Die Welt der grünen Lady
menschlichen Geste beide Hände vor den Mund, taumelte zurück und schüttelte sichtlich schmerzerfüllt seinen runden Kopf.
»Komm, schnell«, flüsterte Bartare und zog mich fort. Ich blickte mich rasch um, ob nicht irgendwo noch Shuck lauerte, entdeckte jedoch nirgends einen schwarzen Schatten.
Meine Hauptsorge war jetzt, zu den anderen zurückzufinden. Ich sah Bartare an. »Kannst du deinen Bruder finden?«
Bartare antwortete nicht sofort. »Du hast das, was die Finsteren abhält«, sagte sie endlich. »Ich glaube nicht, daß du fortgehst und mich ihnen überläßt. Das ist nicht deine Art. Ja, ich kann Oomark finden – und wenn er mit dem Dazwischen zusammen ist, diesen auch. Komm!«
Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen. Und als wir den Hang hinaufkletterten, den ich heruntergekommen war, konnte ich Bartare nicht einmal mehr festhalten. Meine einzige Waffe war der Zweig. Ab und zu strich ich hinter mir damit über den Boden, um mögliche Verfolger abzuhalten, wie Kosgro es mich gelehrt hatte.
Endlich erreichten wir den Gipfel. Kosgro war nicht fortgegangen, um mich zu suchen, sondern saß dort, einen Arm um Oomark gelegt, der jetzt fast so dicht behaart war wie unser Gefährte.
Sie standen auf, als wir zu ihnen kamen. Kosgro blickte mich fragend an. »Gesellschaft bekommen?« Ich strich noch einmal mit dem Zweig über den Boden.
Ich nickte stumm.
»Dann ist es besser, wir gehen weiter.«
»Dort hinunter zum Hain.« Ich deutete auf den Felsrand. Fast erwartete ich Widerspruch von Oomark, aber der Junge sagte nichts. Er hielt immer noch Kosgros Hand fest. Aber Bartare, vermutlich von dem Duft des Notus gewarnt, protestierte.
»Nein, ich will nicht!«
Ich wußte nicht, ob ich ihr wieder mit dem Zweig drohen sollte, aber jetzt trat Kosgro vor sie hin.
»Du wirst mitgehen!« sagte er fest. »Oder du bleibst hier – allein!«
Da sie bereits allein in den Nebel hineingerannt war – scheinbar ohne jede Furcht –, sah ich darin keine Drohung, die sie umstimmen konnte. Aber wieder hatte es den Anschein, daß die anderen drei ein Wissen teilten, das mir versagt war.
Kosgro hob seine Hand. »Hört mal!«
Der Lärm von der Todesstätte des Fellwurms, zuvor gedämpft durch den dichteren Nebel, klang lauter. Wir hörten Knurren und Grollen in den verschiedensten Tonarten.
»Die Finsteren jagen nur während des Nebels«, sagte Bartare trotzig. Sie warf schnelle Blicke nach rechts und links, als suche sie einen Fluchtweg. Rasch stellte ich mich zwischen sie und den Weg, den wir gerade gekommen waren.
»Wenn sie Hunger haben, jagen sie zu jeder Zeit. Jene, die dort unten zu spät kamen, werden ihren Appetit stillen wollen. Und der Notushain ist der einzig sichere Ort hier. Dorthin werden sie nicht kommen.«
»Ich kann nicht!« Sie hatte ihre Selbstsicherheit verloren, und es klang fast flehentlich. Vielleicht sah sie in Kosgro einen stärkeren Gegner, weil er mehr von dieser Welt war.
»Wir können es, und du kannst es auch«, entgegnete er.
»Oder du bleibst denen überlassen, die kommen werden. Und du weißt sehr gut, daß Flucht jene nur noch anstachelt, Bartare. Wenn du fortrennst, rennst du in dein Unglück. Nirgendwo sonst gibt es eine Zuflucht.«
Ich glaube nicht, daß sie ganz überzeugt war, aber als er ihr bedeutete, zu folgen, ging sie mit, wenn sie auch jeden Schritt fürchtete. Irgendwie hatte Kosgro sie gemeistert, denn sie schrumpfte zusammen, anders kann ich es nicht beschreiben. Sie wurde wieder zu dem kleinen Mädchen, das sie ihrer Bestimmung nach gewiß sein sollte.
Wir erreichten den Boden unterhalb der Felswand, und der Hain lag vor uns. Kosgro legte einen Arm um jedes Kind und führte sie rasch weiter. Es war deutlich, daß es für alle drei eine Qual war, unter den Ästen der Notusbäume zu gehen.
Wir gingen weiter bis zu einer kleinen Lichtung, wo kein Notusbaum stand und über uns nichts als neblig-silbergrauer Himmel war. Dort gab Kosgro die Kinder frei, und beide fielen erschöpft ins Gras.
Ich ging zu dem nächsten Baum, legte meine Hände an den Stamm und fühlte wieder die erfrischende Feuchtigkeit. Dann fuhr ich mir mit meinen nassen Händen über das Gesicht, und es belebte mich, als hätte ich meinen Durst an einer erfrischenden Quelle gestillt. Ich zog meine Untertunika aus der Kniehose und riß vom unteren Rand einen Streifen los. Diesen legte ich an den Stamm und sog damit alle Tropfen auf, die ich finden konnte. Mit dem gut befeuchteten
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