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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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mir leid, sie ist
     deine Freundin, aber wieso legt sie irgendeinem Widerling, der mit einer anderen Frau essen ist, ihre Hand aufs Bein? Und
     warum um alles in der Welt macht sie das, obwohl sie einen so netten Typen wie diesen Robbie bei sich hat? Die beiden sind
     zusammen, nicht? Sollte man nicht meinen. Erst recht, wenn sie in seinem Beisein so heftig mit Ben flirtet. Aber er scheint
     richtig nett zu sein. Robbie, meine ich, nicht Ben. Ben ist ungefähr so nett wie eine Badewanne voll Blutegel.»
    «Robbie ist wirklich nett. Er ist sogar richtig lieb», sage ich rasch. «Und ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was mit Alice
     heute Abend los ist. Aber ehrlich, sie ist sonst nicht so. Sie ist eigentlich gar nicht so furchtbar.» Doch noch während ich
     das sage, merke ich, wie hohl und unwahr mir meine eigenen Worte in den Ohren klingen. So schlimm wie heute habe ich Alice
     wirklich noch nicht erlebt, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie schlimmer geworden ist, seit ich sie kenne. Je näher
     ich sie kenne, desto mehr Seiten entdecke ich an ihr, die mir nicht gefallen. Ich zucke die Achseln. «Tut mir leid. Sie war
     wirklich unangenehm. Dafür gibt’s keine Entschuldigung.»
    «Unangenehm?» Philippa starrt mich ungläubig an. «Un angenehm ? Entschuldige, aber unangenehm ist was anderes. Unangenehm ist ein heißer Westwind oder jemand, der schlecht gelaunt ist.
     Auf deine Freundin trifft das Wort nun wirklich nicht zu. Das richtige Wort wäre grausam. Oder bösartig. Oder gehässig. Oder
     alle drei zusammen.»
    Und obwohl ich mich allmählich frage, ob Philippa nicht vielleicht recht hat, spüre ich auch einen Anflug von Entrüstung.
     Alice ist schließlich meine Freundin, und es ist nicht fair |114| von Philippa, sie so hart zu verurteilen, und das auch noch so schnell.
    «So schlimm ist sie auch wieder nicht», sage ich. «Sie hat auch ein paar tolle Seiten. Sie kann unglaublich großzügig und
     charmant sein, wenn sie will. Und total lustig.»
    «Das konnte Adolf Hitler auch», sagt sie trocken. «Hör mal, ich will dich nicht kränken. Und ich sollte so was auch lieber
     nicht sagen, das weiß ich. Ich handele mir ständig Ärger ein, weil ich den Mund nicht halten kann. Aber so bin ich nun mal,
     ich kann mich einfach nicht bremsen. Wie auch immer, deine Freundin ist ein richtiges Miststück. Und ich glaube nicht, dass
     das heilbar ist.»
    «Was?» Ich klinge überraschter und gekränkter, als mir zumute ist.
    «Jawohl. Und ich weiß absolut, wovon ich rede. Ich studiere Psychologie.» Sie zuckt die Achseln. «Ich bin praktisch schon
     fertige Psychologin, daher kann ich auch eine Diagnose stellen: Alice ist ein Miststück. Ich glaube, sie hat psychische Probleme.
     Und du scheinst das bisher nicht erkannt zu haben.»
    Ich stehe da, stumm, perplex.
    Philippa beobachtet mein Gesicht und prustet dann los. «Okay. Sorry. Das war bloß ein blöder Witz. Ich meine, Alice ist auf
     jeden Fall ein Miststück, und ich studiere wirklich Psychologie, aber dass ich in der Lage bin, Diagnosen zu stellen, war
     natürlich Quatsch. Ich meine, dass sie kein guter Mensch ist, merkt jeder. Ich wollte es bloß irgendwie lustig rüberbringen.
     Dich aufheitern. Du siehst so ernst und durcheinander aus.»
    Ich wende mich ab, schaue geflissentlich in den Spiegel und bringe mein Haar in Ordnung. Ich bin durcheinander, da hat Philippa
     ganz recht, aber sie soll nicht merken, wie schlecht ich mich fühle, und ich will auf keinen Fall in ihrem Beisein weinen. |115| Ich müsste wütend sein und Alice in Schutz nehmen, aber sie hat sich heute Abend so unmöglich benommen, dass ich es Philippa
     kaum verübeln kann, so zu denken.
    «Ich bezweifele stark, dass du jemanden, den du gerade mal eine halbe Stunde kennst, auch nur annähernd richtig einschätzen
     kannst», sage ich daher, aber ich klinge nicht überzeugend. «Sie hat einfach einen schlechten Tag.»
    «Ich kenne sie genau genommen schon fast anderthalb Stunden.» Sie beugt sich direkt neben mir zum Spiegel und zwingt mich
     so, ihr in die Augen zu sehen. «Und ich weiß ja nicht, wie das bei dir ist, aber ich hatte auch schon oft schlechte Tage,
     und ich hab mich noch nie so benommen. Genauso wenig wie du, darauf würde ich wetten.»
    Ich will gerade erwidern, dass Philippa Blödsinn redet, dass Alice exzentrisch sein mag und ein bisschen egomanisch, aber
     dass sie kein schlechter Mensch und auch nicht krank ist. Und Robbie und ich sind auch keine naiven

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