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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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lieben eben das Banale«, sagt Ida und schleppt die Einkaufstüten in die Wohnung. »Und dementsprechend suchen sie sich ihre Frauen aus.«
    »Das Blöde ist, eigentlich ist sie ganz nett.«
    »Egal. Versuch sie als Zicke zu sehen.«
    Ida ist vier Jahre älter als Clara und mindestens zwanzig Pfund schwerer, aber sie trägt die Art von teuren, gut geschnittenen Kleidern, die sie wohlgeformt und elegant wirken lassen, und hat dichte schwarze Schäfchenlocken, die immer auf interessante Art ungekämmt wirken. Sie ist Anwältin in einer Kanzlei am Paradise Square, hat zwei Scheidungen hinter sich und behauptet, Käsekuchen Männern vorzuziehen.
    »Auf Facebook hat sie als Hobbys Geschichte und Nähen angegeben«, sagt Clara.
    »Wahnsinnskombination«, sagt Ida. »Du brauchst einen ordentlichen Gin.«

Serge
    Die globale Elite
    Im Poire d’Or hatte man, als Serge am Mittwoch endlich jemanden erreichte, keine Ahnung, was es mit der Rechnung auf sich hat, versprach aber nachzusehen. Seitdem haben sie nicht zurückgerufen, doch er zerbricht sich auch nicht den Kopf, denn die Aktien, auf die er eine Short-Position hat, rutschen kontinuierlich ab, und der Footsie hat am Donnerstagabend mit siebzig Punkten Verlust geschlossen. Er rechnet sich aus, dass er, wenn er jetzt zurückkaufen würde, auf seine Investition schon fast zwanzig Prozent verdient hätte. Nicht schlecht für eine Stunde Arbeit. Jetzt muss er nur noch die Nerven behalten und abwarten, um den Ertrag zu maximieren.
    Bis Freitagnachmittag hat er zu seiner Verblüffung genug Geld verdient, um, wenn er wollte, den Großteil seiner Kreditkartenrechnung zu begleichen und Otto noch eine weitere Monatsrate auszulegen. Es war lächerlich einfach. Noch so ein Run, und er steht wieder da, wo er angefangen hat. Sogar ein bisschen drüber. Er hat seinen Fang eingeholt, und die Fibonacci-Retracements rutschen immer noch in seine Richtung. Ihm schwirrt der Kopf. Ganz ruhig! Er schickt Otto eine SMS und lädt ihn zur Feier des Tages zu einem Drink ein, bekommt aber keine Antwort, und so nähert er sich Prinzessin Maroushkas Tisch.
    »Hast du heute Abend schon was vor, Venus?« Er beugt sich über ihren Stuhl und atmet ihr seltsames Parfum ein.
    »Ja«, sagt sie. Blinkend schnurrt auf ihrem Monitor ein Fenster zusammen.
    »Und morgen?«
    »Ja auch.«
    »Sonntag?«
    »Was willst du, Sergej?«
    Abrupt wirbelt sie auf dem Drehstuhl herum, und ihre Blicke treffen sich. Sie hat diese verunsichernde Art, zu lächeln ohne zu lächeln, die er unwiderstehlich sexy findet.
    »Drink? Abendessen? Film?«
    Das wäre die saubere Seite der Dinge, die er will, aber es wäre ein Anfang.
    »Okay.« Sie dreht sich wieder zu ihrem Bildschirm um.
    Vielleicht hat sie ihre Tage. In dieser Zeit des Monats sind Frauen oft gereizt. Bei Babs, seiner letzten Freundin, war es so – da hat sie ihn nicht in ihre Nähe gelassen. Er wird es später noch mal versuchen, wenn Maroushka sich ein bisschen beruhigt hat.
    Doch Punkt sechs Uhr, bevor er für Sonntag die Einzelheiten festzurren kann, schlüpft sie in ihr Jackett und eilt zum Fahrstuhl. Wozu die Hast? Die meisten machen erst in einer Stunde oder so Feierabend. Er bleibt noch eine Weile, hat es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Im ganzen Stock herrscht vibrierende Freitagabendstimmung, als wollte die ganze Welt ausgehen und das Ende der Arbeitswoche begießen. Tagsüber wird im Handelsraum Englisch gesprochen, aber mit zunehmender Lockerheit zersplittern die Gespräche in ein Sprachengewirr. Die drei blonden Australier haben sich mit den zwei blonden Amerikanerinnen zusammengetan (hoffentlich haben die noch eine dritte Freundin), sie planen, sich richtig die Kante zu geben. Die japanischen Anleihehändler in den adretten Anzügen lachen sich leise kaputt in ihrer Ecke. In ihrem Team sind auch zwei Singapurer, aber die hängen eher mit den Chinesen ab, in den Palästen der Ausschweifung auf der Gerrard Street inChinatown. Selbst die etwas steifen Devisen-Inder gehen heute in eine Bar, mit Lubkov, dem langhaarigen russischen Mathematiker, und Ishmail al-Ali, dem lächelnden palästinensischen Ex-Aeronautik-Studenten, von dem man sich erzählt, er habe der FATCA durch einen Computerfehler einen Verlust von fünf Millionen Pfund eingebracht. Sieht nicht so aus, als würde ihm das viel ausmachen.
    Über dem ganzen Trubel hört er Tim the Finn das Lied ›I’m Forever Blowin’ Bubbles‹ trillern, und ein, zwei andere stimmen mit ein.
    Serge kann nicht

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