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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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wollen. Jetzt war es so weit. Doch stattdessen nahm sie Finch am Arm und ging mit ihm nach draußen. Als sie ihm ins Auto half, unterdrückte sie mühsam Tränen. Es war schon schwierig genug für ihren Vater, ohne dass sie auch noch die Fassung verlor.
    Auf dem Rückweg nach Hause schlief Finch im Auto ein. Er wollte nichts mehr zu Abend essen, sondern nur noch ins Bett. Sie hatte zwar ein schlechtes Gewissen dabei, weil er klagte, ihm sei zu kalt, aber sie brachte ihn dazu, vorher zu duschen. Sie wusch ihn nicht am ganzen Körper, sondern spritzte ihn nur am Unterleib mit dem Duschkopf ab. Sie erinnerte sich nicht, ihren Vater schon einmal nackt gesehen zu haben. Die Haut hing in Falten herab, er hatte kein Fett an den Knochen, seine Muskeln schwanden rasch. Er verkümmerte.
    »Tut mir leid«, sagte sie beim Abtrocknen.
    Gemeinsam gingen sie zum Bett. Zee deckte ihn zu und küsste ihn auf die Wange.
    Er lächelte zu ihr hinauf. »Das Leben besteht aus Marmor und aus Dreck«, zitierte er Hawthorne.
    »Schlaf gut«, sagte sie.
    Michael hatte keine Nachricht hinterlassen. Er hatte sie nicht zurückgerufen. Sie wusste, dass er böse auf sie war, nicht nur wegen der Hochzeitsplanerin, sondern auch, weil sie ihm gesagt hatte, er solle nicht kommen. Sie vermutete, er wollte sie bestrafen.
    Sie machte sich eine Flasche Wein auf und trank mehr als die Hälfte davon, bis sie endlich ruhig genug war, um Schlaf zu finden.
    Am Montagmorgen rief sie eine Psychologin aus Matteis Team an und bat sie, ihre Patienten zu übernehmen. Dann hinterließ sie Mattei eine Nachricht auf der Mailbox.
    »Hi. Zee hier. Ich hab’s vergessen, aber vielleicht bist du heute Vormittag ja in der Praxis. Ich wollte gerne persönlich mit dir sprechen. Ich bin in Salem bei meinem Vater. Es geht ihm nicht gut. Melville und er haben Schluss gemacht, und niemand fand es nötig, mir das zu erzählen, und, langer Rede kurzer Sinn, Finch hat auf ein Medikament reagiert, ziemlich böse, er hatte Halluzinationen.« Sie hielt inne. Sie hatte viel mehr gesagt, als nötig war. »Ruf mich an, wenn du kannst. Ich muss mir ein bisschen freinehmen. Ich habe Michelle Berman schon gebeten, meine Patienten in der nächsten Woche zu übernehmen oder die Termine abzusagen, und sie war einverstanden.« Eine lange Pause folgte. »Ich muss bleiben. Zumindest bis ich herausgefunden habe, was hier los ist.« Sie suchte nach Worten. »Ruf mich einfach an, ja?«
    Um ein Uhr rief Mattei zurück.
    »Was ist los, Zee?«
    »Hast du meine Nachricht nicht abgehört?«
    »Doch. Wie geht es Finch?«
    »Nicht gut.« Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen.
    »Ich dachte mir schon, dass irgendwas los ist. Sonst wärst du ja hier gewesen. Michael verhält sich ungewöhnlich still.«
    Erst als sie Mattei zuhörte, begriff Zee, warum Michael am Freitagabend so verärgert gewesen war. Für das vergangene Wochenende hatte gar keine Hochzeitsplanung angestanden, sondern ein verlängertes Wochenende in Chatham, mit Freunden von Michael und Mattei aus dem Medizinstudium. Alle hatten sich den Montag freigenommen. Es war seit Monaten verabredet gewesen.
    Verdammt , dachte sie. »Ist Michael da?«, fragte sie zu drängend.
    »Rhonda und ich sind auf dem Rückweg zum Haus. Sie sitzen alle schon im neunzehnten Loch.«
    »Würdest du ihn bitten, mich anzurufen?«
    »Mach ich«, versprach Mattei. »Du fehlst uns.« Vorübergehend wurde sie durch ein anderes Gespräch abgelenkt. Zee versuchte die Stimme zu erkennen, aber es gelang ihr nicht. »Hör mal, nimm dir so viel Zeit mit deinem Vater, wie du brauchst«, sagte Mattei. »Halt mich nur auf dem Laufenden, ja?«
    Zee beendete das Gespräch. Sie war böse auf Michael gewesen, weil er böse auf sie gewesen war, erst wegen der Hochzeitspläne und dann, weil er nicht verstanden hatte, dass sie hier bei ihrem Vater sein musste. Als er sagte, sie hätten Pläne für das Wochenende, hatte sie gedacht, er meinte noch mehr Hochzeitsvorbereitungen. Er hatte das Recht, deswegen böse zu sein, zumindest verärgert. Aber angesichts dessen, was Finch durchmachte, war ihr das ziemlich kaltherzig vorgekommen. Jetzt verstand sie alles. Dieses Wochenende hatte Michael viel bedeutet. Dass sie es völlig vergessen hatte, war unverzeihlich.
    Sie rief ihn auf dem Handy an und hinterließ eine Nachricht. »Es tut mir wirklich leid«, sagte sie. »Diese ganze Sache hat mich völlig durcheinandergebracht, erst Lilly, dann Finch. Ich habe an das Wochenende überhaupt

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