Die Weltenwanderer

schimmerten. Dessen Stimme zitterte, als er zugab: »Ja, unser Lord kann ’ne Menge. Ringlords verfügen grundsätzlich über jede Art von Magie. Sie sind Elictoren, Larvatoren und Custoren in einer Person. Schon mal gehört, diese Bezeichnungen?«
    Erik nickte erfreut. Zumindest kam er sich nicht mehr ganz so ausgeschlossen vor. »Adrian ist ein Custor, so ein Wächter mit tollen Sinnen und Reflexen, und ...«
    »Adrian hält sich für den größten Wächter aller Zeiten«, unterbrach Lennart. »Du wirst es schnell bemerken: Er leidet ein wenig unter Größenwahn. Da er genau wie Gerrit, du und ich zurzeit im Herrenhaus wohnt, gebe ich dir einen Rat: Leih ihm kein Geld! Bei Adrian herrscht ständig Ebbe. Was du ihm gibst, musst du als Spende verbuchen. Das siehst du nie wieder.«
    Beide grinsten sich verstehend an, und Erik nickte. »Werde ich mir merken.«
    »Okay, zurück zur Magie. Aeneas sagt, du bist ein Elictor. Das heißt, du kannst die Kraft der Elemente beschwören, Feuer entfachen, Stürme, Regen und so etwas hervorrufen. Du kannst Dinge schweben lassen und vielleicht hast du die Fähigkeiten des Heilens.«
    »Oh, toll!«, entfuhr es Erik. »Dann werde ich Arzt und verdiene Millionen.«
    »Super Idee«, erwiderte Lennart trocken. »Wen du nicht mehr heilen kannst, kannst du gleich urnengerecht einäschern. Du könntest einen richtigen Rundumservice anbieten.«
    »Das wäre mal was Neues«, gab Erik breit grinsend zu. »Also das mit den Wächtern und Beschwörern hab ich begriffen. Aber was sind die Larva...?«
    Lennart antwortete sofort: » Larvatoren sind so etwas wie Geistmagier. Illusionen, Gedankenlesen oder -beeinflussen sind ihr Spezialgebiet. Ich gehöre dazu, beherrsche allerdings auch ein paar Elementzauber. Klare Grenzen gibt es nicht zwischen den Orden.«
    Erik starrte eine Weile vor sich hin, bevor er erklärte: »Jetzt verstehe ich. Zu diesen Larvatoren gehört Leona, meine Schwester.« Er stieß die Luft aus. »Sie hat mich einfach Dinge vergessen lassen. Sie hat es bestimmt gutgemeint, aber ich finde das nicht so toll, sich quasi in andere Hirne zu hacken.«
    Sein Gegenüber nickte. »Sehe ich auch so. Rhan nutzen diese Fähigkeiten deshalb nur zur Gefahrenabwehr. Einen Feind dazu zu bringen, seine Waffen niederzulegen, ist allemal besser, als ihn zu verletzen.«
    Erik sah ihn nachdenklich an. »Das ist garantiert die sanftere Lösung, aber grundsätzlich kann man mit der Beeinflussung von Gedanken eine Menge Unheil anrichten.«
    Lennart nickte erneut. »Das wird von den Marú nach besten Kräften ausgenutzt. Wir Rhan leben demgegenüber nach dem Kodex, unsere Gaben nie zur Ausbeutung primitiverer Rassen einzusetzen. Eine Aufgabe der Ringlords besteht daher auch darin, Bewohner fremder Planeten vor den Marú zu schützen.«
    Erik musste er erst einmal schlucken, bevor er fragte: »Primitivere Rassen? Zu denen gehöre ich auch, bin nämlich hier geboren. Ich habe bisher die Erde als Mittelpunkt des Universums angesehen und finde schon die Marsmission beachtlich. Seit gestern prasseln die Neuigkeiten nur so auf mich ein. Es ist mir noch nicht gelungen, mein ganzes Weltbild zu ändern. Die Annahme, dass wir Menschen im Gegensatz zu Rhan die reinsten Deppen sind, mag durchaus richtig sein, aber primitiv sind wir nicht.« Er bedachte Lennart mit einem ärgerlichen, nahezu feindseligen Blick.

    Der spielte unverdrossen mit seinem Armband, schleuderte es von links nach rechts und umgekehrt. Endlich nickte er verständnisvoll. »Ich muss mich entschuldigen. Der Ausdruck war falsch gewählt. Ich meinte nicht primitiv, sondern magieunbegabt! Menschen sind selbstverständlich keine Deppen, nur weil sie sich nicht gegen Magie wehren können. Ich versuche, hier mein Abitur zu machen. Ich liebe nämlich Naturwissenschaften. Die Marsmission ist wahnsinnig interessant, weil in ihr so viel Wissenschaft und Entdeckergeist steckt. Ich lese darüber, was immer ich finden kann. Aeneas könnte den Mars in Sekunden erreichen, aber frag den mal, was Umkehrschub ist. Die magische Begabung ist angeboren, der Erfindergeist, der hier herrscht, ist viel beachtenswerter. Rhanmarú ist längst zu einem geistlosen Sammelplaneten verkommen, auf dem selbstzufriedene Rhan die Erzeugnisse fremder Planeten konsumieren und sich ihre Zeit mit dem Schmieden von Intrigen vertreiben.«
    Er zuckte die Achseln und lächelte nahezu verlegen. Seine grünbraunen Augen funkelten. »Wenn du dein Weltbild ändern willst, ändere es