschaft, sie suchen nach Nina, bestimmt werden sie sie bald   …»
    «Du plapperst ununterbrochen!», regte er sich auf und verstärkte den Griff. «Und dann lügst du noch das Blaue vom Himmel herunter. Willst du mich für dumm verkaufen, oder was?»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Ich habe mir doch den ganzen Scheiß durchgelesen. Die Akte meiner Frau, von vorn bis hinten, das ganze Gesülze, das meine Frau bei diesem Psychoheini losgelassen hat. Von wegen, ich würde sie   … alles Schrott!»
    «Ja, aber Ihre Frau ist hierher gekommen, weil sie für sich und ihr Kind   … Ihr gemeinsames Kind   …»
    «Unser gemeinsames Kind? Pah! Einen Bastard schleppt sie mit sich herum.»
    «Aber mir hat sie erzählt   …»
    Er fuhr zu ihr herum, fasste auch den anderen Arm, noch härter, sie standen wie zwei Tanzpartner voreinander, die die ersten Schritte übten, doch er fügte ihr Schmerzen zu mit seinem Griff. Und er jagte ihr Angst ein mit seinem Blick, der grau und spitz auf sie gerichtet war. «Ich weiß, was sie dir erzählt hat. Stand alles in der Akte. Sie hat gesagt, dass sie dich bewundert, weil du so stark bist und ihr Mut zusprichst, wenn sie verzweifelt ist. Und noch mehr so ’n Quatsch.»
    «Jemand hatte Nina einen Zeitungsartikel zugesteckt, um ihr Angst zu machen. Waren Sie das?»
    «Nein, ich mache nicht so beschissene Sachen, Zettel verstecken und so. Ich mache es wenn, dann richtig.»
    «Daran habe ich keine Zweifel!»
    «Ich hätte ihr gleich einen vor den Latz geknallt, wenn ich gewusst hätte, dass sie schwanger ist. Ich verarsche meine Frau nicht.» Selbstgerecht zeigte er seine Zähne, es sollte wohl ein Lächeln sein. «Nicht so wie du, Wencke Tydmers!»
    «Wie kommen Sie darauf, dass ich   …»
    «Du bist eine lächerliche Person. Überhaupt nicht stark. Überhaupt kein bisschen besser als meine Frau. Lebst mit dem einen Kerl zusammen und treibst es mit dem anderen. Genau wie Nina. Hast auch einen Bastard im Bauch und Schiss davor, wie es weitergehen soll. Frau Hauptkommissarin!» Ironischschlug Pelikan die Hacken zusammen und salutierte, die andere Hand immer noch fest um Wenckes Arm gedrückt. Er lachte laut und hässlich.
    Warum lebt Nina mit diesem Menschen zusammen?, ging es

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