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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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gehört hat, ist in seinem Bewußtsein hängengeblieben, und ihm fällt auf, daß er sich die Melodie eingeprägt hat. Vielleicht liegt es an der ausgezeichneten Band, die sein Vater aufgetrieben hatte, die beste, die er seit langer Zeit gesehen und gehört hat. Mochte der Teufel wissen, wie es dem Alten immer wieder gelang, eine dieser Gruppen zu engagieren, die in letzter Zeit viel lieber zu ihrem eigenen Vergnügen musizierten, als die aufwendigen Partys der Industriellen mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Es ist schon etwas Eigenartiges um diese jungen Leute, die einen ihrer Meinung nach vernünftigeren Lebensstil vertreten, einen Lebensstil, in dem die gesellschaftliche Position und das Bankkonto keine Rolle mehr spielen und der ihnen die Möglichkeit geben soll, sie selbst zu sein und das zu tun, was sie für wichtig und erlebenswert halten.
    Howard Montena ist ehrlich genug, zuzugeben, daß er ihre Auffassung keineswegs verurteilt, denn die Zeit, da er einen ähnlichen Standpunkt vertrat, ist noch nicht allzulange her.
    Was ist der Grund für diese Bewegungen, die alle paar Jahre den Namen wechseln und anderen Idolen folgen und die doch eines gemeinsam haben: die Ablehnung der in Jahrhunderten etablierten Gesellschaft und ihrer Methoden, Geld zu konzentrieren und Macht auszuüben?
    Liegt die Antwort nicht bereits in der Fragestellung? Und warum bildet ausgerechnet die kapitalistische Gesellschaft einen solch ausgezeichneten Nährboden für derartige Lebensauffassungen?
    Howard stellt fest, daß er nicht mehr pfeift, und er schüttelt ein kleinwenig ärgerlich den Kopf darüber, daß er sich ausgerechnet jetzt solche Gedanken macht. Wie er seinen Vater kennt, wird er die jungen Musiker mit Hilfe eines Bündels größerer Geldscheine für einige Stunden aus ihrer gewohnten Umgebung herausgelöst haben. Warum sich über diese Probleme den Kopf zerbrechen? Er kennt seinen Alten gut genug. Schließlich hat er auch ihn, seinen Sohn, auf die gleiche Art und Weise von der Richtigkeit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung zu überzeugen gewußt.
    Er dreht ein wenig den Rückspiegel. Auf dem breiten Rücksitz ist Carlita eingeschlafen. Sein Verhältnis zu Carlita ist etwas eigenartig. Nicht, daß er etwas gegen intelligente Frauen hätte, nein, aber Carlita weiß, daß sie intelligent ist, und sie hat manchmal ein Lächeln um den Mund, das ihn nervös macht. So nervös, daß er fast vergessen könnte, wie hübsch sie ist. Er pflegt die Blicke zu genießen, mit denen sie auf den zahlreichen Partys seines Vaters oder des umfangreichen Bekanntenkreises gemustert wird.
    Jetzt allerdings sieht man nicht mehr von ihr als einen hellen Pelzmantel und eine Fülle blonden Haares, dessen Naturfarbe er längst vergessen hat. Sie hat sich zusammengerollt wie eine große Katze. Er lächelt, und er freut sich auf das vor ihnen liegende Wochenende. Er stellt sich ihre erstaunten Augen vor, wenn sie erwacht und feststellt, daß sie die ganze Fahrt verschlafen hat. Dann aber wird sie zu ihrem kleinen Handspiegel mit der Perlmutteinfassung greifen und ihr Makeup korrigieren, hier und dort etwas auffrischen. In dieser Beziehung unterscheidet sie sich nicht von anderen Mädchen ihres Alters. Wenn sie nur nicht manchmal so eigenartig lächeln würde…
    Howard richtet den Rückspiegel wieder auf die hinter dem Wagen in der Dunkelheit verschwindende Straße. Noch während er das tut, sieht er aus den Augenwinkeln vor sich am Rande der Straße eine Bewegung. Zuerst glaubt er, daß aus dem Dunkel der Bäume ein großes Tier auftaucht, aber dann erkennt er zu seinem Schrecken, daß es ein Mensch ist. Instinktiv wechselt sein Fuß die Pedale, tritt die Bremse in kurzen Rucken bis zum Anschlag durch. Der große Wagen schleudert, senkt die Nase, richtet sich wieder auf, wippt und senkt sich abermals. Das Quietschen der Reifen deckt alle anderen Geräusche zu. Einen Augenblick lang hofft Montena, daß er den Zusammenprall vermeiden kann, doch da steht für Bruchteile einer Sekunde ein stoppelbärtiges Gesicht mit entsetzt aufgerissenen Augen vor der Frontscheibe. Er sieht abwehrend ausgestreckte Hände, und dann geht ein Schrei in einem dumpfen Aufprall unter. Plötzlich ist Stille. Der Lincoln hebt federnd die Motorhaube. Das Gesicht und die Hände sind verschwunden.
    Howard Montena blickt sich um. Carlita ist erwacht, ihre Augen sind groß und erstaunt. Dann lächelt sie ein wenig, ganz anders als sonst, zieht fröstelnd den Mantel um ihre

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