Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
sich zusammenzuschrumpfen, als sie einen düsteren Flur entlangliefen, und Rodena musste ihre Augen anstrengen, um die eisenbeschlagene Tür am Ende des Ganges zu erkennen. Dort also...
»Vachen!«
Zwei Männer stürzten erschrocken aus einer Kammer, die links der schweren Tür lag. Es waren Knechte mit breiten Gesichtern und stumpfem Blick, die Stimme ihres Herrn schien sie nichts Gutes ahnen zu lassen.
»Zu Euren Diensten, Laird!«
Malcolms zog ein grämliches Gesicht und stützte sich mit einer Hand gegen die Wand – offensichtlich machte ihm sein Rücken Schwierigkeiten. Rodena empfand kein Mitleid.
»Macht die Tür auf!«, befahl der Clan Chief.
Ihr Herz klopfte so heftig, dass sie das Zittern kaum verbergen konnte, und sie spürte die Blicke ihrer vier Bewacher auf sich gerichtet. Obgleich die Männer keine Miene verzogen, so schien es ihr doch, als läge Anteilnahme in dem einen oder anderen Blick. Doch sie konnte sich im diffusen Schein der Fackeln auch getäuscht haben.
»Bringt Licht hinunter!««
Die beiden Kerkerwachen trugen Laternen herbei, mit denen sie im Dunkel des Kerkers verschwanden, ein schwacher Schein beleuchtete nun den Innenraum des Gefängnisses.
Malcolm war an die Tür getreten, um sich zu überzeugen, dass der Gefangene genau so angekettet war, wie er es befohlen hatte. Jetzt nickte er zufrieden und winkte Rodena herbei. Auf seinen Zügen lag ein teuflischer Ausdruck der Genugtuung.
»Nur sehen – nicht reden«, warnte er sie. »Beim ersten Wort, das du zu ihm sprichst, erhält er hundert Peitschenhiebe.«
Sie glaubte, ihre Füße würden ihr den Dienst versagen, doch es gelang ihr, langsam zu der schrecklichen Tür zu gehen und ins Innere des Kerkers zu blicken.
Der Schein der Laternen war nur schwach und ließ bizarre Schatten an den Wänden erstehen, sodass ihr das schreckliche Bild wie ein böses Traumgesicht erschien. Sie sah einen Mann, dessen ausgebreitete Arme man an ein Brett gebunden hatte, ähnlich wie man es tat, wenn jemand an den Pranger gestellt wurde. Seine Haut schimmerte hell, und die schwellenden Muskeln an Armen und Schultern traten deutlich zutage, denn sein Gewand hing in Fetzen an ihm herunter. Er wandte ihnen den Rücken zu und hatte die Beine weit auseinandergestellt, um besseren Halt zu finden. Dann erst sah sie die eiserne Kette, die um sein Fußgelenk geschmiedet und an der Wand befestigt war.
Sie spürte Entsetzen, denn sie begriff, dass diese Fessel nur von einem Schmied zu lösen war. Und doch war sie zugleich auch erleichtert, denn so grausam man auch mit ihm verfahren war – er war am Leben.
Dann drehte Ewan sich langsam zur Tür, und ihre Blicke trafen sich. Für einige, wenige Augenblicke saugten sie sich aneinander fest, und Rodena fühlte, wie die Kraft, die aus seinen graublauen Augen zu ihr hinüberdrang, sie in ihrem Inneren ganz und gar ausfüllte und wärmte.
»Solange wir am Leben sind, werden wir um unsere Liebe kämpfen«, schien sein Blick zu sagen.
»Ich bin auf deiner Seite bis zum letzen Augenblick«, gaben ihre Augen ihm zu verstehen.
Malcolm dünne Greisenstimme riss sie brutal aus ihrer Versunkenheit.
»Schließt ihn wieder ein!«
Die beiden Wächter eilten mit ihren Laternen herbei, und der Kerker versank wieder in Dunkelheit, dann machte man sich daran, die Tür zu schließen. Das metallische Kreischen des Riegels ging Rodena durch Mark und Bein.
Malcolm hielt sich nicht lange auf, denn die Feuchtigkeit schien seinem Rücken nicht wohlzutun, er beeilte sich, wieder in die oberen Bereiche der Burg zu gelangen. Rodena folgte ihm atemlos, noch vollkommen aufgelöst, von dem, was sie zu sehen bekommen hatte, und doch versuchte sie mit verzweifelter Anstrengung, sich den Weg einzuprägen.
In der Kemenate angekommen, bemühte sie sich, ihre Aufregung zu verbergen, denn er sollte auf keinen Fall glauben, sie bereits überzeugt zu haben.
»Ich habe gesehen, dass er lebt«, sagte sie, bemüht, ihrer Stimme einen ruhigen Ausdruck zu geben. »Doch woher soll ich wissen, dass Ihr ihm auch die Freiheit schenken werdet?«
Er war enttäuscht, denn er hatte geglaubt, sie sei bereits von der Verzweiflung überwältigt und zu allem bereit.
»Ich gebe dir mein Wort«, log er.
»Könnt Ihr mir darauf einen Eid schwören?«
»Wenn dir mein Wort nicht genügt, werde ich meinetwegen auch schwören«, sagte er ungeduldig.
Sie drehte sich zum Fenster und tat, als müsse sie einen harten Kampf gegen sich selbst bestehen.
»Ich
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