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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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er gehabt haben, der Jeff. Einer, der weder ein ausreichendes Bankkonto noch einen gutsituierten Vater hat, kann einmal Pech haben.«
    Er läßt Carlitas Schultern los und geht hinüber zum Fenster. Irgendwie ist ihm das alles nicht ganz geheuer. Es ist sogar unbegreiflich. Jeffer ist nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Immerhin hatte er einen hochdotierten Preis gewonnen und einen ausgezeichneten Job bei der Industrie ergattert. Nach üblichen Begriffen zu urteilen, befand er sich auf dem besten Weg nach ganz oben, als sie sich das letztemal sahen.
    Offensichtlich dauert sein Schweigen Carlita zu lange, denn sie kommt aus dem Bad und bleibt in der Tür stehen. »Was mag hier dahinterstecken?« sagt er in Gedanken. Einen Augenblick lang will es ihm scheinen, als zeige sie Interesse, aber dann verzieht sie wieder den Mund.
    »Entschuldige, Howard!« Sie hebt die Schultern. »Ich begreife das nicht. Ein Mann mit Hochschulbildung kann nicht derart vergammeln. Sein Aufzug und sein Aussehen deuten darauf hin, daß er jede Selbstachtung verloren hat. Wenn er je so etwas hatte«, setzt sie hinzu.
    Sie wehrt ab, als er ihr zu erklären versucht, daß er sich bereits ähnliche Gedanken gemacht habe. Doch das ändere nichts an der Tatsache, daß sie sich bereits seit Jahren gut kennen, ja, daß sie Freunde waren, so gute Freunde, daß ihnen ihre unterschiedliche Herkunft kaum noch ins Bewußtsein drang, sie auch geschäftlich miteinander korrespondierten. Sie glaubt ihm nicht. Sie glaubt nicht, daß ein Mensch, der etwas gelernt und sich eine Position erobert hat, unter die Räder kommen kann, und sie selbst hält sich für den besten Beweis dafür, sie, eine Kybernetikerin, die sich durch Fleiß eine Stellung erarbeitet hat, von der sie glaubt, daß sie für ein Leben ausreicht.
    Da wendet er sich ab, blickt wieder aus dem Fenster und schiebt die Hände in die Taschen seines Morgenmantels. Die dumme Szene, die sie ihm Jeffers wegen macht, verdrießt ihn. Fast ist er jetzt wütend auf den, den er eben noch als seinen Freund bezeichnet hat, weil er die Ursache der Verstimmung ist. Er hat sich die Tage mit Carlita anders vorgestellt, ganz anders.
    Sie spürt wohl, daß er unzufrieden mit sich und vielleicht auch mit ihr ist, und geht auf ihn zu. Leicht lehnt sie sich an seine Schulter. »Aber Howard«, sagt sie. »Versuch mich doch bitte zu verstehen! Ich habe mich auf das Wochenende mit dir nicht weniger gefreut als du. Und nun…«
    Sie unterbricht sich, als er ihr sein Gesicht zuwendet. Er lächelt bereits wieder, nimmt sie in die Arme und fühlt, wie die schlechte Laune verfliegt.
    Im Nebenzimmer knarrt eine Liege. Durch die einen Spalt breit geöffnete Tür sieht er, wie sich Jeffer auf die andere Seite wälzt. »Er ist mir unheimlich, Howard«, flüstert Carlita und legt ihm die Arme um den Hals. Es klingt, als habe sie plötzlich Angst, aber er hofft, daß das nur ein Vorwand ist.
    »Er ist nicht unheimlich, Carlita. Er ist nur fertig. Laß ihn schlafen. Dann wird er uns erzählen, was er erlebt hat«, flüstert er. Er zieht sie noch fester an sich, und als sie ihn anblickt, küßt er sie.
     
    Howard erwacht am späten Nachmittag. Hinter der rechten Kopfseite spürt er einen leichten Schmerz. Neben sich hört er die tiefen Atemzüge Carlitas. Sie schläft fest, mit leicht geöffneten Lippen. Minutenlang betrachtet er sie, dann dreht er sich auf den Rücken, verschränkt die Hände unterm Kopf und starrt an die Zimmerdecke. Er lauscht hinüber zum Gästezimmer, aber auch Jeffer scheint noch immer fest zu schlafen. Howard versucht sich an die Zeit zu erinnern, als sie gemeinsam die Schulbank drückten.
    Jeffer Jeffersen war nie sonderlich mit irdischen Gütern gesegnet. Für Howards Begriffe war er sogar ein ganz armer Hund. Und wenn er noch am Morgen behauptet hatte, keinem von ihnen sei dieser Umstand so recht zum Bewußtsein gekommen, dann stimmte das nicht ganz. Vielleicht hätte er Jeffer nie richtig kennengelernt, wenn der ebenfalls über genügend Geld hätte verfügen können. Jeff hatte Köpfchen und häufig ausgezeichnete Ideen, die zwar meist etwas skurril waren, jedoch bei näherem Hinsehen durch ihre Einfachheit verblüfften. Als sie sich das letztemal trafen, war Jeffer auf dem besten Wege, einer der ganz wenigen Großen auf dem Gebiet der Kybernetik zu werden.
    Aber Jeffer war nicht ohne Schwächen. Er neigte zu Einzelaktionen und tat nur das, was ihm Freude bereitete. Auch über die Nutzanwendung

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