Die Weltenwanderer
als eine Ansammlung windschiefer Holzhütten, die buschige Baumwedel bedeckten und die wahllos um einen Platz herum angeordnet waren. Etliche Holzfässer standen dazwischen und qualmten zum Teil. Es roch nach Honig. Auf dem Platz hatten sich vielleicht sechzig oder siebzig Hünen versammelt. Sie saßen auf grob gezimmerten Holzbänken um einen Kessel herum, der über einem prasselnden Feuer hing. Verbrannt wurde Farnkraut. Der Kessel schien aus Holz zu bestehen. Dass es hier offensichtlich feuerfeste Bäume gab, irritierte Erik nur kurz. Seinen »menschlichen Horizont« hatte er in der letzten Zeit schon zu oft überschritten.
Ihre Führer unterhielten sich in ihrer merkwürdigen Grunzsprache, unterstützt von Handzeichen, mit den Dorfbewohnern, die sich daraufhin erhoben und sich den Besuchern näherten.
Erik empfand sofort wieder schweres Unbehagen. Sie waren so schrecklich groß und breit. Es schien fast so, als käme ihnen eine Wand entgegen.
»Bleibt einfach ruhig«, forderte Lennart hölzern und hüstelte.
Die Jugendlichen wurden von allen gemustert. Einige Riesen kamen sogar, um sie zu berühren. Erik atmete tief ein und versteifte sich unwillkürlich, als eine unglaublich raue Hand durchs Gesicht fuhr, auf seine Brust klopfte und schließlich seinen Arm drückte.
Neben ihm stieß Adrian einen leisen Laut des Unwillens aus, Gerrit schien sich verschluckt zu haben und hustete wild.
Ohne Aufforderung rückten die Jungen zusammen und stellten sich schützend vor Anna und Holly. Lennart ging sogar so weit, eine Hand, die eine Lücke gefunden hatte, festzuhalten, bevor sie in Hollys Haaren verschwinden konnte.
»Nein, das lässt du bleiben«, erklärte er mit fester Stimme und ebenso festem Blick.
Der Hüne knurrte unwillig und starrte die Jungen nacheinander an. Der Blick aus lidlosen, gelben Augen durchbohrte sie förmlich. Instinktiv umklammerten sie wieder ihre Schwertgriffe.
Ein weiterer Riese gesellte sich zu seinem Kameraden. Es entstand offenbar eine Art Streitgespräch zwischen ihnen. Im Gegensatz zu dem Grunzen ihrer ersten Bekanntschaften klangen ihre Laute erregt und feindselig. Ihren Gesten nach zu urteilen, waren die Gäste Gegenstand des Streites.
Die Jungen standen trotz ihrer wachsenden Unruhe stocksteif und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Gerrit räusperte sich unbehaglich.
»Ich hab eine Heidenangst«, raunte Anna.
»Kannst du mir notfalls helfen? Schaffst du schon eine Druckwelle?«, fragte Lennart leise, ohne den Blick von den Hünen zu lassen.
»Nicht so richtig«, erwiderte sie nervös. »Luft liegt mir am wenigsten. Aber ich versuch ’s.«
Adrian forderte umgehend: »Gebt euer Bestes, Leute! Hier sind die Beschwörer gefragt. Mit unseren Zierschwertern können wir garantiert keinen Eindruck schinden. Da richten wir mehr Schaden an, wenn wir ihnen ins Bein beißen.«
Erik spürte, wie seine Handflächen feucht wurden.
Drohend kamen die beiden Streithähne näher.
»Anna, auf mein Zeichen: Druckwelle!« Lennart schluckte hörbar. »Wir sollten in eigenem Interesse niemanden ernsthaft verletzen.«
»Oh, je, oh, je! Hoffentlich klappt es«, stammelte Anna.
Ihr ehemaliger Führer kam in diesem Moment wieder, schubste die unfreundlichen Riesen mit einem Knurren beiseite und stellte sich vor die Jugendlichen. Kaum hatten sich seine Stammesmitglieder verzogen, wies er einladend auf eine Holzbank.
Die Jungen atmeten erleichtert auf und setzen sich, wobei sie darauf achteten, die Mädchen in die Mitte zu nehmen. Denen war anzusehen, dass sie sich nach wie vor äußerst unwohl fühlten. Was verständlich war, wurden sie doch von fast allen Dorfbewohnern durchdringend angestarrt. Holly klammerte sich an Eriks Arm.
Der hatte sich mittlerweile wieder halbwegs beruhigt und erklärte ziemlich forsch: »Ich kenne diese Rasse ja nicht, aber Frauen oder Weibchen oder so etwas Ähnliches scheint es hier nicht zu geben. Ich denke, die sind nur neugierig.«
Sie lächelte ihn dankbar an.
»Was? Nur Kerle? Wärst du doch besser zum Frisör gegangen, Anna«, witzelte Adrian.
»Danke! Das war mutig von euch«, gab die leise zurück und erschauerte unwillkürlich.
Er zog sie daraufhin leicht an sich. »Erik hat recht. Für die sind wir nur fremd. Sie werden euch bestimmt nichts tun. Außerdem passen wir auf euch auf.«
Sie lachte heiser auf. »Meist bist du nur blöd, hin und wieder jedoch auch lieb. Deine fast altmodische Ritterlichkeit war ehrlich gemeint. Das finde ich nett,
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