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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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gleich erwischt würde. Sie war hastig in ihre Kleider geschlüpft und hoffte, dass sie sich das T-Shirt bloß nicht verkehrt oder gar links herum angezogen hatte.

28
    In den folgenden Wochen unterhielten sie sich viel. Hawk erzählte ihr, er habe in England Astronomische Navigation gelernt, ein Gebiet, für das es kaum Nachfrage gab, besonders nicht heute in den Vereinigten Staaten. »Und deshalb arbeite ich jetzt als Schreiner«, sagte er.
    »Du bist kein Schreiner, sondern Rigger.« Sie zitierte seine Bemerkung von dem Tag, an dem sie sich kennengelernt hatten.
    Zee erzählte Hawk von Finch und Melville und von Maureen und wie sie gestorben war. Um die Stimmung ein wenig zu heben, gestand sie ihm später, dass sie das Mädchen war, das das Motorboot seines Nachbarn gestohlen hatte.
    »Daran erinnere ich mich noch«, sagte er.
    »Ich war ein wildes Kind.«
    Er lachte. »Du bist auch eine ziemlich wilde Erwachsene.«
    Sie lächelte. Die meisten Menschen, die sie zurzeit kannte, wären wohl anderer Meinung. Und Michael hatte ganz sicher nie so über sie gedacht.
    »Aber ernsthaft, warst du deswegen nicht im Gefängnis?«
    »Wie?«
    »Meine Mutter hat mir damals erzählt, der Motorbootdieb würde sitzen.«
    »Bewährung«, sagte sie. »Und ziemlich viele Sozialstunden.«
    »Ich war froh, als sie dich erwischt haben«, sagte er. »Ich war mir nämlich sicher, dass unser Nachbar davor mich in Verdacht hatte«, fügte Hawk hinzu und küsste sie spielerisch.
    Sie lagen im Bett und schauten hinauf an die Decke und zu dem bisschen Mondlicht, das durch eine Art Dachluke zu kommen schien.
    »Was ist denn da oben?«, fragte er.
    »Da war der Witwensteg.«
    Er überlegte. »Mir ist von außen nie ein Witwensteg aufgefallen.«
    »Wir haben ihn nicht mehr, ein früherer Besitzer hat ihn abgeschlagen. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts.«
    »Darf ich mir das mal anschauen?«, fragte er.
    »Nur zu.«
    Er stand aus dem Bett auf, ging in die Mitte des Zimmers und rückte sich den Stuhl von Maureens Schreibtisch heran. Dann langte er nach oben, entriegelte die Luke und zog sich hoch. »Tolle Aussicht«, sagte er und schaute nach unten zu ihr. »Willst du mit rauf?«
    Sie hatte eigentlich nie das Bedürfnis verspürt, dort hinaufzugehen. Es war zu sehr Teil der Geschichte ihrer Mutter. Außerdem hatte ihr Finch immer gesagt, das sei gefährlich. Aber heute Abend siegte die Neugier. Sie stellte sich auf den Stuhl, und er zog sie mit beiden Händen durch die Öffnung. Gemeinsam standen sie auf einem kleinen Absatz mitten auf dem Dach. Eine Plattform gab es nicht mehr; der Kapitän hatte sie in seinem Wutanfall abgeschlagen, und nur die scharfgratigen Reste des zersplitterten Gestells zeugten von ihrer Existenz. Hawk untersuchte die Scharten von der Axt des Kapitäns, die am Rahmen der Luke immer noch zu sehen waren.
    »Manchmal ist es undicht«, sagte sie. »Wenn es richtig heftig regnet.«
    »Das könnte ich reparieren«, meinte er. »Das wäre nicht schwierig.« Er begutachtete, was vom Gestell noch übrig war, und fügte hinzu: »Ich könnte den ganzen Witwensteg neu bauen, wenn du willst. Aber erst im Oktober.«
    »Das Haus gehört nicht mir«, sagte sie.
    »War ja nur so ein Einfall.« Grinsend fügte er hinzu: »Es wäre schön, sich hier oben auf dem Witwensteg zu lieben.«
    Das war ihr ein wenig zu nahe an der Geschichte ihrer Mutter, und es machte sie beklommen.
    »Aber nicht im Oktober.« Sie schlang die Arme um sich.
    Hawk warf ihr einen skeptischen Blick zu.
    »Es ist kalt hier oben«, meinte sie.
    Sie sahen einander lange an.
    »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Oktober«, sagte sie.
    »Was?«
    »Du hast das Wort ›Oktober‹ gesagt«, log sie. Auf gar keinen Fall würde sie ihm erzählen, dass es um ein Märchen ging.
    »Ich streiche das Wort aus meinem Vokabular.«
    Sie lachte.
    Die Idee, den Witwensteg zu restaurieren, erinnerte Zee zu sehr an Maureens Geschichte. Nicht dass sie an Reinkarnation oder so etwas geglaubt hätte. Sie hatte sich vor einer gewissen Zeit einmal Gedanken darüber gemacht, hatte sogar ein paar Bücher zu dem Thema gelesen, aber diese Theorie sprach sie einfach nicht so an wie Maureen. Abgesehen davon waren ihre Bedenken auch viel praktischerer Natur. Wenn sie den Witwensteg restaurierte, würde Mattei das als Versuch interpretieren, den Traum ihrer Mutter zu erfüllen. Allein bei dem Gedanken fühlte sich Zee unwohl.
    »Gehen wir wieder rein«, sagte sie. »Mir ist kalt.«
    Hawk kam mehrmals

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