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Die Welt aus den Fugen

Die Welt aus den Fugen

Titel: Die Welt aus den Fugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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Entscheidungen des Weißen Hauses und des Pentagon folgt; ja, ich würde sagen, der ist ein Feind Amerikas, der dem weitverbreiteten »Jingoismus« jenseits der transatlantischen Großmacht zustimmt oder den »over­stretch« der diversen Feldzüge gutheißt. Die technische Innovationskraft der USA ist offenbar ungebrochen. Sie wird jedoch erkauft durch die enorme finanzielle Überbelastung jenes militärisch-industriellen Komplexes, die schon dem zum Präsidenten gewählten General Eisenhower Sorgen bereitete.
    Mit Bestürzung mußte man sich bei den jüngsten »Primaries« der Republikaner fragen, wie es möglich ist, daß ein so riesiger Staat mit so vielen Begabungen und hochqualifizierten Experten eine so extrem klägliche Kandidatenmannschaft für das höchste politische Amt aufstellt. Da scheint es manchmal, als werde unter dem Einfluß Mammons eine negative Auslese getroffen und die Demokratie ad absurdum geführt. Zu dieser Stunde sollte man über den Ausgang der anstehenden Präsidentenwahl keine Voraussage machen. »Es wird knapp werden«, sagen die amerikanischen Freunde, die von Obama enttäuscht sind, aber mit bösen Ahnungen auf einen eventuellen Sieg Mitt Romneys blicken. Wer hätte noch vor ein paar Jahrzehnten gedacht, daß die Entscheidung über die Präsidentschaft der USA zwischen einem Afroamerikaner kenianischer Abstammung und einem Mormonen ausgetragen würde, der sich hartnäckig weigert, die Steuererklärung über sein immenses Vermögen offenzulegen!
    Was wirft man Obama vor? Er hat es nicht fertiggebracht, das Straflager von Guantánamo zu schließen. Er hat sich am Hindukusch verrannt, als er glaubte, mit einem »surge«, einer Truppenverstärkung von 30 000 Mann, eine strategische Wende herbeizuführen. Für den Abgrund der Staatsverschuldung, die Pauperisierung weiter Bevölkerungsschichten kann Obama kaum verantwortlich gemacht werden. Er wurde von der Mißwirtschaft seines Vorgängers erdrückt und bei seinen Reformversuchen durch eine oppositionelle Kongreß-Mehrheit gelähmt.
    Wie sehr sich die USA in ihrer Substanz verändert haben, wird sichtbar, wenn möglicherweise die Masse der zugewanderten Latinos, die bald ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen dürften, an den Urnen den Ausschlag geben. Der 42jährige Vizepräsident, den Mitt Romney, der Mann mit dem Nußknacker-Lächeln, berufen hat, steht den chauvinistischen Auswüchsen der sogenannten »Tea Party« nahe, wie vor ihm schon Sarah Palin, jene Schützenkönigin aus Alaska, die beim vorherigen Kampf um das Weiße Haus dem redlichen Vietnam-Veteranen John McCain die letzte Chance nahm. Paul D. Ryan, so hört man, ist praktizierender, zum religiösen Integrismus neigender Katholik und als solcher ein absoluter Gegner der Abtreibung, selbst in Fällen von Vergewaltigung. Damit ist die »abortion« neben der Furcht vor Arbeitslosigkeit zu einem zentralen Thema der weiblichen Wählerschaft geworden.
    Daß Mitt Romney zwei Jahre lang eine missionarische Tätigkeit für seine Mormonengemeinde ausgerechnet in Frankreich ausgeübt hat, ist relativ wenig bekannt. Die Außenpolitik hat bei amerikanischen Volksbefragungen nie eine nenn enswerte Rolle gespielt. Aber wie werden die Republikaner auf den Tumult in der arabisch-islamischen Welt, auf das Erwachen Chinas zur rivalisierenden Weltmacht reagieren? Wie werden sie sich angesichts der Ausweitung des syrischen Bürgerkriegs verhalten? Außenministerin Hillary Clinton hatte bereits gehofft, einen Kompromiß zwischen den Muslimbrüdern des ägyptischen Präsidenten Mohammed el-Mursi und der neuen Generalsclique von Kairo gefunden zu haben. Da wurde sie durch die Meldung überrascht, daß dieser Wortführer der Muslimbrüder seine erste Amtsreise nach Peking und nach Teheran unternimmt.
    Der Mensch wächst angeblich mit seinen höheren Zwecken, und das mag auch für Mitt Romney gelten. Schließlich hat sich Ronald Reagan bei seinem lockeren Umgang mit Gorbatschow ganz anders verhalten, als die »pundits« von Washington erwartet hatten. Wer hätte andererseits angenommen, daß Barack Hussein Obama, der seine Amtszeit mit einer grandiosen und versöhnlichen Rede in Kairo begonnen hatte, am Ende dieser Amtszeit mit mörderischen unbemannten Drohnen ohne Rücksichtnahme auf eventuelle

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