Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
Vom Netzwerk:
sich in so vielen kleinen Dingen um sie kümmern zu dürfen – und jetzt endlich konnte sie es. Ich kriege ihn, mein Liebling. Nun dauert es nicht mehr lange .
    Ihr Handy klingelte, und sie wühlte in ihrer Handtasche hektisch danach, aus lauter Angst, sie könnte den Anrufer verpassen, und das blöde Dinge würde zu bimmeln aufhören, bevor sie es fand. Es musste Rodney sein! Wer sonst würde sie um diese Zeit anrufen? Ob er schon Neuigkeiten hatte? Aber dafür war es bestimmt noch zu früh. Nein, er konnte es eigentlich nicht sein.
    »Hallo?«
    Sie sah den Namen auf dem Display, bevor sie sich meldete. Rob. Nicht Rodney. Das Ro … hatte sie ganz kurz hoffnungsfroh gestimmt.
    »Mum? Alles in Ordnung?«
    Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie enttäuscht sie war, dass nicht Rodney der Anrufer war.
    »Ja, alles in Ordnung, mein Lieber. Bin gerade auf dem Weg zur Arbeit. Was gibt’s?«
    Rob fing an zu sprudeln, während Rachel in Richtung Schulsekretariat ging. Sie kam an einem der Klassenzimmer einer ersten Klasse vorbei, wo durch die Tür ausgelassenes Kinderlachen drang. Sie spähte kurz hinein und sah ihre Chefin, Trudy Applebee, die, einen Arm hoch in der Luft, kreuz und quer durch das Klassenzimmer streifte, während die Klassenlehrerin sich die Hand vor die Augen schlug und nur hilflos lächeln konnte. War das eine Disco-Kugel, die da grelle Lichtblitze durch das Zimmer tanzen ließ? Tess Curtis’ kleiner Sohn würde an seinem ersten Schultag mit Sicherheit keine Langeweile haben. Dabei hätte Trudy heute eigentlich einen Bericht für das Kultusministerium abzufassen. Rachel seufzte. Sie würde ihr noch bis zehn Uhr Zeit geben und sie dann zurück an ihren Schreibtisch zerren.
    »Dann geht das also in Ordnung?«, fragte Rob. »Du kommst am Sonntag mit zu Laurens Eltern?«
    »Was sagst du?« Rachel war in ihrem Büro angekommen und stellte die Handtasche auf dem Tisch ab.
    »Ich dachte, du kannst vielleicht eine Pawlova mitbringen. Wenn du möchtest.«
    »Eine Pawlova mitbringen. Wohin noch gleich? Wann?« Sie hatte Rob nicht zugehört und wusste gar nicht, wovon er sprach.
    Sie hörte, wie er tief Luft holte.
    »Am Ostersonntag. Zum Mittagessen. Bei Laurens Familie. Ich weiß, wir hatten ausgemacht, dass wir zum Mittagessen zu dir kommen, aber das ist unmöglich zu schaffen. Wir haben vor New York noch jede Menge zu erledigen. Und so dachten wir, dass es praktischer ist, wenn du zu uns kommst. So könnten wir beide Familien auf einmal sehen.«
    Laurens Familie. Laurens Mutter war stets gerade im Ballett, in der Oper oder im Theater gewesen, und welches Stück auch immer sie gesehen hatte, es war extraordinär oder exquisit. Laurens Vater war pensionierter Anwalt, der stets ein paar Nettigkeiten mit Rachel austauschte, bevor er sich dann abrupt wieder abwandte mit einer höflichen Ratlosigkeit im Gesicht, als könnte er nicht ganz einordnen, wer sie war. Und immer saß auch irgendein Fremder mit am Tisch, irgendein schöner, exotisch aussehender Mensch, der die Unterhaltung dominierte mit endlosen Geschichten über eine eben erfolgte, höchst faszinierende Reise nach Indien, in den Iran oder sonst wohin, die offenbar alle außer Rachel (und Jacob) höchst spannend fanden. Anscheinend gab es ein endloses Angebot dieser illustren Gäste, denn Rachel hatte keinen davon zweimal getroffen. Es war, als würden sie als Gastredner eigens zu diesem Anlass gebucht.
    »Gut«, meinte Rachel resigniert. Sie würde sich um Jacob kümmern, mit ihm im Garten spielen. Ihr war alles recht, Hauptsache, sie hatte Jacob. »Ja, ich komme. Und ich bringe Pawlova mit.«
    Rob liebte ihre Pawlovas. Der Gute. Er schien nie zu bemerken, dass Rachels schiefe und wackelige Obst-Sahne-Torten ein eher derbes Beiwerk auf dem Esstisch seiner Schwiegereltern waren.
    »Übrigens, Lauren möchte wissen, ob du gern noch einmal welche von diesen Keksen … oder was das war haben möchtest, die sie dir neulich mitgebracht hat.«
    »Das ist lieb von ihr, aber die waren mir, ehrlich gesagt, ein bisschen zu süß«, antwortete Rachel.
    »Sie lässt auch fragen, ob du gestern Abend Spaß hattest auf der Tupper-Party.«
    Lauren muss Marlas Einladung gesehen haben, die auf dem Kühlschrank lag, als sie Jacob am Montag abgeholt hatte. Angeberin. Schau nur, wie interessiert ich am langweiligen Leben meiner betagten Schwiegermutter bin!
    »War perfekt«, sagte Rachel. Sollte sie ihm von dem Video erzählen? Würde es ihn aufregen? Ihn freuen?

Weitere Kostenlose Bücher