Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
kleine Feier mit den Künstlern und wir sind eingeladen.«
»Oh Gott, da kann ich nicht hin!«
»Oh doch, das kannst du! Du bist die Tochter deiner Mutter! Eine Cavendish kneift nicht!«
Emma starrte ihn an. Er hatte recht. Sie holte tief Luft, straffte ihre Schultern und hakte sich bei Dillingham ein. »Du hast Recht! Miss Briggs kann mich mal!«
»Natürlich kann sie das.« Dillingham zwinkerte ihr zu, Emma lächelte tapfer zurück, und an seinem Arm ging sie durch die tuschelnde Menge zurück in den Saal.
Alex saß in seiner Garderobe und starrte in den Spiegel. Er war gnadenlos aus der Kurve geflogen und alle hatten es gehört. Morgen würde es in jedem Feuilleton, auf jeder Kulturseite, in jeder Gazette zu lesen sein. Landons Abstieg hat begonnen! Er konnte bereits hören, wie sie sich die Mäuler über ihn zerrissen. Und nachher gab es auch noch diesen Empfang, auf dem er nicht fehlen durfte. Eine schreckliche Vorstellung!
Und dabei hatte er fantastisch gespielt. So gut wie nie zuvor. Dieses Klavierkonzert war eines der schwersten überhaupt. Es verlangte eine außergewöhnliche Virtuosität und hohe Konzentration von einem Pianisten. Versunken in Emmas Blick, hatte er mit einer Intensität gespielt, die ihm so noch nie gelungen war. Er war mit ihr verbunden gewesen, auf eine Art… Ihm wurde jetzt noch schwindelig, wenn er daran dachte. Aber dann hatte sie den Blick gesenkt. War ausgestiegen und er mit ihr. Verdammter Mist! Wie hatte er sich bloß so gehen lassen können? Wütend schlug er mit der Faust auf den Tisch.
Er hatte Emma sofort entdeckt, als er die Bühne betrat. Unübersehbar saß sie in der ersten Reihe. Bildschön in einem faszinierenden schwarzen Kleid, das ihre zarte Gestalt auf verführerische Art betonte. Sie hatte ihn angesehen mit diesem unnachahmlichen Blick ihrer blauen Augen. Und er war einfach in der Tiefe dieses Blaus versunken. Er rieb sich die Stirn. Großer Gott, er würde noch verrückt werden.
Er stand auf und lief nervös in der Garderobe auf und ab. Emma war hier und das war die Chance, die er nutzen musste. Er würde sie zwingen, mit ihm zu sprechen, um endlich alles zu klären. Und zwar wirklich alles! Erst die Vergangenheit und dann die Zukunft. Er atmete tief durch. Ja. Das würde er tun. Er musste es tun, denn erst dann würde er wieder Ruhe finden können. Er musste ihr endlich alles sagen, was er dachte und fühlte. Und sie würde ihm zuhören. Zuhören müssen! Und wenn er sie dafür festbinden musste! Nach dem Konzert würde er sie ansprechen und er würde nicht mehr zulassen, dass sie ihm auswich. Gut. Aber jetzt musste er sich auf den zweiten Teil des Konzertes konzentrieren. So ein Patzer durfte ihm nicht noch mal passieren.
»Na? Bist du jetzt zufrieden?« Cindy stand plötzlich in der Tür.
»Was?« Alex sah irritiert hoch.
»Emma Cavendish wird dich ruinieren. Jeder im Saal hat gesehen, wie du sie angestarrt hast. Da draußen zerreißen sie sich die Mäuler über euch. Und statt zu verschwinden, setzt sie sich wieder in die erste Reihe! Ich bin gespannt auf deine nächsten musikalischen Improvisationen.«
Alex wurde wütend. »Cindy, wenn du so weitermachst, werde ich mich tatsächlich noch mal verspielen!«
»Ich habe ihr gesagt, sie soll gehen, aber sie hat sich geweigert!«
»Was hast du?« Alex starrte sie fassungslos an.
»Ja!« Cindy reckte trotzig ihr Kinn. »Ich habe ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie hier nicht erwünscht ist.«
»Habe ich dich darum gebeten?«
»Nein. Aber da du scheinbar nicht mehr ganz bei Sinnen bist, brauchst du jemanden, der noch klar denken kann!«
»Cindy würdest du bitte aufhören, dich in meine Angelegenheiten zu mischen!«
»Diese Frau ist gefährlich, und sie ist eine Hure!«
»Was sagst du da?«
Cindy sah ihn erschrocken an. Die Hure war ihr herausgerutscht.
»Nichts. Ich hab nichts gesagt.«
Alex packte Cindy am Arm. »Jetzt pass mal auf! Emma Cavendish ist keine Hure! Und du wirst dich in Zukunft von ihr fernhalten. Lass Emma in Ruhe, habe ich mich klar genug ausgedrückt?!«
Cindy starrte ihn wütend an. Sein Griff schmerzte und ihre Eitelkeit war auf das empfindlichste getroffen. Sie war es gewöhnt, dass die Herren ihr zu Füßen lagen und sie anhimmelten. Normalerweise genügte ein Augenaufschlag und die Männerherzen flogen ihr zu. Doch bei Alex biss sie plötzlich auf Granit.
Aber sie würde nicht zulassen, dass er sie abservierte. Nicht, nachdem sie ihrer ganzen Familie und allen
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