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Die Weiße Burg

Die Weiße Burg

Titel: Die Weiße Burg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Sie wollte ihn nicht ablenken; sie tat es einfach so. Was sollte er mit ihr machen? Mit Elayne, mit Aviendha? Bei dieser Entfernung von Caemlyn waren diese beiden nur vage Eindrücke in seinem Bewusstsein. Er nahm jedenfalls an, dass sie sich noch immer in Caemlyn aufhielten. Wenn es um die beiden ging, waren Annahmen gefährlich. Im Augenblick spürte er von ihnen nur eine allgemeine Richtung und das Wissen, dass sie am Leben waren. Aber Mins Körper schmiegte sich eng an ihn, und der Bund machte sie in seinem Bewusstsein so lebendig, wie es ihr Fleisch war. War es zu spät, für Mins Sicherheit zu sorgen und auch für Elaynes und Aviendhas Sicherheit?
    Wie kommst du darauf, du könntest für irgendjemandes Sicherheit sorgen? flüsterte Lews Therin in seinem Kopf. Der tote Wahnsinnige war jetzt ein alter Freund. Wir werden alle sterben. Du kannst nur hoffen, dass nicht du es bist, der sie ermordet. Kein willkommener Freund, bloß einer, den er nicht mehr loswurde. Er hatte jetzt keine Angst mehr, Min oder Elayne oder Aviendha zu töten, genauso wenig wie er sich nicht mehr davor fürchtete, den Verstand zu verlieren. Oder zumindest noch verrückter zu werden, als er schon war, mit einem Toten im Kopf und manchmal einem verschwommenen Gesicht, das er beinahe erkannte. Konnte er es wagen, Cadsuane nach ihnen zu fragen?
    Vertraue niemandem , murmelte Lews Therin und lachte dann trocken. Einschließlich mir.
    Ohne jede Vorwarnung stieß ihn Min hart genug in die Rippen, um ihn grunzen zu lassen. »Du wirst trübsinnig, Schafhirte«, knurrte sie. »Wenn du dir wieder Sorgen um mich machst, dann schwöre ich dir, dass ich...« Sie konnte auf so viele unterschiedliche Arten knurren, und jede passte zu den unterschiedlichsten Empfindungen, die durch den Bund übertragen wurden. Jetzt war da eine leichte Gereiztheit, der diesmal ein Hauch Sorge anhaftete, und manchmal war da auch ein scharfer Unterton, als müsste sie sich davon abhalten, ihm den Kopf abzureißen. Es gab ein Knurren, das ihn durch die Heiterkeit in seinem Kopf beinahe lachen ließ oder ihn zumindest in die Nähe eines Lachens brachte; es schien lange her zu sein, dass er das letzte Mal gelacht hatte. Und ein kehliges Knurren, das sein Blut auch ohne den Bund in Wallung gebracht hätte.
    »Das kommt jetzt nicht in Frage«, warnte sie, bevor er die Hand bewegen konnte, die auf ihrem Rücken ruhte, rollte sich vom Bett und zog ihren Mantel mit einem vorwurfsvollen Blick zurecht. Seit sie mit ihm den Bund eingegangen war, war sie noch besser darin, seine Gedanken zu lesen, und sie war schon davor sehr gut darin gewesen.
    »Was willst du wegen ihnen unternehmen, Rand? Was wird Cadsuane tun?« Blitze zuckten vor dem Fenster, beinahe hell genug, um die Lampen zu überstrahlen, Donner hallte gegen die Scheiben.
    »Bis jetzt habe ich nie vorhersagen können, was sie tun wird, Min. Warum sollte es heute anders sein?«
    Die dicke Federmatratze sackte unter ihm durch, als er die Beine über die Seite schwang und sich ihr gegenüber aufsetzte. Beinahe hätte er eine Hand gegen die alten Wunden an seiner Seite gedrückt, aber er bemerkte es rechtzeitig und veränderte die Bewegung, indem er den Mantel zuknöpfte. Zur Hälfte verheilt und doch niemals heilend schmerzten die beiden sich überschneidenden Wunden seit Shadar Logoth. Vielleicht war er sich auch nur stärker bewusst, wie sie pochten, wie ihre Hitze wie ein Schmiedeofen aus Fieber war, in einer Fläche gefangen kleiner als sein Handteller. Eine von ihnen würde jetzt, wo es Shadar Logoth nicht mehr gab, anfangen zu heilen - das hoffte er zumindest. Vielleicht war einfach noch nicht genug Zeit vergangen, um einen Unterschied zu fühlen. Es war nicht die Seite, gegen die ihn Min geboxt hatte - mit ihr ging sie immer sehr sanft um, wenn auch nicht immer mit dem Rest von ihm -, aber er glaubte, den Schmerz vor ihr verborgen zu haben. Es war sinnlos, ihr noch mehr zu geben, worüber sie sich sorgen konnte. Die Sorge in ihren Augen und ihrem Inneren musste von Cadsuane herrühren. Oder den anderen.
    Das Herrenhaus und die Wirtschaftsgebäude waren jetzt bis unters Dach bevölkert. Es war unausweichlich erschienen, dass früher oder später jemand versuchen würde, sich die in Cairhien zurückgelassenen Behüter zunutze zu machen; ihre Aes Sedai hatten nicht lautstark verkündet, dass sie den Wiedergeborenen Drachen suchen wollten, aber sie waren nicht besonders verstohlen vorgegangen. Trotzdem hätte er nie mit denen

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