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Die Welt der grünen Lady

Die Welt der grünen Lady

Titel: Die Welt der grünen Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Blütenbüschel und die langen, bandartigen Blätter zu bewegen und zu rauschen, als wäre ein Windstoß durch den Baum gefahren. Die Bäume auf den nebenstehenden Hügeln blieben jedoch ruhig. Durch den unsichtbaren Wind, der an den Zweigen zerrte, löste sich plötzlich ein kleiner, mit Blüten überladener Zweig. Er fiel aber nicht einfach zu Boden, sondern wirbelte wie ein Kreisel durch die Luft, schoß dann wie ein Pfeil auf mich zu und bohrte sich zu meinen Füßen in die Erde.
    Oomark schrie auf und wich zurück. Impulsiv bückte ich mich und griff nach dem Zweig. Mir war, als berührte ich einen Eisstab, und die Kälte fuhr wie ein Stich in meinen Arm. Ich vermochte jedoch nicht, den Zweig loszulassen. Stattdessen zog ich ihn aus der Erde.
    Der Wind, der den Zweig vom Baum gebrochen und zu mir getragen hatte, war verstummt, als wäre er nie gewesen. Und dann – meine Finger!
    Die harte braune Kruste, die sich. auf ihnen gebildet hatte, brach auf und zerstob. Die Haut, das Fleisch darunter war weich und braun, wie es früher immer gewesen war. Obgleich meine Hand immer noch eiskalt war, hatte ich nicht das Verlangen, den Zweig fortzuwerfen. Statt dessen befestigte ich ihn an meinem Gürtel.
    Oomark zog sich noch weiter zurück. »Wirf es weg – dorthin zurück, wo es hergekommen ist!« Er deutete auf den Silberbaum. »Es wird dir Schaden bringen!«
    Ich bewegte meine Finger und betrachtete mit Dankbarkeit das normale Fleisch. »Solchen Schaden nehme ich gern in Kauf«, erwiderte ich. »Sieh nur, Oomark, meine Hand ist wieder wie zuvor!«
    Aber Oomark schrie auf und rannte vor mir davon, genauso, wie er vor dem haarigen Geschöpf geflüchtet war.

 
9
     
    Ich lief ihm nach, aber er wich mir mühelos aus und hörte weder auf meine Befehle, noch auf meine Bitten. Wenn ich ihn jetzt verlor, würde ich nicht nur das mir anvertraute Kind verlieren, sondern auch selbst hilflos ohne Führer zu Bartare zurückbleiben.
    Irgendwie gelang es mir, ihn im Auge zu behalten. Ich lief an dem letzten der Erdwälle vorüber. In einiger Entfernung entdeckte ich weitere Erdbauten, aber sie waren nicht so scharf abgegrenzt wie die Hügel der Schläfer. Oomark verschwand zwischen zwei solchen mit hohem Gras bedeckten Erhebungen.
    Hier und dort wuchsen verkrüppelte Bäume mit den ungenießbaren dunkelroten Früchten – allerdings sahen diese völlig verschrumpelt aus. Viele von ihnen lagen im Gras, und ein übler Gestank ging von ihnen aus.
    Jetzt konnte ich Oomark nicht mehr sehen; er war im Dunst verschwunden. Ich begann wieder zu rennen und rief laut seinen Namen, aber nur mein eigenes Echo antwortete mir. Schließlich gelangte ich an eine Stelle, wo sich der Weg in drei Wege gabelte. Es war unmöglich, Spuren zu entdecken, die mir verraten konnten, welchen ich nehmen sollte.
    Sowohl der Dunst als auch die Hügel und Wälle schränkten meinen Sichtbereich ein. Ich entschied mich für den Weg zur Rechten, da er gerader zu verlaufen schien und übersichtlicher war als die beiden anderen. Aber dann machte auch diese Straße eine Biegung, und die bewachsenen Trümmerhaufen, oder was diese Erhebungen nun immer sein mochten, wurden immer höher, bis sie mir weit über den Kopf reichten. Dann und wann blieb ich stehen, ran zu horchen, aber kein Laut war zu hören. Einmal sah ich an einem Stein, von dem die Grasdecke frisch heruntergerissen war, daß jemand oder etwas hier entlanggekommen sein mußte. Die Kratzer waren neu, und ich hoffte, daß es Oomark war, der sie hinterlassen hatte.
    Nach der ersten Kurve begann mein Weg sich plötzlich um die Erhebung herumzuschlängeln, so daß ich fürchtete, hier niemals jemanden zu finden, der sich verstecken wollte. Der Weg gabelte sich erneut, und zahlreiche kleine Seitenwege gingen von den Gabelungen ab.
    Ich blieb stehen. Die Hügel, die mich umgaben, waren jetzt etwa zweimal so hoch wie ich, und die schattenhafte Dämmerung, in der ich stand, glich fast jener der Gefahrenperiode des eingefallenen Nebels. Mir gefiel nicht, was ich vor mir sah, und ich beschloß, zur ersten Abzweigung zurückzugehen und einen der anderen Wege zu nehmen.
    Ich war sicher, daß gerade außerhalb meiner Sichtweite Wesen vorbeiflatterten oder dort lauerten und mich beobachteten. Manchmal hörte ich ein geisterhaftes Wispern, wie das Rascheln von trockenen Blättern, durch die der Wind fährt, aber mir kam es vor wie das Flüstern fremder Stimmen. Hinzu kam, daß ich mir einer zunehmenden Wärme bewußt wurde,

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