Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
kontrollieren konnte. Wütend nahm er die Fotos, zerriss sie und warf sie mit den Überresten des Sticks in den Papierkorb. Dann griff er zum Telefon. Er würde Emma anrufen. Jetzt gleich!
13
Emma saß mit Antonio Medici auf der Terrasse des Ritz, vor einem opulenten Frühstück. Antonio hatte Champagner bestellt. Zur Feier des Tages, wie er sagte. Emma hatte eigentlich überhaupt keinen Hunger, aber höflich, wie sie war, zerbröselte sie ein Croissant auf ihrem Teller und nippte an einer Tasse Tee. Antonio schaufelte ungeniert eine große Portion Rührei mit Speck in sich hinein. Er strahlte wie ein Honigkuchenpferd und machte Emma pausenlos Komplimente. Emma lächelte über seinen Eifer. Er war so lebenslustig und temperamentvoll.
Zum ersten Mal betrachtete sie ihn als Mann, der ihr gefallen könnte. Sie konnte nicht anders und verglich ihn mit Alex:
Er war nicht so attraktiv wie Alex, aber er war trotzdem gut aussehend. Als echter Italiener besaß er dichtes, schwarz glänzendes Haar und dunkle, glühende Augen, die im Augenblick heftig mit ihr flirteten. Er war ziemlich groß, hatte aber einen etwas massigen Körperbau mit einem kleinen Bauchansatz. Emma nahm sich vor, darüber großzügig hinwegzusehen. Er war ein stattlicher Mann und für viele Frauen bestimmt sehr attraktiv. Aber das Wichtigste war: Er hatte Humor, brachte sie zum Lachen und er war Sänger! Er liebte die Musik, genau wie sie.
Eine ältere, etwas korpulente Dame trat zögernd an den Tisch.
»Entschuldigung?«
»Ja?« Antonio reagierte ungehalten auf die Unterbrechung.
»Bitte verzeihen Sie, ich möchte Sie wirklich nicht stören, aber sind Sie nicht Antonio Medici?«
»Ja, der bin ich.« Antonio lehnte sich selbstgefällig in seinem Sessel zurück: »Was kann ich für Sie tun?«
»Oh, ich möchte nur…«, sie war sehr nervös und suchte nach den richtigen Worten: »Ich war letzte Woche in Mailand in der Scala. La Traviata von Verdi. Sie haben den Alfredo gesungen.«
»Ja?« Antonio war jetzt ganz Ohr und lächelte breit. Er wusste, was kommen würde.
»Und deshalb würde ich Sie gerne um ein Autogramm bitten. In Mailand gab es keine Autogrammstunde. Wären Sie so freundlich?« Mit vor Aufregung zitternden Händen hielt sie ihm ein Programmheft entgegen.
»Aber selbstverständlich bekommen Sie ein Autogramm von mir. Hat Ihnen der Abend denn gefallen?«
»Und wie!« Die Dame strahlte über beide Ohren. »Sie haben sich in mein Herz gesungen.«
Antonio genoss die Schmeicheleien und elegant setzte er seine Unterschrift auf sein Konterfei.
»Vielen, vielen Dank.« Die Dame war entzückt und presste das Programm an ihren gewaltigen Busen. Nur widerwillig konnte sie sich von Antonios Anblick lösen. Als sie endlich fort war, lehnte sich Antonio zufrieden zurück.
»Das passiert mir ständig. Die Ladys lieben meine Stimme.« Er lachte laut. »Und ich kann nichts dagegen tun.«
Emma lächelte verhalten. Antonio war sehr von sich überzeugt und wirkte in solchen Momenten doch etwas eitel. Sie fragte sich, ob sie sich daran gewöhnen würde.
Antonio wischte seinen Teller mit einem Stück Brot trocken und schluckte den letzten Rest Rührei. Dann räusperte er sich und griff in seine Jackentasche. Er legte ein kleines Schmucketui auf den Tisch.
Emma erstarrte. Was war das? War da drin etwa ein Ring? Sie war darauf vorbereitet, dass Antonio mit ihr flirten würde. Sie war darauf vorbereitet, sogar mit ihm zu schlafen. Aber was sollte das?
»Meine liebe Emma, Cara Mia, mein Zaubervögelchen, ich bin sehr glücklich, dass Sie heute hier sind.« Seine Finger spielten etwas nervös mit dem Kästchen, dann räusperte er sich erneut:
»Ich habe Sie beobachtet, Emma, all die Jahre, die wir uns jetzt kennen und ich möchte Ihnen sagen: Sie sind genau die Frau, die ich immer gesucht habe!«
Emma schluckte nervös. »Aber Antonio, wir kennen uns doch kaum!«
»Das spielt keine Rolle!« Er lächelte etwas gönnerhaft: »Ich kenne mich aus mit Frauen, glauben Sie mir!«
Emma wurde es abwechselnd heiß und kalt. Das glaubte sie ihm sofort.
»Und deshalb habe ich mich für Sie entschieden, Carissima! Ich kenne keine Frau, die so schön und gleichzeitig so… Wie sagt man?« Er suchte nach dem passenden Wort. »Sie sind so bescheiden.«
»Oh, vielen Dank, aber…«
»Sie sind anbetungswürdig, Emma! Eine Frau wie Sie will ich an meiner Seite haben! Und wir passen zusammen! Sie haben einen herrlichen Sopran, ich bin ein leidenschaftlicher
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