Die Weltverbesserer
imaginäre Ol-Zuschauerschaft formte, ging Farrari zum Wagen und gab seinen täglichen Bericht durch ein verborgenes Kommunikationsgerät durch.
Koordinator Paul kam regelmäßig und beobachtete sie aus einiger Entfernung. Manchmal gesellte sich auch Jan Prochnow ans Lagerfeuer und sah Liano aufmerksam zu. Wenn er ihr Fragen stellte, antwortete sie mit tiefem Schweigen. Farrari machte die Erfahrung, daß Liano wie hypnotisiert ins Feuer starren würde, so lange es brannte, und so gewöhnte er sich an, es zu löschen, wenn es Zeit zum Schlafen wurde.
Aber sie besserte sich. Ihre Perioden schweigsamen Starrens wurden immer seltener. Sie lehrte exakter, und er machte raschere Fortschritte. Peter Jorrul kam mit einem Ol-Agenten, und die beiden Männer beobachteten Farrari einen Tag und eine Nacht lang. Der Agent studierte jede Bewegung Farraris, und bevor sie gingen, nahm er Farrari beiseite und befragte ihn über die Schrecken, die ihn in einem Ol-Dorf erwarten würden.
»Ihr Hauptproblem ist«, sagte der Agent, »daß Sie nicht entspannt genug sind. Die Ols sind immer entspannt. Manchmal spannt sich ihr Körper nicht einmal an, wenn sie gepeitscht werden. Auch mit der Sprache haben Sie Schwierigkeiten. Sie sagen nicht immer, was Sie meinen. Aber das ist geringfügiger. Auch die Ols sagen nicht immer, was sie meinen. Der Grund, warum ein Ol so schwierig ist, ist der, daß es so einfach ist. Ich werde Isa Graan bitten, Ihnen Tonaufnahmen von sprechenden Ols zu senden.«
»Glauben Sie, ich könnte …?« fragte Farrari Jorrul.
Und Jorrul lächelte und sagte: »Wir werden sehen.«
Die beiden gingen, und Farrari und Liano traten eine neue Rundfahrt durch das Tal an. Farrari konzentrierte sich darauf, sich zu entspannen. Am nächsten Tag sandte Graan die Sprachtonbänder. Liano spielte sie während der Fahrt ab, und Farrari entspannte sich und lauschte mit so guten Resultaten, daß der Agent beim nächstenmal keine Einwände mehr machte. Aber Jorrul erhob Einspruch. Er befahl Farrari, mit dem Essen aufzuhören.
»Für den Ol-Standard sind Sie zu fett. Und ein fettes Ol gibt es nicht.«
Farrari hungerte sich gehorsam noch einige Pfund herunter. Eine Woche später rief sie der Koordinator zum Stützpunkt zurück. Farraris Stirn und Nase wurden durch einen chirurgischen Eingriff verändert, und sein Körper wurde mit künstlichen Haaren bepflanzt. Nach einer weiteren Woche im Tal verbrachte Jorrul einen ganzen Tag damit, Farrari zu beobachten. Am Ende gab er knurrend zu, daß Farrari es schaffen könne.
»Aber nur für einen Tag oder zwei«, schränkte er ein. »Wir bringen Sie in einen abgelegenen Bezirk, wo es nur Ols und ein paar Durrls gibt, und werden sehen, was passiert.«
Aus den ein oder zwei Tagen wurden zehn und dann zwanzig, und plötzlich dämmerte es Farrari, daß sie allein waren.
Die Ols faszinierten ihn.
Sogar bei schönem, warmem Wetter scharten sie sich um das Lagerfeuer, sobald es brannte. Die Männer sprachen selten, und wenn, stießen sie nur einzelne Grunzlaute aus. Wer das letzte Quarm-Holzscheit zum Feuer gebracht hatte und wer das nächste bringen würde, schienen ihre einzigen sozialen Probleme zu sein. Wenn die Ol-Sprache Worte für Recht, Sklaverei oder Revolution kannte, so hatte das IBB sie jedenfalls nicht entdeckt.
Da das neue Korn geerntet war, konnten die Ols täglich eine volle Ration essen, und sie schienen zufrieden. Der Hunger des Winters und des Frühlings war vergessen. Daß sie völlig unfähig zu sein schienen, sich über die Zukunft Gedanken zu machen, war wohl ein wesentlicher Faktor ihres Überlebens.
Liano faszinierte Farrari noch mehr als die Ols.
Die soziale Struktur von Branoff IV besaß nur zwei Wesenselemente. Das eine war die Tatsache, daß die Ols Sklaven des Kru waren. Das andere verkörperten die Yilescs.
In dieser streng in Schichten geteilten Welt waren die Yilescs, ihre Kewls und ihre Lehrlinge, falls sie welche hatten, die einzigen Individuen, die außerhalb der festgesetzten Ordnung existierten. Merkwürdigerweise waren die Yilescs Mitglieder der Herrenrasse, die sie jedoch verachtete. Worte für Yilescs oder Kewls gab es nicht in der Sprache der Ols, und so wußte man auch nicht, was die Ols von diesen Wesen hielten. Sicher war nur, daß die Yilescs irgendeine unbekannte Funktion erfüllten, sei sie nun geistiger, physischer oder sozialer Art. In jedem Ol-Dorf war eine Hütte für sie reserviert.
Nicht einmal die Aristokraten besaßen soviel
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