Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
Katastrophe.«
Auszüge aus den großen Tageszeitungen
der Ostküste
10. Juli 2008
Auszug aus der New York Times
MARCUS GOLDMAN LÜFTET IM FALL HARRY QUEBERT DEN SCHLEIER
Das Gerücht, dass der Schriftsteller Marcus Goldman an einem Buch über Harry Quebert arbeitet, kursiert in Kulturkreisen schon seit einigen Tagen. Nun wurde es durch einige an die Öffentlichkeit gelangte Seiten des Werks, die am gestrigen Vormittag den Redaktionen zahlreicher nationaler Tageszeitungen zugegangen sind, bestätigt. Dieses Buch erzählt von den minutiösen Ermittlungen, die Goldman durchgeführt hat, um Licht in die Ereignisse zu bringen, die im Sommer 1975 zur Ermordung von Nola Kellergan geführt haben, einem Mädchen, das am 30. August 1975 verschwunden war und am 12. Juni 2008 in einem Waldstück nahe Aurora vergraben aufgefunden wurde.
Die Rechte hat sich für eine Million Dollar der mächtige New Yorker Verlag Schmid & Hanson gesichert. Dessen Geschäftsführer, Roy Barnaski, wollte sich zwar nicht dazu äußern, gab aber an, dass die Veröffentlichung des Buchs für kommenden Herbst unter dem Titel Der Fall Harry Quebert geplant sei. (…)
Auszug aus dem Concord Herald
DIE ENTHÜLLUNGEN DES MARCUS GOLDMAN
(…) Goldman, ein enger Freund und ehemaliger Student Harry Queberts, schildert als Insider die jüngsten Ereignisse in Aurora. Den Auftakt seiner Erzählung bildet die Entdeckung von Queberts Verhältnis mit der jungen, damals fünfzehnjährigen Nola Kellergan.
»Im Frühjahr 2008, rund ein Jahr nachdem ich zum neuen Star der amerikanischen Literaturszene geworden war, geschah etwas, das ich tief in meinem Gedächtnis zu vergraben beschloss: Ich fand heraus, dass mein siebenundsechzigjähriger Professor Harry Quebert, einer der angesehensten Schriftsteller des Landes, im Alter von vierunddreißig Jahren eine Beziehung zu einer Fünfzehnjährigen gehabt hatte. Und zwar im Sommer 1975.«
Auszug aus der Washington Post
MARCUS GOLDMANS BOMBE
(…) Bei seinen Ermittlungen scheint Goldman eine Entdeckung nach der anderen zu machen. So erzählt er insbesondere, dass Nola Kellergan ein hilfloses Mädchen war, das wiederholt geschlagen und gefoltert wurde, etwa durch simuliertes Ertränken. Ihre Freundschaft und Nähe zu Harry Quebert gaben ihr eine bis dahin nicht gekannte Stabilität und ließen sie von einem besseren Leben träumen. (…)
Auszug aus dem Boston Globe
DAS VERRUCHTE LEBEN DER NOLA KELLERGAN
Marcus Goldman fördert Fakten zutage, die der Presse bislang unbekannt waren.
Sie war das Sexobjekt von E. S., einem einflussreichen Geschäftsmann aus Concord, der seinen Handlanger nach ihr schickte wie nach Frischfleisch. Halb Frau, halb Kind, war sie den Phantasien der männlichen Einwohnerschaft Auroras ausgeliefert und fiel auch dem örtlichen Polizeichef zum Opfer, der sie zum Oralverkehr genötigt haben soll. Derselbe Polizeichef wurde nach ihrem Verschwinden mit der Leitung der Ermittlungen betraut (…)
Und ich hatte die Kontrolle über ein Buch verloren, das es noch gar nicht gab.
In den frühen Morgenstunden des 10. Juli, einem Donnerstag, entdeckte ich die reißerischen Schlagzeilen: Alle landesweiten Tageszeitungen hatten auf der Titelseite Versatzstücke meines Textes abgedruckt, aber sie hatten meine Sätze zerhackt und aus dem Zusammenhang gerissen. Meine Hypothesen waren zu abscheulichen Behauptungen, meine Mutmaßungen zu erwiesenen Tatsachen, meine Überlegungen zu unverschämten Werturteilen geworden. Man hatte meine Arbeit zerstückelt, meine Ideen verstümmelt, meine Gedanken vergewaltigt. Man hatte Goldman, den langsam genesenden, mühsam auf den Pfad der Bücher zurückfindenden Schriftsteller, gemeuchelt.
Als Aurora langsam erwachte, lief eine Woge der Entrüstung durch die Stadt. Versteinert lasen die Bewohner die Zeitungsartikel ein ums andere Mal. Im Haus läutete alle Augenblicke lang das Telefon; ein paar empörte Bürger klingelten sogar an meiner Tür und forderten von mir eine Erklärung. Ich hatte die Wahl, ob ich mich der Sache stellen oder mich verkriechen wollte. Ich entschied mich für die Konfrontation. Um Punkt zehn Uhr schüttete ich zwei doppelte Whiskys herunter und machte mich auf den Weg ins Clark’s.
Als ich durch die Glastür des Lokals trat, spürte ich, wie mich die Stammgäste mit Blicken durchbohrten. Mit pochendem Herzen setzte ich mich an Tisch 17, und Jenny stürzte aufgebracht auf mich zu und warf mir an den Kopf, dass ich der schlimmste Abschaum
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