Die Widmung: Roman (German Edition)
glaube dir«, sagte sie schließlich. »Aber ich kann nicht mehr mit dir zusammen sein.«
4. TEIL
August 2008
Erst wenn es gelingt, die Position, auf der man sich befindet, durch die Betrachtung der Gestirne richtig zu bestimmen, wird man die genaue Route zum Zielort zeichnen können. Dazu werden ganz einfache Gerätschaften benötigt: Chronometer, Sextant, ein Almanach, Karten und eine relative simple Methode der mathematischen Kalkulation.
50
Die Einladung zur Hochzeit von Mattei und Rhonda lag immer noch auf dem Drehtablett, wo Zee sie hingelegt hatte. Sie hatte Mattei zwar schon zugesagt, aber sie rief noch einmal in der Praxis an, nur um zu bestätigen, dass sie ohne Begleitung komme. Irgendwann würde Zee in die Stadt müssen, um ein Hochzeitsgeschenk zu besorgen, aber nicht heute.
Für Ende August war es kalt. Channel Five hatte ab Freitag etwas wärmeres Wetter versprochen, was Rhonda freuen würde, denn die Zeremonie sollte am Sonntagabend unter freiem Himmel stattfinden. Der Empfang wurde im Boston Harbor Hotel abgehalten, womit Zee niemals gerechnet hätte. Die ganze Hochzeit war viel traditioneller organisiert, als sie erwartet hatte. Aber das Hotel lag für Zee äußerst günstig, denn sie konnte einfach von Salem aus die Fähre nehmen und vom Long Wharf zum Rowes Wharf hinübergehen. Außerdem hatte sie dann einen guten Grund, sich zeitig zu verabschieden. Die letzte Fähre nach Salem legte um 22 Uhr ab.
Die Praxis war zwar den ganzen Monat geschlossen, aber Mattei hörte regelmäßig den Anrufbeantworter ab. Zee hatte ihr nicht erzählt, was passiert war, dass sie nicht mehr mit Hawk zusammen war, nicht einmal, dass Hawk in Wirklichkeit Adam war. Die komplizierte Geschichte enthielt zu viele Zufälle, um glaubwürdig zu sein, und noch viel weniger konnte man sie verstehen. Mattei machte sich sowieso schon Sorgen, dass Zee sich zu sehr mit Lilly Braedon beschäftigte. Wenn sie Mattei jetzt erzählte, dass Hawk Adam war, würden bestimmt ihre Alarmglocken schrillen, und sie würde Zee unterstellen, sie habe das die ganze Zeit gewusst und sogar vorangetrieben. Irgendwann würde Zee es Mattei erzählen – das musste sie –, aber noch nicht jetzt. Nicht, bis sie sich überlegt hatte, wie. Sie war froh, dass die Praxis traditionell den ganzen August geschlossen hatte. Sie wollte nicht reden.
Stattdessen sah sie sich um nach Pflegeheimen. Mit Finch war es während der letzten paar Wochen ziemlich bergab gegangen. Immer öfter sagte er jetzt Maureen zu ihr. Das war seit ihrer Ankunft zwar gelegentlich vorgekommen, aber mittlerweile machte er das mit erschreckender Regelmäßigkeit. Zee wusste, dass es nun an der Zeit war. Sie wollte die Sache aktiv angehen und ein gutes Heim aussuchen, eines, das sowohl Parkinson wie auch den Übergang zur Alzheimer-Erkrankung behandelte, deren Symptome sich in letzter Zeit bei ihm häuften. Sie besichtigte mindestens sechs Pflegeheime, von denen ihr keines gefiel, bis sie eines fand, von dem sie sich vorstellen konnte, dass Finch es akzeptieren würde. Es bot eine Kombination aus Betreutem Wohnen und Pflegeheim, mit einer speziellen Einheit für frühe Demenz. Finch war in den letzten Wochen zwei Mal gestürzt. Es war klar, dass er mehr Betreuung brauchte, als er zu Hause bekommen konnte. Leider gab es in dem Heim ihrer Wahl eine lange Warteliste. Sogar voll zahlende Patienten wie Finch mussten mit einer Wartezeit von fast einem Jahr rechnen.
Einerseits war sie erleichtert. Es war zwar die richtige Entscheidung, aber sich Finch in einem Heim vorzustellen, machte sie traurig. Zee ließ seinen Namen auf die Warteliste setzen, doch dann schlug sie noch einen anderen Kurs ein. Sie stellte Jessina als Vollzeitkraft an und verbesserte die häusliche Betreuung durch zusätzliche Hilfe nachts und an den Wochenenden. Zee plagten zwar weiterhin ihre beruflichen Selbstzweifel, aber sie wusste, dass sie zurück an die Arbeit musste. Dieser neue Plan würde ihr gestatten, nach Boston zu pendeln.
Mit Melville hatte sie sich seit ihrer Trennung ein paar Mal zum Abendessen getroffen, bei Nathaniel’s und im 62 on Wharf, im Lyceum oder im Regatta Pub. Melville war im Herzen immer noch ein Feinschmecker, und wenn er sie fragte, leistete sie ihm gerne bei einer köstlichen Mahlzeit Gesellschaft. An dem Abend, an dem Finch zum dritten Mal stürzte, saßen sie zusammen im Grapevine. Sie hatten einen Tisch draußen im Garten und aßen gerade den berühmten Chowder, da rief Jessina Zee
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