Die Wächterdämonen: Das Dämonensiegel (German Edition)
nicht. Die Dämonen waren zu sehr von sich überzeugt, um vorurteilsfrei zu sein, und bei ihrem ersten Kontakt hatte Dantalion ihn ja auch als wertlosen Menschen betitelt.
Andererseits ... so oder so könnten sie ihn jederzeit umbringen, ohne Spuren zu hinterlassen. Da waren seine eigenen vier Wände nicht mehr oder weniger gefährlich als diese hier.
Diese Überlegung verlieh ihm eine gewisse Sicherheit, und er schritt mit hoch erhobenem Kopf nach Leonard ins Haus.
„Wo geht es in den Keller?“, fragte er.
Statt einer Antwort deutete Leonard ihm wortlos eine Tür. Als Morten sie öffnete, sah er eine dunkle Treppe, die nach unten führte. Eine unangenehme Gänsehaut bildete sich auf seinem Körper. Zwar hatte er keine Angst vor dunklen, engen Räumen oder Kellergewölben, wohl aber davor, was er hier vorfinden würde.
Als er die Treppe zur Hälf te hinter sich gelassen hatte, hörte er einen entfernten Aufschrei. Diese Laute des Schmerzes führten ihn wie ein Radar immer näher an seinen Bestimmungsort heran durch ein weitläufiges Labyrinth aus Gängen. Schließlich kam er an einer Tür aus massivem Eichenholz an, die einen kleinen Schlitz zum Hindurchsehen besaß.
Damit hielt sich Morten allerdings nicht auf. Er gab der schweren Tür einen Stoß, die daraufhin mit einem rostigen Quietschen aufschwang. Mit einem großen Schritt war er in dem Raum, der ihn sofort an eine Folterkammer in einer mittelalterlichen Burg erinnerte. Fackeln hingen in schmiedeeisernen Gestellen an den Wänden und tauchten die Szene in ein unheimliches flackerndes Licht. Zwischen den Fackeln baumelten schwere Ketten mit Handschellen daran von der Decke, das schmutzige Weiß der Wände wurde von den unterschiedlichsten Peitschen unterbrochen, die dort mit Hufnägeln befestigt waren.
Mehr konnte Morten auf den ersten Blick nicht aufnehmen, denn seine Aufmerksamkeit wurde von einem hohen Sirren, einem fleischigen Knall und einem anschließenden gellenden Schmerzensschrei angezogen.
Damian stand etwas seitlich vor Tim Parker, der Morten im B ürohaus gefangen genommen hatte, und klopfte sich mit dem Griff einer neunschwänzigen Peitsche gegen seinen Oberschenkel.
„Ich warte immer noch a uf die Antwort!“, knurrte der Dämon in einem Ton, der Morten eine Gänsehaut über den Rücken jagte – und sicher keine angenehme. Er war schockiert von dem Anblick, der sich ihm bot. Noch nie hatte er eine so grausame Seite von Damian gesehen.
Unartikuliertes Gegurgel stellte die Antwort dar, allerdings offensichtlich die falsche, denn Damian hob die Peitsche ein weiteres Mal an.
Morten blinzelte den Mann an und empfand fast so etwas wie Mitleid, als ihm auffiel, wie zugerichtet er aussah. Aus seinem Mund troff Blut, und Morten überlegte, ob das von einer aufgeplatzten Lippe oder einem ausgeschlagenen Zahn stammte. Sein Blick wanderte ein Stückchen weiter nach oben und blieb an der gebrochenen Nase hängen. Das mussten unerträgliche Schmerzen sein, die dieser Tim gerade durchzustehen hatte. Er spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte, und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an.
Damian stand mit dem Rücken zu ihm und war wohl auch zu sehr mit dem beschäftigt, was er da tat – Tim Parker zu foltern. Er bemerkte ihn nicht.
Mortens Unwohlsein verstärkte sich bei dem Gedanken, dass es Damian Spaß zu machen schien.
So war es Dantalion, der Morten in Empfang nahm. Der Mann sah aus wie ein schwarzgeflügelter Engel, auch wenn seine vorangegangenen, abfälligen Bemerkungen diesen Eindruck schmälerten.
„Na, wen haben wir denn da?“, säuselte Dantalion in einem süßen Tonfall, der Mortens Zweifel über die Identität des Mannes geklärt hätte, hätte er welche gehabt. Diese Stimme, die ihre Botschaften wie klebrig-schweren Honig in seine Gehirnwindungen geschmeichelt hatte, war unverkennbar.
„Da ist ja der Grund dafür, dass der arme Tim so zugerichtet ist.“
Nun drehte sich Damian zu Morten um und betrachtete ihn mit großen Augen. Er schien nicht begeistert zu sein über einen weiteren Gast.
„Was machst du hier?“
„Ach, ich dachte, ich komme euch mal besuchen“, antwortete Morten spitz, angestachelt durch die Wut und den Ekel. „Aber wie ich sehe, hast du schon jemanden zum Kaffee eingeladen. Was zur Hölle tust du da?“
Damian zuckte mit den Schultern, als wäre Folter das Natürlichste der Welt.
„Na, wonach sieht es aus? Ich bringe ihn zum Reden.“
„Ich dachte, Dantalion kann Gedanken
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