Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann

Titel: Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf: Zitelmann
Vom Netzwerk:
schweren japanischen Bambusbogen erlernt der Schüler die Absichtslosigkeit, die Ichlosigkeit,
     durch die er schließlich alle bewusste Anstrengung vergisst. »Beim Bogenschießen ist der gute Schütze der, welcher die Scheibe
     trifft, ohne vorher zu zielen«, sagt Tschuangtse. Der perfekte Schuss löst sich »wie Schnee, der von einem Bambusblatt rutscht«.
     Gelingt ihm das, wird der Schüler eins mit der universalen Buddha-Natur, der großen Leere. Pfeil, Schütze und Ziel verschmelzen
     zu einer Einheit, in der es kein Hier und Dort, kein Ich und Mich mehr gibt. »Verstehen Sie jetzt«, fragte der Zen-Meister
     seinen Schüler Herrigel nach einem besonders gelungenen Schuss, »was es bedeutet, ›Es‹ schießt, ›Es‹ trifft?« Durch die Leerheit
     findet der Pfeil des Meisters sogar in völliger Dunkelheit sein Ziel.
    Zen-Meister Dogen liebte den Vers: »Hör, Buddhas Zunge, auf dem Fluss in den Tiefen, der Berge Wölbung ist seine reine Gestalt.
     Nachts lauschte ich zahllosen Sutras, die riefen, wie nur erzähle ich andern von ihrer Gewalt?« Worte tun es nicht im Zen.
    Satori, Erleuchtung, geschieht in der wortlosen, dinglosen Berührung von Geist zu Geist. Im Buddha, der allein wirklich ist:
     Erleuchtung ist nichts, womit du dich abquälen musst! Mehrere Leben lang! Satori ist einfach, denn sie ist immer schon geschehen.
     Wir müssen ihrer nur inne werden. Unserer Buddha-Natur. Spontan. Augenblicklich. Satori im entleerten Ich, durch einen Blitzstrahl
     der plötzlichen Einsicht.
    Jodo-Shin, ein protestantischer Buddhismus
    Auf sehr merkwürdigem Weg kam Buddha ins Land der aufgehenden Sonne, tausend Jahre nach seinem Nirwana – nämlich zuerst als
     Statue.
    Eine koreanische Gesandtschaft überbrachte im Jahr 538 den fälligen Tribut, und darunter befanden sich in diesem Jahr kostbare
     Sutra-Abschriften, Ritualgeräte und eben auch eine Buddha-Statue. Damit begann die Geschichte des Erleuchteten im Inselreich.
    Eine Generation später erklärte Prinz Shotoku den Buddhismus zur offiziellen Religion. Der Prinz selbst verfasste Sutra-Kommentare,
     und nahe der kaiserlichen Stadt Nara errichtete er einen Tempel – die älteste erhaltene Holzarchitektur der Welt. Zuerst eine
     reine Klosterreligion, zogen später immer häufiger |74| Mönche predigend durchs Land. Sie durchwanderten Dörfer und Städte und gewannen die Herzen der Leute für Buddha, den Erbarmer.
    Am nachhaltigsten wirkte die Lehre Shinrans, eines Zeitgenossen von Dogen, dem Zen-Meister. Auf Shinran geht die heute größte
     buddhistische Glaubensgemeinschaft in Japan zurück: der Jodo-Shin-, oder der Shin-Buddhismus.
    Shinran erwählte unter den zahllosen Buddha-Gestalten den Amida. Manche hielten Amida für eine Inkarnation des historischen
     Buddha. Die Japaner nannten ihn »Buddha des Westens.« Und dort tauchte tatsächlich sein Name zum ersten Mal in den Sutras
     auf. Vom Nordwesten Indiens aus gelangte er mit den missionierenden Mönchen nach Zentralasien, wo Amida unter iranischem Einfluss
     zum Herrn des »Reinen Landes« wurde.
    Das indische Nirwana war für die Völker Asiens ein viel zu entlegenes Heilsgut. Wie konnten sie hoffen, das große Erlöschen
     zu finden? Eine Wiedergeburt im Reinen Land verbesserte die Chancen. Das »Paradies des Westens« war im Hier und Jetzt schon
     zu besuchen, man sah es in goldenes Licht getaucht mit seinen  Juwelen, Blumen und Vögeln: eine wahrhaft paradiesische Zuflucht,
     in der allen Geschöpfen das Herz voll Liebe füreinander war. Und der |75| Herr des Reinen Landes, Amida, hatte geschworen, alle Menschen in sein Reines Land hinüberzuretten. Von dort war es dann nicht
     mehr weit bis zum Nirwana. Der sicherste Weg, Eingang ins Paradies des Westens zu gewinnen, war also das verdienstvolle, Amida
     geweihte Leben.
    |74|
    Buddhistischer Tempel bei Nara (Japan).
    |75| Punya, die Praxis, Verdienste zu sammeln, begleitete die Geschichte des Buddhismus von Beginn an und blieb bis heute ein wichtiger
     Aspekt des religiösen Lebens. Verdienstlich war schon ein ehrsames Leben. Durch besonders gute Werke konnte jedoch ein Mehrwert
     an Verdiensten, an zinsbringendem Kapital, zurückgelegt werden. Einem Mönch die Reisschale füllen, der Lehre lauschen, dem
     Sangha-Kloster spenden – alle guten Taten zahlten sich irgendwann aus.
    Nach Buddhas Paranirwana wurde seine Asche unter verschiedene Fürstentümer verteilt, die kostbaren Reliquien barg man in Schreinen,
     errichtete ihnen Grabhügel,

Weitere Kostenlose Bücher