Die Wahrheit über Alice
sagt sie. «Na los. Zusammen ist es lustiger.»
«Oh. Ich glaube, das ist nicht …» Ben schaut zu seiner Freundin hinüber. «Philippa und ich …»
Alice wirbelt auf dem Absatz herum und blickt Philippa an. «Hallo. Ich bin Alice.» Sie lässt Ben los und streckt Philippa
die Hand hin. Bei ihrem Händedruck lächelt Alice, und Philippa nickt förmlich.
«Ihr kommt doch zu uns an den Tisch, nicht?», sagt Alice. «Wenigstens ein Weilchen. Ben und ich haben uns seit Jahren nicht
gesehen. Wir haben uns bestimmt jede Menge zu erzählen.»
|106| Philippa und Ben willigen ein, und während sie ihre Sachen zusammensuchen, wirft Robbie mir einen Blick zu. Seine Miene drückt
eine Mischung aus Verärgerung und Fassungslosigkeit aus, und er verdreht die Augen. Die Kellnerin hilft uns, einen zweiten
Tisch an unseren zu rücken, damit wir zu fünft Platz haben.
Bis auf Alice, die gar nicht zu realisieren scheint, wie beklommen uns anderen zumute ist, und munter drauflosplaudert, sind
wir alle ausgesprochen still und verhalten, während wir an unseren Getränken nippen. Alice erzählt von dem Sommer, als sie
mit Ben zusammen war. Ben fühlt sich sichtlich unwohl in seiner Haut und lächelt Philippa jedes Mal entschuldigend an, wenn
Alice erwähnt, wie toll sie es fand, einen amerikanischen Freund zu haben, und wie gut ihr sein Akzent gefiel.
«Los, Leute, wir bestellen was zu essen», sagte Alice plötzlich. «Ich sterbe vor Hunger. Du bestellst für uns, ja, Robbs?
Du warst doch schon mal hier und weißt, was gut ist, oder?»
«Oh.» Philippa schüttelt den Kopf und wirft Ben einen panischen Blick zu. «Nein. Wir gehen lieber wieder an unseren Tisch.»
«Sei nicht albern.» Alice greift über den Tisch und legt ihre Hand auf Philippas. «Wir freuen uns alle so, euch getroffen
zu haben. Bitte bleibt und esst mit uns. Wir drei waren nämlich total gelangweilt und gereizt, bevor ihr zwei dazugekommen
seid. Wir gehen uns gegenseitig ganz schön auf den Senkel.» Alice wirft den Kopf in den Nacken und lacht. «Wir sind in letzter
Zeit einfach zu viel zusammen und können uns kaum noch ertragen.»
Alice lacht weiter, doch alle anderen schweigen. Ich blicke nach unten auf meinen Schoß und versuche, meine glühenden Wangen
zu verbergen. Ich fühle mich gedemütigt und bin wütend. Ich habe die Zeit mit Alice und Robbie so genossen und |107| war so glücklich darüber, wieder gute Freunde zu haben, dass ich mir durch Alice’ Bemerkung, ihre offenbare Geringschätzung
all dessen, was für mich inzwischen so kostbar geworden ist, lächerlich vorkomme und zutiefst gekränkt bin.
Ich bin sicher, dass Robbie gleichermaßen aufgebracht ist, weshalb ich es nicht fertigbringe, ihn anzusehen. Meine Demütigung
in seinen Augen gespiegelt zu sehen, wäre für mich unerträglich.
Ben sagt: «Klar essen wir mit euch. Schön, dass wir uns getroffen haben.» Seine Stimme klingt laut und übertrieben begeistert.
«Stimmt doch, nicht, Philippa?»
«Großartig. Wunderbar.» Alice lässt die Hand triumphierend auf den Tisch klatschen. Ihre Champagnerflasche ist leer, und sie
wirkt leicht angetrunken mit ihren roten Wangen und glänzenden Augen. Sie bekommt die Anspannung am Tisch überhaupt nicht
mit. «Wir brauchen noch was zu trinken», sagt sie. «Wir sitzen ja schon auf dem Trockenen. Robbie, was empfiehlst du als Nächstes?»
Robbie räuspert sich. «Ich nehme noch eine Cola.» Er lächelt Philippa und Ben gezwungen und verkrampft an. «Was wollt ihr?»
«Mehr Wasser?» Philippa hebt eine leere Karaffe hoch. «Wenn alle einverstanden sind?»
«Ben nimmt ein Bier», sagt Alice und stupst ihn grinsend an. «Was, Ben? He? Du bist keine Spaßbremse.»
«Klar.» Er nickt. «Gern. Ein Bier wäre prima.»
«Und mehr Champagner», sagt Alice und wirft Robbie einen Hundert-Dollar-Schein hin. «Noch eine Flasche.»
«Kommst du mit und hilfst mir tragen, Katherine?», fragt Robbie, als er das Geld nimmt. Seine Stimme ist hölzern und beherrscht.
Er sieht böse aus.
«Klar.» Ich beobachte Alice, als ich aufstehe. Sie ist seltsam |108| streitlustig, seit wir hier sind, und ich fürchte schon eine weitere aggressive Bemerkung, weil ich Robbie zur Bar begleite.
Aber sie hebt nur die Augenbrauen, beugt sich zu Philippa vor und würdigt uns nicht mal eines Blickes, als wir gehen.
Robbie und ich schweigen auf dem Weg zu Bar. Dort angekommen, schaut Robbie zurück zu unserem Tisch.
«Verdammte
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