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Die Waffen des Lichtboten

Die Waffen des Lichtboten

Titel: Die Waffen des Lichtboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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übertönte das Blubbern der platzenden Blasen im Schlick. Die giftigen Gase stachen den Pferden in die Nüstern und ließen die Reiter ihre Köpfe abwenden, als Luxon – der wie ein zittriger Greis aussah – und seine Reiter sich auf den Weg zur zweiten Mautbarriere machten. Eine Pferdelänge hinter ihm lehnte Kalathee im Sattel. Auch sie sah aus, als könnte sie sich nur mit äußerster Willensanstrengung auf dem Rücken des Pferdes halten.
    Die Tiere schienen zu ahnen, was ihre Reiter wollten. Sie trotteten langsam dahin und ließen ihre Köpfe hängen. Um ihre Mäuler trocknete der gelbe Schaum. Breite Bahnen aus Schweiß sickerten durch das Fell, das von Staub und Sand einförmig gefärbt war. Die Sättel knirschten, die Tiere atmeten schwer, und der Männer bemächtigte sich ein erster Anflug von gespannter Unruhe.
    Kalathee fing diese Stimmung augenblicklich auf und wandte sich an Luxon. Leise sagte sie: »Wenn die Krieger nach dir suchen, Liebster, dann bedeutet dies nur eines.«
    »Algajar?« fragte er zurück und drückte nichts anderes als einen Teil seiner eigenen Befürchtungen aus.
    »Er muss dem Dämonental Deneba, der Geisterstadt des Himmelssteines, entkommen sein. Dann ritt er nach Hadam und berichtete alles dem Mörder deines Vaters.«
    Was für eine bemerkenswerte Frau! dachte Luxon. Alle anderen Frauen, die er entlang des wechselvollen und gewundenen Weges seines Lebens bisher kennengelernt hatte, würden sich ganz anders verhalten haben als sie. Seit einer kleinen Ewigkeit ritt sie neben und hinter ihm durch unbekanntes Land und hatte nichts anderes als ein Leben voller Gefahren. Die letzten Tage der Ruhe und Zweisamkeit lagen weit zurück – der Palast des falschen Croesus, nunmehr verlassen und leer, war bereits Vergangenheit. Ihre Leidenschaftlichkeit und ihre Liebe standen außer Zweifel.
    Trotzdem sah er auch in ihrer Beziehung deutliche Gefahren. Je näher sie sich kamen, je tiefer sie ineinander aufgingen, desto anfälliger wurden die gegenseitigen Abhängigkeiten. Gewohnheit war der langsame Tod einer jeden Liebe. Dicke Suppen im Kessel, so hatte Shakar einmal gesagt, pflegen leicht und schnell anzubrennen.
    »Was tun?« murmelte er im Selbstgespräch.
    »Sagtest du etwas?« fragte Kalathee sofort zurück. Sie war voller gespannter Aufmerksamkeit.
    »So, wie du es schilderst«, wich er aus, »kann es gewesen sein. Irgendwann werden wir es erfahren. Angst, liebste Kalathee?«
    »Halb Angst«, bekannte sie, »halb Vertrauen in unser Glück. Oder vielmehr in deines, denn bisher ließ es uns nicht einmal im Stich.«
    »Es wird uns auch weiterhin treu bleiben«, versicherte er mit halbherziger Zuversicht. »Nur noch diese Barriere!«
    Einige Schritte hinter Luxon und Kalathee ritt Fafhad, der rätselhafte Gomale. Er hob seinen knorrigen Stock und berührte mit der glatten Knolle leicht die Schulter des Anführers. Luxon fuhr blitzschnell im Sattel herum. Seine Augen begegneten einem kühlen Lächeln des Fremden.
    »Ja?«
    »Wenn wir diese Mautstelle passiert haben, ohne dass man uns in einen Kampf verwickelt hat«, brummte der Mann mit dem struppigen Bart und setzte eine schwer zu deutende Miene auf, »muss ich mit dir sprechen.«
    »Nicht jetzt? Hat es noch Zeit, bis wir auf die ersten Aasgeier Hadamurs stoßen?« fragte Luxon.
    »Nein. Zweimal nein«, entgegnete Fafhad. »Es wäre sinnlos. Ich habe erkannt, dass du sehr gut verstehst, auf dich selbst zu achten. Trotzdem meine ich, dass eine tiefe Unterhaltung unter vier Augen zwischen uns beiden noch zu früh wäre. Hab Geduld, Luxon. Ich will dir nichts Böses.« Und nach kurzem Zögern fuhr er fort: »Und auch mein Herr will dir nichts Böses. Aber er ist auf seine Art hart und unbeugsam.«
    »Ein Land voller geheimnisvoller Vorgänge«, meinte Luxon achselzuckend, »das Menschen hervorbringt, die in unverständlichen Redewendungen sprechen!«
    »Warte es ab!« prophezeite Fafhad und wickelte seinen Schal enger um seine Kehle und um den Kopf.
    Schweigend und langsam setzten die knapp zwei Dutzend Reiter ihren Weg fort. Je tiefer die Straße die Reiter hinunter zu den schlammigen Teichen führte, desto lauter und besser verständlich wurden die Geräusche und das Geschrei, das zwischen den Erdwällen herrschte. Die ersten Reiter verließen bereits die Sperre und galoppierten davon, als säßen Dämonen hinter ihnen in den Sätteln. Trotzdem schafften es die Männer, den Eindruck hervorzurufen, den Luxon ihnen befohlen hatte: Sie

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