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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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durch die Hintertür hinaus und ließ ihre Schlüssel auf der Küchentheke liegen, damit er sie gleich sah, wenn er hereinkam.
    Zee bemerkte den roten Pick-up hinter ihr nicht, als sie aus der Zufahrt hinausfuhr. Genauso wenig hatte sie bemerkt, wie er ihr vom Parkplatz der Praxis aus gefolgt war, wo er während der letzten zwei Wochen jeden Nachmittag geparkt hatte. Sie bog von der Joy Street in die Pinckney Street ein. Als sie die Charles Street erreichte, trat sie das Gaspedal durch, um noch über die Ampel zu kommen. Der Motor spuckte dabei etwas überfordert, und sie nahm sich vor, ihn neu einstellen zu lassen. Ihr Volvo war das letzte Auto, das noch durchkam, bevor die Fußgängerampel auf Grün schaltete, und Zee fuhr weiter Richtung Storrow Drive. Sie hatte eigentlich schon Richtung Norden fahren wollen, bevor der Berufsverkehr einsetzte, aber jetzt stand sie mittendrin. Gerade, als sie aus der Kreuzung hinausfuhr, schaltete die Ampel um, und der rote Pick-up stand zur Hälfte auf dem Fußgängerübergang, so dass die Fußgänger vor und hinter ihm vorbeiliefen.

29
    Im Salem Athenaeum, der Mitgliederbibliothek, in der Melville seit Jahren arbeitete, fand heute ein Scrabble-Abend statt. Er spielte diesmal zwar nicht mit, aber er hatte sich freiwillig für die Aufsicht gemeldet. Als Melville nach dem Ende der Veranstaltung absperrte, traf er zufällig Ann Chase. Sie kam aus der öffentlichen Bibliothek gegenüber.
    »Was machst du denn auf meiner Seite der Stadt?«, rief er.
    »Ich mische mich unters gemeine Volk«, antwortete sie, und da das McIntyre-Viertel wahrscheinlich der hübscheste historische Bezirk in ganz Salem war, lachten sie beide über ihren Witz.
    »Wo wohnst du denn jetzt?«, fragte Ann. Sie wusste von der Trennung, aber nichts Näheres.
    Melville zeigte Richtung Federal Street.
    »Ich liebe diese Straße«, sagte Ann. Während die meisten Häuser im McIntyre-Viertel im Federal Style errichtet worden waren, stammten einige Häuser in der Federal Street paradoxerweise aus früheren Perioden.
    »Genau genommen ist es die Straße hinter der Federal Street«, sagte Melville. »Magst du auf einen Kaffee mit raufkommen?«
    »Ich trinke keinen Kaffee«, sagte sie. »Aber deine Wohnung würde ich mir gerne mal anschauen.«
    Er erklärte ihr, dass es eigentlich nicht seine Wohnung war, sondern dass er sie nur hütete. Als sie die Treppe hinaufstiegen, knurrte und bellte Bowditch und warf sich von innen gegen die Tür.
    »Was zum Teufel hältst du dir denn da drin?«, fragte Ann, die nun unsicher geworden war.
    »Warte, gleich siehst du es.« Melville lächelte.
    Sobald er die Tür aufgemacht hatte, sprang ihn Bowditch an und wedelte mit dem Schwanz. Dann tappte er zu Ann hinüber und beschnüffelte sie.
    »Braves Hündchen.« Sie lachte. »Du bist ein großer Schauspieler.«
    Melville führte sie in die Küche.
    Auf dem Tisch lagen alte Fotos, einige von Finch und Zee aus besseren Zeiten. Eine leere Weinflasche stand verkehrt herum in der Spüle.
    »Gestern war kein guter Tag«, meinte er.
    »Es tut mir wirklich leid«, sagte Ann, und sie meinte das ernst. Es klang, als wäre jemand gestorben. Es war fast genauso traurig.
    »Wem gehört die Wohnung?« Sie versuchte, das Thema zu wechseln.
    »Einem Bekannten vom Athenaeum. Er verbringt den Großteil des Jahres in China.«
    »Und du hast diesen Cujo hier geerbt?«
    »Bowditch heißt er«, sagte er.
    »Wie der berühmte Navigator aus Salem?«
    »Nathaniel Bowditch. Genau der.«
    Bowditch hob den Kopf, als habe man ihn gerufen.
    »Entschuldige«, sagte Melville zu dem Hund, der schon aufstehen wollte. »Bleib.«
    Bowditch seufzte und legte den Kopf wieder ab.
    »Ein braver Hund«, meinte Ann.
    »Ja, wirklich.«
    Melville suchte die Küchenschränke durch. »Gut, dass du keinen Kaffee wolltest. Ich hab nämlich gar keinen.«
    Sie lachte.
    »Möchtest du ein Glas Wein?«
    »Nein, danke. Aber gerne ein Wasser.«
    Er schenkte ihnen zwei Gläser Wasser ein und setzte sich.
    Ann schaute die Bilder durch. »Schön sind die«, sagte sie. Es gab mehrere Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die Finch mit seiner Großformatkamera von Melville und Zee gemacht hatte, und ein viel früher mit derselben Kamera geschossenes Bild von Maureen und Zee. »Wo hast du das denn her?«, fragte sie. Auf der Rückseite stand: Weihnachten 1986 . Ann fand es ein wenig seltsam, dass er ein Foto von Maureen hatte, selbst wenn auch Zee darauf abgebildet war.
    »Ich habe es von Finch gestohlen«,

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