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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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eigentlich er hätte erledigen sollen.
    »Danke.« Agnes wusste zwar nicht, ob das eine kluge Antwort war, aber etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Ichbin heute nur in vier Magazinen gewesen, schärfte sie sich ein, nicht in fünf, sondern in vier. »Aber das letzte Lager habe ich nicht geschafft, das muss ich morgen machen.« Agnes blickte auf ihren Zettel. »Nummer drei.« Sie wusste, dass auf dem Schlüssel eine Fünf stand, aber es lag ja näher, auf die Liste zu schauen. Sie hoffte jedenfalls, dass es plausibel wirkte. Leider stand dieses Magazin mitten auf der Liste.
    »In diesem Lager sind Sie also nie gewesen?« Der Kaufmann musterte sie, und Mauritz ließ sie nicht eine Sekunde aus den Augen.
    »Wenn Sie wollen, kann ich es sofort machen, sobald ich hier abgeschlossen habe.«
    Keiner von beiden antwortete. Sie sahen sie nur an.
    »Darf ich mal die Aufstellungen aus den anderen Lagern sehen?« Kaufmann Widell streckte die Hand aus.
    »Natürlich, bitte sehr.« Agnes reichte ihm die vier zusammengerollten Bögen Papier. Im Schein der Tranlampe sah er sich einen nach dem anderen genau an. Warum hatten sie die Tür zugemacht? Wollten sie ihr Angst einjagen? Wenn, dann war ihnen das gelungen. Wenn sie Agnes hier umbrachten, konnten sie sie mit Leichtigkeit in ein Fass stecken und sie unbemerkt verschwinden lassen. Sicherheitshalber konnten sie das Fass sogar mit Bier füllen. Nur Oskar würde irgendwann nach ihr suchen und fragen, wo sie abgeblieben war. Sie dachte an ihre Großmutter und streckte den Rücken.
    »Ich bitte um Verzeihung, aber es dauert seine Zeit, alles durchzusehen, und ich würde es gern gründlich machen. Falls Ihnen das lieber ist, nehme ich mir auch das letzte Magazin gleich heute Abend vor.«
    »Wie kommt es, dass Sie sich nicht an die Reihenfolge auf der Liste gehalten haben?«
    Das war ein wichtiger Punkt. Das Lager mit der Schmuggelware stand an dritter Stelle, also mitten aufder Liste. Warum um alles in der Welt hatte sie die Nummer drei übersprungen und sich erst die Lager vorgenommen, die davor und dahinter aufgelistet waren?
    »Die Adressen sagen mir nicht viel. Für Leute, die hier aufgewachsen sind, ist es sicher ganz einfach, aber ich bin einfach zu denen gegangen, von denen ich annahm, dass ich sie am leichtesten finden würde.«
    Sie hoffte, dass die beiden diese Erklärung akzeptieren würden. Von dem gestrigen Bier und dem Branntwein war ihr Gehirn ganz träge. Agnes klopfte das Herz bis zum Hals. Sie zwang sich, nicht zu der geschlossenen Tür zu linsen.
    »Nun gut«, sagte Kaufmann Widell, ohne zu lächeln. »Das sieht alles in Ordnung aus, und ich muss zugeben, dass ich selbst nur drei Magazine an einem Tag schaffe.«
    »Aber Vater …« Mauritz wirkte nicht so überzeugt wie sein Vater. Agnes bemühte sich, unbeteiligt zu wirken.
    »Gehen Sie jetzt nach Hause. Mauritz und ich übernehmen das letzte Lager.«
    »Danke.« Agnes übergab Kaufmann Widell die Schlüssel. Anschließend ging sie entschlossenen Schrittes auf die Tür zu. Mauritz öffnete sie widerwillig. Draußen war es nun dunkel, aber längst nicht so unheimlich wie in dem finsteren Magazin. Agnes versuchte, möglichst ruhig zu gehen. Nicht zu schnell und nicht zu langsam.
    In den kommenden Tagen war Agnes als Erste im Kontor und unter den Letzten, die nach Hause gingen. Ganz allein blieb sie jedoch nie zurück. Seit der Entdeckung in dem Lager war die Arbeit nicht mehr dieselbe. Der Platz, an dem sie sich bisher sicher gefühlt hatte, erschien ihr nun äußerst gefährlich.
    Eines Abends frischte der Wind auf. Agnes fand keine Ruhe und ging in ihrem Zimmer auf und ab. Hin und wieder sah sie aus dem Fenster und blickte den Wolken hinterher, die über den Himmel jagten. Der Rauch ausdem Schornstein von Widells wurde sofort weggeblasen. Agnes schlug ihr Tagebuch auf und begann zu schreiben.
    Musste Oskar nicht inzwischen zurück sein? Zehn Tage waren seit dem Abschied vergangen. Zehn lange Tage und ebenso viele Nächte. Sie fragte sich, ob er sie genauso vermisste wie sie ihn. Und Vater? Was hatte er gesagt? Hatte er Oskar überhaupt empfangen? Das musste er wohl getan haben, denn wo sollte er sonst sein?
    Mitten in der Nacht klopfte es an ihre Tür. Verschlafen öffnete sie die Augen und setzte sich kerzengerade im Bett auf. »Agne? Mach auf, schnell!« Wieder wurde an die Tür gepocht. Sie hatte Mauritz’ Stimme erkannt. Sie waren ihr auf die Schliche gekommen. Nun kamen sie, um sie zu holen. Ein anderer Grund,

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