Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber
Walker jedenfalls blieb unbeachtet zurück, und das war das vordringlichste Ziel ihres Rückzugs gewesen: ihren Gegner von Walker fortzulocken. Entweder hatte Tyrone das Interesse an dem Captain verloren - oder aber Walker war bereits tot.
Mit einem weiteren Aufschrei parierte sie Tyrones nächste Säbelattacke. Sie war jetzt ganz in der Nähe der Tür und bewegte sich rückwärts auf den Flur hinaus.
»Ich habe beobachtet, wie der Hundemann deinen Freund Walker in dieses Haus getragen hat«, sagte Tyrone zwischen zwei Schlägen. »Nachdem das Wasser fort war, bin ich hergekommen, weil ich mir dachte, dass ich dich früher oder später hier finden würde, Prinzessin.«
Die Säbel trafen sich mit ungeheurer Wucht. Beide Klingen trugen tiefe Kerben davon.
»Stell dir vor, wie enttäuscht ich war, nur diesen Abschaum zu finden. Noch dazu so verletzt, dass er nicht mal einen passablen Gegner abgegeben hat.«
Soledads nächster Ausfall überraschte ihn, doch er fing sich schnell und erwiderte die Attacke. Sie hatten die Kammer jetzt verlassen. Tyrone drängte Soledad auf die Treppe zu, vielleicht weil er hoffte, er hätte leichtes Spiel mit ihr, wenn sie sich erst auf die Stufen zurückziehen musste.
»Ist er tot?«, brachte sie verbissen hervor.
Sein Grinsen war so kalt, dass selbst die gefeilten Zahnspitzen es nicht schrecklicher machen konnten.
Sie stach zu und verletzte ihn an der Schulter. Mit einem verblüfften Keuchen sprang er einen Schritt zurück. Sie hatte vorhin seine beiden schwarz gefärbten Zungenspitzen sehen können, die Folge eines Rituals der Orinoco-Stämme. Soledad sandte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie die Chance bekäme, sie ihm abzuschneiden.
Er lächelte erneut. Die Wunde an seiner Schulter blutete, schien ihn aber nicht zu behindern. »Ich will dich nicht töten, Prinzessin. Ich brauche nur eine Geisel, mit der ich aus dieser Stadt verschwinden kann. Glaubst du nicht, dass sie mir einen Rochen überlassen, wenn ich drohe, dir das hübsche Gesicht zu zerschneiden?«
Sie schnaubte verächtlich. »Lieber sterbe ich hier auf der Stelle.«
Er zuckte die Achseln. »Wenn du mir keine Wahl lässt.« Seine Hand bewegte sich in Richtung seines Gürtels -vorerst nur eine Drohung. Auch Soledads Blick fiel erneut auf die Pistole. Der Hahn war noch immer gespannt.
Wie unvorsichtig!, dachte sie, machte einen Ausfallschritt, tauchte dabei unter seinem seitlich geführten Hieb hinweg und zielte mit der Säbelspitze auf die Pistole.
Die Klinge schabte gegen die Waffe und berührte den Abzug.
Tyrone schrie gellend auf, als die Pistole losging. Das Schwarzpulver explodierte in einer grünen Flamme. Gleichzeitig schoss ein Rauchstrahl an seinem linken Bein hinab. Das Knie des Kannibalenkönigs knickte halb ein, und dann war da Blut am Boden. Die Kugel hatte sich tief in seinen Oberschenkel gegraben.
»Du . Hexe!«, stieß er schmerzerfüllt aus, hielt sich aber mit bemerkenswerter Willenskraft weiterhin auf den Beinen. Mit dem Rücken lehnte er sich gegen die Flurwand und parierte erfolgreich ihren nächsten Schlag.
»Gib auf, Tyrone«, verlangte sie zwischen pumpenden Atemzügen. »Mit dieser Wunde gehst du nirgends mehr hin.«
Seine verwischten Züge verzerrten sich zu einer dämonischen Fratze, nur sein Blick blieb menschlich inmitten des Teufelsgesichts. »Ich habe die Macht der Schamanen«, sagte er schneidend. »Ich bin dem Mahlstrom im Traum begegnet. In seinem Traum. Niemand ist jemals dorthin vorgedrungen. Deshalb hat er mich ausgewählt. Und er ist auch… jetzt noch… mein Meister.« Er presste die linke Hand auf die Wunde. Der Rauch hatte sich verzogen, und nun erkannte Soledad, was die Kugel auf ihrem Weg am Bein hinab angerichtet hatte. »Er wird mir . beistehen«, keuchte er und rutschte mit dem Rücken an der Wand hinunter.
Soledad wollte auf ihn zutreten, um ihn zu entwaffnen, doch er hieb so heftig mit dem Säbel in ihre Richtung, dass er beinahe ihren Unterleib erwischt hätte. Sie wich zurück, erkannte jedoch rasch, dass er hilflos war. Allerdings versperrte er den Flur zwischen ihr und der Kammer, in der Walker lag.
»Was hast du ihm angetan?«, fragte sie kalt.
Tyrone gab keine Antwort, lachte nur, jetzt immer lauter.
»Was ist mit Walker?«, fragte sie wieder, doch als sie abermals einen Schritt in seine Richtung wagte, schlug er erneut mit dem Säbel zu und trieb sie zurück.
Sie verlor den letzten Rest ihrer Geduld, täuschte einen erneuten Vorstoß an, sprang
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